Kommentar
20:53 Uhr, 25.01.2013

Eurokrise im Überblick: Wendepunkt erreicht?

Wochenende, 19./20. Januar:

Bund der Steuerzahler: Der Zuwachs der Staatsverschuldung pro Sekunde ist durch die Konsolidierungspolitik von 1.335 Euro auf 870 Euro gesunken. Trotzdem wird die Staatsverschuldung auch Ende 2013 einen neuen Höchststand erreichen.

Bund der Steuerzahler: Zur Bedienung ihrer Altschulden werden Bund und Länder dieses Jahr voraussichtlich 51,2 Milliarden Euro allein für Zinszahlungen aufbringen müssen.

Die Bundesregierung stellt laut "Welt am Sonntag" Bedingungen für die Zustimmung zu einem Zypern-Hilfspaket. Demnach soll eine Expertengruppe in Zypern überprüfen, inwieweit Schwarzgeld und Steuerhinterziehung zum Geschäftsmodell der Insel gehören. Außerdem müsse das "Land seinen überdimensionierten Bankensektor deutlich schrumpfen".

Finanzstaatssekretär Gianfranco Polillo: Ohne zusätzliche Einsparungen könnte Italien sein Defizitziel für 2013 verfehlen.

Goldman Sachs hält weitere Rückschläge in der Euro-Schuldenkrise für möglich. "Wir glauben, dass die europäische Schuldenkrise als Ganzes noch nicht gelöst ist", sagte Chef-Aktienstratege Peter Oppenheimer im Interview mit "Euro am Sonntag".

EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hält einen Anstieg der Inflation auf 4 Prozent im kommenden Jahr für kaum vorstellbar. "Wir haben ein klares Mandat, das lautet Preisstabilität", sagte Praet der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Montag, 21. Januar:

Ein Hilfspaket für Zypern wird immer wahrscheinlicher – obwohl die Skepsis größer ist als bei allen bisherigen Problemfällen der Euro-Zone. Im Umfeld der Bundesregierung zeichne sich jedoch ab, dass man dem Land die Rettung nicht verweigern wird, berichtet die Zeitung "Die Welt". Wir sind noch lange nicht so weit, dass wir über ein Hilfspaket für Zypern entscheiden könnten. Es sei noch nicht einmal gewiss, "ob durch die Probleme in Zypern die Eurozone insgesamt in Gefahr ist", entgegnete Bundesfinanzminister Schäuble in der "Süddeutschen Zeitung".

Griechenland könnte in diesem Jahr die Haushaltswende schaffen. Es gebe optimistische Anzeichen dafür, dass Griechenland bis Ende 2013 erstmals im Jahresdurchschnitt einen sogenannten primären Überschuss erzielt, heißt es in Kreisen des Finanzministeriums.

Bundesbank-Präsident Weidmann: Nur die Politik kann die Staatsschuldenkrise lösen. Wirklich überwunden wird die Krise erst dann sein, wenn die zugrunde liegenden Probleme behoben sind.

Bundesbank-Präsident Weidmann: Aktuell gibt es keine Inflationsgefahren, die Prognosen gehen von nachlassendem Preisdruck aus. Aber wir müssen auch darauf achten, dass die Geldpolitik rasch handelt, wenn in der Zukunft Risiken für die Preisstabilität auftreten.

Bundesfinanzminister Schäuble: Es gibt nur dann Hilfe für Zypern, wenn die Stabilität des Euro gefährdet wäre. Das Troika Schiedsgericht wird entscheiden, ob Zypern eine Gefahr für den Euro ist.

Frankreichs Finanzminister Moscovici: Die direkte Rekapitalisierung der Banken durch den ESM ist eine Priorität für uns.

Italiens Finanzminister Grilli erwartet einen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2013 +++ Italien wird in diesem Jahr keine Budgetkürzungen mehr benötigen.

Moody's: Frankreichs Überschuldung könnte negative Auswirkung auf die Bonitätsnote haben.

Deutsche Börse CEO Francioni: "Die akuten Flächenbrände der Finanzkrise mit ihrem bisherigen Höhepunkt im Jahr 2008 und der nachfolgenden Euro-Schuldenkrise lodern zwar nicht mehr. Doch nach wie vor existieren hinreichend ernstzunehmende Glutherde, die weiter schwelen."

Dienstag, 23. Januar:

Bundesbank-Präsident Weidmann sieht die Unabhängigkeit der Notenbanken weltweit in Gefahr: "Im Zuge der Finanz-, Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise werden Notenbanken dazu gedrängt, Maßnahmen zur Stützung des Finanzsystems, zur Stimulierung der Konjunktur und zur Senkung der staatlichen Refinanzierungskosten oder gar zur staatlichen Solvenzsicherung zu ergreifen".

Griechische Geschäftsbanken beteiligen sich wieder vermehrt an der regulären Refinanzierung bei der EZB. Im Dezember waren es 19,35 Milliarden Euro - 5,6 Milliarden Euro mehr als im Vormonat. Auf die ELA-Kredite können sie aber noch nicht verzichten.

Irland und Portugal bitten um Aufschub bei der Rückzahlung der Hilfsgelder. Dadurch könnten Milliarden eingespart werden, erklärte der irische Finanzminister Michael Noonan. Die beiden Länder könnten so leichter vollständig an die Kapitalmärkte zurückkehren.

Nach Ansicht von EZB-Ratsmitglied Christian Noyer ist in der Euro-Krise ein Wendepunkt erreicht. "Ich glaube, wir können heute sagen, dass niemand mehr daran zweifelt, dass der Euro fortbestehen wird".

Der frühere EZB-Präsident Trichet plädiert für härtere Sanktionen in europäischen Krisenländern. Bisher seien nur Geldstrafen vorgesehen, sagte er in einem Interview mit der "SZ". Trichet hält es für sinnvoller, europäische Schuldenstaaten unter Aufsicht von Brüssel zu stellen.

FAZ: Nach Ansicht der Ökonomen Hans-Werner Sinn und Harald Hau könnte die Bankenunion die europäischen Steuerzahler viele Milliarden Euro kosten.

BaFin prüft die Auswirkungen eines Trennbankensystems: Laut Börsen-Zeitung haben die Aufseher zwei große Banken dazu aufgefordert, ihre Umstrukturierung in eine Trennbank nach dem Modell der Expertengruppe um Finnlands Notenbankgouverneur Erkki Liikanen in einem Szenario durchzuspielen.

Der frühere EZB-Präsident Trichet fordert Frankreich auf, seine Schuldenprobleme rasch zu lösen. "Unser Land hat sehr wichtige Strukturprobleme zu erledigen und ein Problem der öffentlichen Finanzen, dass es sehr, sehr dringend in den Griff bekommen muss", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

Griechenland: Primärdefizit 2012 bei 3,5 Milliarden Euro. Ziel war 4,6 Milliarden Euro.

EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen: Die Finanzprobleme Zyperns könnten auch gefährlich für die Eurozone werden (Reuters).

Deutschland und Frankreich wollen im Mai einen Vorschlag für eine gemeinsame Regierung des Euro-Raums unterbreiten.

Spaniens Wirtschaftsminister: Daten zur öffentlichen Verschuldung zum Jahresende hin positiv. Kein zusätzlicher Aufwand für 2013 notwendig.

Portugal: Die Bürgerinitiative "Zum Teufel mit der Troika" hat zu einem neuen landesweiten Protest gegen die Sparpolitik aufgerufen. Die Demonstration wird am 2. März unter dem Motto "Das Volk hat das Sagen!" stattfinden. Die Initiative hatte schon zuvor am 15. September eine der größten Protestkundgebungen der vergangenen Jahrzehnte in Portugal organisiert.

Mittwoch, 23. Januar:

Der britische Premierminister David Cameron plant ein Referendum über den Verbleib des Landes in der EU, im Falle einer Wiederwahl bei den Parlamentswahlen in zwei Jahren.

Spanien: Wirtschaftsminister Luis de Guindos will weiterhin keine Hilfen aus dem europäischen Rettungsfonds. "Die Finanzindustrie ist stärker und gesünder als zuvor", sagt er in einem Interview mit der Zeitung "Die Welt". Das Defizitziel für 2012 wurde aber wahrscheinlich erneut verfehlt.

Handelsblatt: Nach den Worten von Bundesfinanzminister Schäuble wird die direkte Bankenhilfe aus dem ESM frühestens ab März 2014 zur Verfügung stehen. "Es geht nicht so eilig voran, wie es manche versuchen". Selbst dann könne der Fonds eine Kapitallücke nur teilweise direkt füllen, einen weiteren Teil müsse der Heimatstaat der Bank selbst aufbringen.

Handelsblatt: Ökonomen fordern eine höhere Transparenz bei den Notfallkrediten. Das Instrument werde nicht genutzt um Banken und Staaten mit kurzfristigen Liquiditätsproblemen zu stützen, sondern um Solvenzprobleme zu kaschieren, so Oxford-Ökonom Clemens Fuest.

IIF-Chef Dallara: Griechenland könnte 2014/2015 an die Kapitalmärkte zurückkehren.

Eurozone: Schuldenquote steigt im dritten Quartal auf 90,0 Prozent von 89,9 Prozent im Vorquartal.

Italiens Ministerpräsident Monti: Erfolge der Reformen in Italien dürften sich erst in zwei bis drei Jahren bemerkbar machen.

Fitch hebt Ausblick für Kreditwürdigkeit Belgiens von "negativ" auf "stabil". Einstufung mit "AA" bestätigt.

Donnerstag, 24. Januar:

Die spanische Region Katalonien hat die erste Hürde auf dem Weg zum Referendum über die Unabhängigkeit von Spanien genommen. Laut dapd hat das Regionalparlament eine entsprechende Resolution verabschiedet.

Schwedischer Finanzminister Borg: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Euro-Krise wieder aufflackert.

Spanien: Arbeitslosenquote steigt im vierten Quartal auf 26,0 Prozent (Prognose: 25,2 Prozent) von 25,0 Prozent im Vorquartal. Jugendarbeitslosigkeit bei 60 Prozent.

Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon fordert einen Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes. Zinsen auf Rekordtief dämpften den Reformdruck und verminderten das Vermögen der Sparer.

US-Ökonom Nouriel Roubini: Die Eurozone hat nach wie vor fundamentale Probleme. Die Krise ist aber nicht mehr so schlimm wie im letzten Sommer.

EU-Ratspräsident Van Rompuy: "Die Europäische Union hat viele Fortschritte gemacht und befindet sich am Wendepunkt. Die Euro-Zone ist nicht mehr unter existenzieller Bedrohung."

Freitag, 25.01.2013

IWF-Chefin Lagarde: Frankreichs Defizit-Ziel für 2013 "außerordentlich ambitioniert" +++ Die Wachstumsprognosen der Regierung weichen deutlich von den IWF-Prognosen ab.

EZB: 278 Geschäftsbanken des Euroraums wollen in der kommenden Woche LTRO-Kredite im Volumen von insgesamt 137,2 Milliarden Euro zurückzahlen.

Spaniens Wirtschaftsminister: Defizitziel für 2013 von 4,5 Prozent erreichbar.

EZB-Ratsmitglied Visco fordert Exit-Strategie für unkonventionelle Maßnahmen der Geldpolitik während der Euro-Krise. Herausforderung für die Zentralbanken ist, die Liquiditätsflut zum richtigen Zeitpunkt zu stoppen. Geldpolitik kann kein Ersatz für Wirtschaftspolitik sein.

Spanischer Wirtschaftsminister De Guindos: Die bald veröffentlichten Zahlen zum Haushaltsdefizit werden positiv ausfallen.

EU-Währungskommissar Olli Rehn: Bank-Kunden in Zypern werden durch das Hilfsprogramm keine Verluste erleiden. Ein Schuldenschnitt ist keine Option.

Fitch stuft Zypern von "BB-" auf "B" ab. Ausblick negativ.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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