Europäischer Aktienmarkt: Mit Zyklikern zu mehr Potenzial!
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Der europäische Aktienmarkt hat seit seinem Tiefpunkt im Jahr 2009 circa 150 Prozent zugelegt. Diese hohe Zuwachsrate ist zum einen Aufholeffekt und zeigt die Tiefe des vorangegangen Absturzes. Zum anderen liegt dies aber in der realwirtschaftlichen Verbesserung und der damit verbundenen guten Entwicklung der Unternehmensgewinne und Bilanzen begründet. Viele Unternehmen stehen heute besser da als vor der Krise, da die herausfordernde Konjunktur zu erheblichen Kostensparprogrammen geführt hat und Unternehmen schlanker und effizienter wirtschaften als in der Vergangenheit.
Neben steigenden Unternehmensgewinnen lag die starke Entwicklung der Aktienmärkte auch an einer deutlichen Ausweitung der Bewertungskennziffern. Das wirft bei einigen Anlegern die Frage auf: Ist das Potenzial der Aktienmärkte bereits erschöpft?
Bewertungskennziffern im Kontext der tiefen Zinsen zu niedrig
Auf den ersten Blick erscheinen die aktuellen Bewertungen europäischer Aktien – gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis – im historischen Vergleich als fair. Das würde für wenig Potenzial sprechen. Allerdings: In Anbetracht des aktuellen Kapitalmarktumfelds geht dieser historische Vergleich am entscheidenden Punkt vorbei. Wir agieren in einem Umfeld historisch niedriger Zinsen, welche sowohl nach unseren Erwartungen, als auch nach Aussagen der Europäischen Zentralbank über einen längeren Zeitraum in der Kellerregion verbleiben werden.
Von diesem Zustand profitieren Unternehmen vor allem bei der Refinanzierung, da die Kapitalkosten sinken. Das zieht einen interessanten bewertungstechnischen Effekt nach sich, welcher derzeit noch nicht ausreichend im Markt eingepreist ist: Die niedrigen Kapitalkosten verringern den Abzinsungsfaktor in der Unternehmensanalyse. Auch bei gleichbleibenden Unternehmensperspektiven, tragen die niedrigen Finanzierungskosten de facto zu einem höheren Wert des Unternehmens bei. In der Folge sollte dies zu höheren fairen Bewertungsniveaus führen. Allein aufgrund dieses technischen Effekts sehen wir weiterhin Potenzial für die Kurse europäischer Aktien. Im historischen Vergleich dürften wir bald einen Aufschlag der heutigen Kurs-Gewinn-Verhältnisse im Vergleich zu früheren Situationen beobachten können.
Keine Alternative zur Assetklasse Aktien
Somit gibt es für Investoren keine Alternative zu Aktien, um eine zufriedenstellende Verzinsung zu erwirtschaften. Die zehnjährige deutsche Staatsanleihe handelt derzeit beispielsweise bei weniger als 0,8 Prozent. Diese Rendite ist für Kapitalmarktteilnehmer langfristig zu niedrig. Hohe Liquidität im Markt und niedrige Rendite festverzinslicher Wertpapiere haben die Aktienmärkte in der Vergangenheit positiv beeinflusst. Wir sehen keine Gründe, dass sich dieser Trend umkehren sollte – wenngleich es immer noch Belastungsfaktoren gibt.
Ölpreis stärkt Nachfrageseite, niedriger Euro den Export
Die geopolitischen Risiken – insbesondere die Situation in der Ukraine und das Ebola-Virus – rückten in der jüngsten Vergangenheit zwar etwas in den Hintergrund, sind aber nicht vollends verarbeitet. Das könnte für weitere temporäre Rücksetzer am europäischen Aktienmarkt sorgen.
Zuvor hatten die beschriebenen Unruheherde für abflachende Konjunkturerwartungen gesorgt – sowohl für das globale, als auch das europäische Wirtschaftswachstum. So senkte beispielsweise der IWF seine globale Wachstumsprognose für das kommende Jahr von 4,0 Prozent auf 3,8 Prozent. Auch die Frühindikatoren für die Eurozone, sogar verstärkt im exportorientierten Deutschland, deuten auf eine abschwächende Konjunkturdynamik hin.
Diese konjunkturellen Sorgen verblassten jüngst allerdings dank positiver Quartalszahlen. Insbesondere die zyklischen Unternehmen zeigten, dass sie in robuster Verfassung sind und zeichneten damit ein positiveres Bild als einige Frühindikatoren vermuten ließen.
Darüber hinaus wirkt der niedrige Ölpreis wie ein Minikonjunkturprogram, da die Konsumenten sofort mehr Geld in der Tasche haben, welches nachfragewirksam eingesetzt werden kann. Auch der schwächere Euro hilft kurzfristig exportorientierten europäischen Unternehmen im internationalen Wettbewerb und ist somit konjunkturfördernd.
Zyklische Werte sind erste Wahl
Die positiven Treiber wie die geminderten konjunkturellen Erwartungen sowie die robuste Verfassung der zyklischen Unternehmen sind gute Voraussetzungen für eine vielversprechende Perspektive europäischer Aktien. Aufgrund dieser Einschätzungen favorisieren wir zyklische Unternehmen aus den Branchen Banken, Autos, Chemie und Maschinenbau. Diese Unternehmen bieten im nächsten Jahr eine dynamische Gewinnentwicklung, welche wiederum attraktive Bewertungen und somit höhere Kursniveaus ermöglichen sollte.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.