Analyse
12:41 Uhr, 01.12.2025

Exklusive stock3 Plus Analyse: RHEINMETALL - Man kann mit Rüstung auch zu viel verdienen

Die Aktie von Deutschlands größtem Rüstungskonzern geriet zuletzt unter Druck, getrieben von Spekulationen über mögliche Friedensverhandlungen in der Ukraine. Doch abseits der tagesaktuellen geopolitischen Lage braut sich ein anderes Risiko zusammen.

Erwähnte Instrumente

Die hohen Gewinnmargen der Düsseldorfer könnten staatliche Auftraggeber künftig verstärkt auf den Plan rufen.

Investoren, die sich zuletzt vor allem um die Auswirkungen eines möglichen Friedensschlusses in der Ukraine sorgten, übersehen womöglich eine subtilere Gefahr für die Bilanz. Die Profitabilität des Konzerns erreicht Niveaus, die für einen staatlich finanzierten Rüstungslieferanten ungewöhnlich sind. Sollten diese Gewinne als überzogen wahrgenommen werden (Spoiler: das wird wohl so kommen), droht eine Reaktion der Regierungen, speziell der deutschen.

Bis zum Jahr 2030 soll der Umsatz auf rund 50 Mrd. EUR verfünffacht werden (gegenüber dem Jahr 2024). Parallel dazu wird eine operative Gewinnmarge von mehr als 20 % angestrebt. Betrachtet man das reine Rüstungsgeschäft und klammert die zur Disposition stehenden zivilen Aktivitäten aus, liegt die operative Umsatzrendite bereits heute bei beachtlichen 18 bis 19 %. Diese Zahlen heben Rheinmetall deutlich von anderen westlichen Verteidigungsgiganten ab, deren Margen moderater ausfallen.


Dieser Text ist heute Vormittag in unserem Premium-Service stock3 Plus erschienen. Als Abonnentin oder Abonnent von stock3 Weekly bekommst Du diese Informationen exklusiv.


Die Anomalie hoher Margen im Staatsauftrag

In der Rüstungsindustrie gilt ein ungeschriebenes Gesetz: Da der Großteil der Umsätze mit Regierungen generiert wird, sind exorbitante Gewinne auf Kosten der Steuerzahler selten gern gesehen - freundlich umschrieben.

Rheinmetalls hohe Profitabilität, insbesondere in der Munitionssparte, ist kein Geheimnis. Die Zahlen kann jedermann einsehen, die Krux der Börsennotiz.

Mittelfristig droht aber Widerstand. Analysten zeigen sich diesbezüglich skeptisch. "Das dauerhafte Halten von Margen jenseits der 20 % könnte eine echte Herausforderung darstellen", kommentierten Sash Tusa und Nick Cunningham von Agency Partners kürzlich. "Irgendwann werden sich Wettbewerb und steuerliche Aspekte bemerkbar machen." Auch Adrien Rabier von Bernstein Research merkt an, dass "die Verteidigungsindustrie eine akzeptable Gewinnschwelle beachtet". Soll heißen: Übertreibt es nicht mit den Preisen für Waffen und Munition.

Dennoch dürfte dieses Thema kurzfristig kaum an Brisanz gewinnen. Der Hauptkunde, die Bundesrepublik Deutschland, ist fest entschlossen, die Bundeswehr massiv aufzurüsten, und wird diesen Kurs wohl auch bei einer Entspannung der Lage in der Ukraine beibehalten. Die politische Priorität liegt auf der schnellen Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit, nicht auf Pfennigfuchserei bei den Margen. Die waren schonmal sehr viel schlechter: Zwischen 2011 und 2020, als Deutschland bei Verteidigungsausgaben zurückhaltend war, lagen die operativen Margen des Konzerns durchschnittlich nur bei etwa 5 %.

CEO Papperger wies in einem Interview im September Bedenken hinsichtlich möglicher "Übergewinnsteuern" zurück und bezeichnete Margen von 20 % als "absolut" erreichbar. Finanzvorstand Klaus Neumann versicherte den Investoren zudem, dass das Unternehmen "ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis" bietet, nebenbei bemerkt eine sehr flapsige bis unpassende Bemerkung für einen Waffenhersteller. Ein Sprecher des Unternehmens betonte auf Anfrage, dass Beschaffungsbehörden ihre Entscheidungen primär auf Preis und Lieferfähigkeit stützen würden, und behauptete, dass die Preise für Großkalibermunition etwa 20 % unter denen der Konkurrenz lägen.


Kennst Du schon stock3 Select?

Der neue Premium-Service hat es in sich. Das Highlight: Du wählst Dein favorisiertes Experten-Depot und erhältst alle dazugehörenden Tradesignale und Analysen. Daneben: Von vier stock3-Experten, darunter auch von mir, ausgewählte, aktuelle Top Picks mit klaren Ziel- und Stop-Marken aus fundamentaler und charttechnischer Sicht. Außerdem inkludiert: stock3 Plus, der stock3 Score, umfassende Speicherrechte und technische Erweiterungen. Jetzt testen!

Skaleneffekte und Automatisierung als Gewinntreiber

Der Schlüssel zu Rheinmetalls üppigen Erträgen liegt in der vertikalen Integration und den Skaleneffekten. Der Konzern fertigt komplette Munitionseinheiten – inklusive Hülse, Zünder, Sprengstoff und Treibladung. Dadurch verbleibt die gesamte Wertschöpfung im Haus, anstatt Gewinne mit Zulieferern teilen zu müssen. Je mehr produziert wird, desto besser werden die Fixkosten gedeckt - was freilich für jedes Unternehmen gilt.

Rheinmetall geht davon aus, dass diese vorteilhafte Situation anhält und die Gewinnmarge bei Munition und Waffen bis 2030 sogar nahe an die 30 % heranreichen könnte. Um dies zu erreichen, investiert das Unternehmen massiv: Mehr als 8 Mrd. EUR an Kapitalausgaben sind für die nächsten fünf Jahre geplant. Neben neuen Standorten in Rumänien und Bulgarien setzt der Konzern auf hochautomatisierte Fertigungslinien. Ein Beispiel für die dadurch erreichbare Effizienz ist das kürzlich errichtete Werk in Niedersachsen. Dort werden lediglich 120 Mitarbeiter benötigt, um jährlich 350.000 Artilleriegranaten zu produzieren – was einem Umsatzvolumen von etwa 1,5 Mrd. EUR entspricht.

Diversifizierung und Marktrisiken

Die Frage nach der Nachhaltigkeit der Gewinne bleibt. Konkurrenten wie BAE Systems bauen ebenfalls ihre Kapazitäten aus. Sobald sich Angebot und Nachfrage wieder annähern, könnte der Preisdruck steigen. Sollte Rheinmetall tatsächlich bis 2030 einen operativen Gewinn von 10 Mrd. EUR pro Jahr erzielen, könnte dies auch politisch heikel werden.

Um sich breiter aufzustellen, nutzt Rheinmetall seine Liquidität für Zukäufe, wie etwa die geplante Übernahme des Bremer Schiffbauers Naval Vessels Lürssen. Ziel ist es, das Erfolgsmodell der vertikalen Integration auf den maritimen Sektor zu übertragen. Ob in diesem traditionell margenschwachen Bereich jedoch Renditen von 15 % erreichbar sind, muss sich erst noch zeigen.

Ein weiterer politischer Aspekt ist die Beschäftigungswirkung. Die zunehmende Automatisierung – Roboter statt Handarbeit – bedeutet, dass der europäische Rüstungsboom möglicherweise nicht den erhofften Job-Effekt bringt. Das ist bei der Rüstung nicht anders als im Rest der Industrie.

Rheinmetall plant zwar, bis 2030 rund 70.000 Mitarbeiter zu beschäftigen, was einer Verdopplung gegenüber 2024 entspräche, doch im Vergleich zu BAE Systems (110.000 Mitarbeiter) oder gar der Automobilindustrie ist dies eine überschaubare Zahl.

Fazit

Rheinmetall profitiert derzeit massiv von der geopolitischen Lage, der "Zeitenwende", und einer effizienten, integrierten Aufstellung. Doch anders als bei teilweise staatlichen Konkurrenten in Europa fließen die Gewinne bei Rheinmetall an private Aktionäre - und die Zahlen sind für jeden einsehbar. Der Druck auf die Politik könnte wachsen, bei anhaltenden "Windfall-Profits" genauer hinzusehen. Das ist vermutlich kein Thema für jetzt, sondern eher in ein paar Jahren.

Akut drücken den Kurs die Aussichten auf einen möglichen Frieden in der Ukraine. Es liegt in der Natur der Sache, dass dies für Aktien von Rüstungsunternehmen eher belastend ist.

Die Aufrüstung wird auch nach einem Frieden weiter gehen, aber es kommt wie immer darauf an. Eine Entspannung in Kombination mit massiven Haushaltsnöten kann auch dazu führen, dass in ein paar Jahren bei der Aufrüstung wieder gekürzt wird. Bei Rheinmetall kommt hinzu, dass der Konzern stark ist in der "alten" Kriegsführung - Panzer, Artillerie etc. Ob das der Krieg der Zukunft ist? Das sehen viele anders, zum Beispiel der CEO von Helsing, dem wertvollsten Defence-Startup in Deutschland (zuletzt 12 Mrd. EUR Bewertung!).

Die Rheinmetall-Aktie ist, wenn man weit genug in die Zukunft schaut, gar nicht mehr übertrieben teuer, aber auch kein Schnäppchen. Gegen Ende des Jahrzehnts dürfte der Gewinn pro Aktie über 100 EUR liegen. Aber wie nachhaltig das ist, das weiß aktuell eben niemand.

Charttechnisch sieht für mich die Aktie ein bisschen "toppy" aus. Die 1.500 EUR waren zuvor eine Unterstützung uns müssen nun erstmal zurückerobert werden. Kommt der Frieden tatsächlich, könnte ich mir einen Einbruch bis 1.250 oder sogar 1.000 EUR vorstellen.

Anbei die aktuellen Analystenschätzungen, alle Angaben beziehen sich auf den aktuellen Kurs von 1.436 EUR.

Jahr 2024 2025e 2026e
Umsatz in Mrd. EUR 9,75 12,52 16,84
Ergebnis je Aktie in EUR (non GAAP) 17,39 29,02 42,82
KGV 82 49 33
Börsenwert: 67 Mrd. EUR
Link zur Investor Relations Seite
Rheinmetall-Aktie
Statischer Chart
Live-Chart
  • ()
    L&S
    VerkaufenKaufen

Tradingidee der Woche: Bärisches Szenario 🐻 📉

ISIN

DE000JU6F440

Hebel

3,08

KO-Schwelle

1.873,56 EUR

Laufzeit

Open End

Einstieg (Limit)

4,50 EUR

Ausstieg (Ziel)

8,75 EUR

Stop-Loss

2,75 EUR

Jetzt traden

Erstveröffentlichung: 10:12 Uhr, 24.11.2025 von Daniel Kühn

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen