Kommentar
23:02 Uhr, 30.11.2012

Eurokrise im Überblick: Neue Rettungsmilliarden für Griechenland!

Wochenende, 24./25. November:

Griechenland: Die Spekulationen um einen Schuldenrückkauf treiben die Kurse griechischer Staatsanleihen in die Höhe. Einem Bericht zufolge setzen mehrere Hedgefonds derzeit auf diese Entwicklung.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hält einen Ausfall der Kredite für Griechenland sowie die damit zusammenhängenden Garantien für möglich.

Süddeutsche Zeitung: EZB und IWF fordern einen radikalen Schuldenschnitt für Griechenland. Internationale Gläubiger sollen demnach etwa auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichten. Es gilt aber als praktisch ausgeschlossen, dass sich EZB, IWF und EU in nächster Zeit auf so einen Rettungsplan verständigen können.

EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen lehnt einen Schuldenschnitt für Griechenland ab: "Zur Schließung der Finanzlücke brauchen wir ein Maßnahmenpaket, das unter anderem eine deutliche Senkung der Zinsen der Hilfskredite und einen Schuldenrückkauf durch Griechenland umfassen wird."

Pressebericht: Schuldenschnitt für Griechenland offenbar nicht vom Tisch. Berichten zufolge wurde über einen Forderungsverzicht im Jahr 2015 diskutiert.

Montag, 26. November:

Medienbericht: Die spanische Regierung will für die Rekapitalisierung seiner Banken Finanzhilfen bei der EU in Höhe von 40 bis 42,5 Milliarden Euro beantragen.

Wirtschaftsweise Peter Bofinger: "Ohne einen grundlegenden Strategiewechsel wird der Euro die nächsten Jahre weder ökonomisch noch politisch überleben" (Wirtschaftswoche).

Nach Einschätzung der EU-Kommission wird sich das Haushaltsdefizit Spaniens von 6 Prozent im Jahr 2013 auf 6,4 Prozent im Jahr 2014 ausweiten.

Griechenland: FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle schließt einen Schuldenschnitt auf längere Sicht nicht aus. "Dass man im weiteren Prozess irgendwann auch dafür eine Lösung finden muss, liegt auf der Hand", sagte er laut Reuters.

Regierungssprecher Seibert: Schuldenschnitt der öffentlichen Gläubiger Griechenlands aus politischen- und rechtlichen Gründen nicht möglich.

Der IWF glaubt, dass sogar eine Verschuldung von 120 Prozent des BIP zu viel für Griechenland ist.

Dienstag, 27. November:

Euro-Länder schnüren Hilfspaket für Griechenland. Athen bekommt 43,7 Milliarden Euro. Die Parlamente der Geberländer müssen die Auszahlung der Hilfe noch billigen. Bundesfinanzminister Schäuble hofft auf eine Abstimmung im Bundestag noch in dieser Woche.

IWF macht Zugeständnisse bei der Griechenland-Hilfe: IWF-Chefin Lagarde stimmte zu, Athen bei der Schuldensenkung mehr Zeit zu geben. Die Schuldenquote muss bis 2020 auf 124 Prozent des BIP (bisher 120 Prozent) sinken.

Griechenland soll von den Finanzhilfen in Höhe von 43,7 Milliarden Euro noch 34,4 Milliarden Euro in diesem Jahr bekommen. Der Restbetrag soll Anfang kommenden Jahres dreigeteilt fließen, wenn Athen bestimmte Bedingungen erfüllt.

Gläubiger einigen sich auf ein Maßnahmenbündel, um die Schuldenlast Griechenlands zu senken. Dazu gehören ein Programm zum Rückkauf von Schulden, Zinsstundungen für Hilfskredite vom Rettungsschirm EFSF und längere Darlehenslaufzeiten.

Griechenland: Die Zinsen für die EFSF-Kredite sollen über 2020 hinaus gestundet werden. Die Laufzeit der Kredite wird um 15 Jahre verlängert.

Griechenland-Hilfe: Die Zinsen aus dem ersten Rettungsprogramm sollen um 100 Basispunkte sinken. "Damit ist die KfW knapp, aber gerade noch an den Refinanzierungskosten", kommentiert Bundesfinanzminister Schäuble.

Mit Hilfe eines weiteren Darlehens soll Griechenland Staatsanleihen von privaten Gläubigern zurückkaufen.

Bundesfinanzminister Schäuble: Über die Auszahlung der nächsten Kredittranche an Griechenland wird erst entschieden, wenn das Ergebnis des Anleiherückkaufs vorliegt.

Griechenland: EZB verzichtet auf Gewinne aus dem Verkauf von griechischen Staatsanleihen. Die Erlöse sollen direkt wieder nach Athen fließen.

Griechenland: Durch das neue Maßnahmenpaket soll der Schuldenstand um rund 40 Milliarden Euro sinken.

Die Euro-Länder wollen die Schuldenquote Griechenlands bis zum Jahr 2022 auf 110 Prozent der Wirtschaftsleistung senken.

SPD-Fraktionschef Steinmeier geht auch nach der Einigung auf Hilfen für Griechenland davon aus, dass ein Schuldenschnitt nicht zu vermeiden ist. "Er ist verschoben worden auf einen Zeitpunkt nach der Bundestagswahl", sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Die Bundesregierung versuche, "sich an den Wahrheiten erneut vorbei zu mogeln."

Süddeutsche Zeitung: Die Euro-Finanzminister wollen Forderungen gegen Griechenland frühestens 2015 abschreiben. Die Pläne über einen weiteren Schuldenerlass sollen erst nach dem Ende des aktuellen, bis 2014 laufenden Hilfsprogrammes konkretisiert werden.

Griechenland: Den privaten Gläubigern von Staatsanleihen sollen im Rahmen des Bond-Rückkaufs höchstens die Preise vom vergangenen Freitag angeboten werden, die bei rund einem Drittel des Nominalwerts lagen. Unklar, wie viele Anleger das Angebot annehmen.

Nach Ansicht von Unions-Haushaltsexperte Norbert Barthle ist ein Schuldenschnitt in Griechenland nur vorerst abgewendet. "Er wird sicherlich nicht für alle Tage vom Tisch sein", sagte er im Inforadio des RBB.

Der Schuldenstand Griechenlands soll von 188 Prozent im Jahr 2013 auf 175 Prozent im Jahr 2016 sinken, dann aber bis 2020 auf 124 Prozent und bis 2022 auf deutlich unter 110 Prozent.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechtmäßigkeit des Euro-Rettungsschirms ESM bestätigt.

Der ehemalige Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann rechnet nach wie vor mit einem Schuldenschnitt für Griechenland. "Irgendwann wird ein weiterer Schnitt notwendig sein", sagte er bei einer "Handelsblatt"-Veranstaltung.

Wirtschaftsrat der CDU: Griechische Insolvenzverschleppung geht weiter. Immer noch wird versucht, die Lösung der Krise in die Zukunft zu verschleppen und die Kosten in die Intransparenz zu verschieben.

Der Chefvolkswirt der Weltbank sieht 2014 und 2015 schlimme Zeiten auf Europa zukommen. Die dann fällige Rückzahlung der EZB-Billionen-Bazooka sei eine "Schuldenwand, die auf uns zukommt", sagte Kaushik Basu. "Wir werden eine weitere große Erschütterung der Weltwertwirtschaft in den Jahren 2014 und 2015 bekommen." ("Welt").

Spanien: Haushaltsdefizit in den ersten zehn Monaten 43,4 Milliarden Euro (4,13 Prozent vom BIP).

EZB-Ratsmitglied Hansson: Man sollte über einen negativen Einlagensatz nachdenken.

Das portugiesische Parlament hat den umstrittenen Sparhaushalt für 2013 verabschiedet.

Mittwoch, 28. November:

Schuldenunion nur noch eine Frage der Zeit: Die EU-Kommission hat einen konkreten Zeitplan zum Aufbau eines gemeinsamen Euro-Haushalts und zur Einrichtung einer kollektiven Schuldenhaftung vorgelegt. In fünf Jahren sollen sich marode Euro-Staaten aus einem kollektiven Schuldenfonds bedienen können.

EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeuré geht davon aus, dass die europäische Bankenaufsicht erst 2014 arbeitsfähig sein wird. Die EU-Kommission strebt dies schon 2013 an.

CSU-Chef Seehofer warnt davor, Griechenland die Schulden zu erlassen. "Einen Schuldenschnitt bei den öffentlichen Gläubigern halte ich nicht für machbar", sagte er der "Welt". "Das wäre ein verheerendes Signal und würde zur Nachahmung animieren." "Es wäre auch rechtlich gar nicht möglich, dass die Bundesregierung auf Forderungen verzichtet."

Griechenland: Die zugesagten Mittel für einen griechischen Schuldenrückkauf sollen nach Informationen von Dow Jones Newswires erst nach einer Freigabe durch die Troika fließen und nicht schon als Vorfinanzierung.

EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny begrüßt das Maßnahmenpaket für Griechenland. Ein Schuldennachlass sei damit vom Tisch, sagte er im "ORF-Morgenjournal".

Börsenexperte Dirk Müller kann nicht nachvollziehen, warum mit Hilfe von europäischen Fördermitteln und privatem Kapital nicht die Erdgas- und Rohölvorkommen in Griechenland erschlossen werden. "Irgendwie drängt sich der Verdacht auf, man will Griechenland an die Wand drücken, bis kein Ausweg mehr bleibt, als die Förderrechte zu verramschen", sagte er zu "Börse Online".

FTD: Hedge-Fonds und andere Risikoanleger verdienen kräftig an den neuen Griechenland-Hilfen. Diese Investoren können in den kommenden Wochen Kasse machen, wenn Athen mithilfe des Rettungsfonds EFSF eigene Anleihen zurückkauft.

Handelsblatt: Huw Pill, Europa-Chefvolkswirt von Goldman Sachs, hält einen Schuldenschnitt in Griechenland für unvermeidbar.

EU gibt die ESM-Hilfen für die Restrukturierung spanischer Banken frei +++ EU-Kommissar Almunia: Sanierung der spanischen Banken kostet 37 Milliarden Euro.

Zentrale Bankenaufsicht für alle Banken wird auch nach Ansicht der EZB erst ab 2014 möglich sein.

Fitch: Jegliche Schwäche am Fiskalplan Frankreichs könnte zu einer weiteren Rating-Herabstufung führen. Verschuldungsziel von 3 Prozent des BIP eine Herausforderung.

Griechische Zentralbank: Notfinanzierungen für Banken Ende Oktober bei 122,79 Milliarden Euro, nach 100,64 Milliarden Euro Ende September.

Die Analysten der Citigroup schreiben in ihrem Ausblick für das Jahr 2013, dass ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone hochwahrscheinlich sei.

Donnerstag. 29. November:

Leipziger Volkszeitung: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat Haushaltsausfälle für die Bundesrepublik im Zuge der neu verabredeten Griechenlandhilfe für die nächsten Jahre von rund 2,7 Milliarden Euro eingeräumt.

ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sieht keine Fortschritte in den Krisenländern. "Ich kann nicht erkennen, dass die Wettbewerbsfähigkeit in den Krisenländern steigt", sagte er der "Welt". "Das sind bisher reine Zweckbehauptungen, um dafür zu sorgen, dass die Deutschen beruhigt sind und weiter bereitwillig ihre Portemonnaies aufmachen."

Italien: Rendite für 10-jährige Staatsanleihen sinkt am Donnerstag auf 4,46 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit fast zwei Jahren.

Spanien: Rendite für 10-jährige Staatsanleihen sinkt am Donnerstag auf 5,17 Prozent und damit auf den niedrigsten Wert seit März.

Die EZB darf zwei brisante Akten zur Griechenland-Krise geheim halten. Das Europäische Gericht Erster Instanz (EuG) in Luxemburg hat eine Klage von Bloomberg zurückgewiesen. Die Nachrichtenagentur hatte Zugang zu den Dokumenten eingefordert. In den Papieren geht es um die Auswirkung komplizierter Finanztransaktionen auf Defizit und Schuldenstand Athens und anderer Euro-Länder.

EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen: Der Euro ist unumkehrbar, werden innerhalb unseres Mandats alle Mittel ausschöpfen.

Bundesfinanzminister Schäuble: Fahren bei Griechenland-Rettung weiter auf Sicht +++ Ungewissheit über den Erfolg des Anleihen-Rückkaufs ist vorhanden +++ Ein Schuldenschnitt ist in der derzeitigen Situation überhaupt nicht möglich.

Freitag, 30. November:

Nach Ansicht des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte sollte einem Euro-Land, das sich nicht an die Regeln hält, über eine neue Ausstiegsklausel möglich sein, die Währungsunion wieder zu verlassen. Im Moment kann man den Euro nur abgeben, wenn man die EU verlässt ("Süddeutsche Zeitung").

Die EU-Kommission schlägt einen eigenen Finanzminister für die Euro-Zone vor. Gegenüber der "FTD" begrüßen führende Wirtschaftswissenschaftler diesen Vorschlag.

Laut "Wall Street Journal" will Griechenland auch Anleihen von Investoren zurückkaufen, die sich Anfang des Jahres nicht am Schuldenschnitt beteiligt haben. Diese Gläubiger halten noch Anleihen für rund 4 Milliarden Euro.

EZB-Präsident Draghi: Die EZB wird alles tun was nötig ist, um den Euro zu erhalten.

Bundesfinanzminister Schäuble: Griechenland bekommt nur Hilfsgelder, wenn die Reformen fortgesetzt werden.

Bundesfinanzminister Schäuble: Eine Pleite Griechenlands könnte zu einem Zusammenbruch der Eurozone führen.

SPD-Chef Steinmeier: Das neue Griechenland-Paket kauft nur Zeit.

FDP-Chef Brüderle schließt nicht aus, dass die Kosten für die Griechenland-Rettung noch weiter steigen könnten.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) weist Spekulationen über einen Schuldenschnitt für Griechenland als völlig abwegig zurück. Es solle nicht über Instrumente geredet werden, "die vielleicht im Jahr 2020 einmal genutzt werden", sagte er im Bundestag.

Sahra Wagenknecht, Vize-Fraktionsvorsitzende der Linken kritisiert die Griechenlandpolitik der Bundesregierung als "verantwortungsloses Verbrennen von Steuergeldern" zugunsten von Banken und Spekulanten. Mit jedem Sparpaket werde die Situation in Griechenland nur noch schlimmer.

Nach Ansicht von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin ist der Euro mit einer reinen Austeritätspolitik nicht zu retten. Die neuen Griechenland-Hilfen seien das Ergebnis einer falschen Politik der Bundesregierung.

ZDF-Politbarometer: Lediglich 43 Prozent der Bundesbürger befürworten das neue Hilfspaket für Griechenland. 40 Prozent der Bundesbürger gehen davon aus, dass eine Pleite Griechenlands nur mit einem weiteren Schuldenschnitt vermieden werden kann. 39 Prozent halten dies nicht für notwendig.

Bundestag stimmt dem neuen Griechenland-Paket mit einer breiten Mehrheit zu +++ Kanzlermehrheit verfehlt. 297 Abgeordnete der schwarz-gelben Koalition stimmten mit Ja. Es wären mindestens 311 Stimmen notwendig gewesen.

Nach Berechnungen des ifo-Instituts hat Griechenland bislang internationalen Finanzhilfen in Höhe von 414 Milliarden Euro erhalten. Das sind 199 Prozent vom BIP des Jahres 2011.

Marktgerücht: ESM und EFSF könnten in Kürze von einer der großen Ratingagenturen herabgestuft werden.

Griechenland: Laut dem staatlichen Net-TV könnte das Buyback-Programm bis zum 12.Dezember abgeschlossen sein.

Verfolgen Sie alle Entwicklungen zur Schuldenkrise und viele andere Nachrichten von den Finanzmärkten live, kompakt und umfassend auf dem Echtzeitnachrichtenportal [Link "www.jandaya.de" nicht mehr verfügbar]

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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