Kommentar
20:05 Uhr, 28.09.2012

Eurokrise im Überblick: Hebelung des ESM im Gespräch!

Wochenende, 22./23. September:

Der Internationale Währungsfonds (IWF) will sich nicht an weiteren Hilfsaktionen für die Rettung Griechenlands beteiligen.

Der ESM könnte drastisch erhöht werden. Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, soll das Kreditvergabevolumen im Ernstfall von den bisher vorgesehenen 500 Milliarden Euro auf über zwei Billionen Euro gehebelt werden, um auch große Euro-Länder wie Spanien und Italien retten zu können.

Die Haushaltslücke in Griechenland könnte einem Bericht des "Spiegel" zufolge doppelt so groß sein wie bisher angenommen und sich auf 20 Milliarden Euro belaufen.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hält den Zeitplan der EU-Kommission für eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht für unrealistisch. Er rechne damit, dass die EU-Regelungen frühestens im kommenden Jahr verabschiedet werden könnten, sagte er der "FAZ".

Nach Massenprotesten denkt die portugiesische Regierung darüber nach, einen Teil der besonders umstrittenen Spar- und Reformmaßnahmen nicht umzusetzen. Ministerpräsident Pedro Passos Coelho sei bereit, Alternativen zur Erhöhung der Sozialbeiträge zu überprüfen, teilte der Staatsrat mit.

Montag, 24. September:

Die Euro-Zone bereitet sich auf ein umfassendes Paket zur Euro-Rettung spätestens im November vor. Veränderungen am Hilfsprogramm für Griechenland, das geplante Programm für Zypern und ein zweiter Hilfsantrag Spaniens könnten gemeinsam beschlossen und den Parlamenten vorgelegt werden, berichtet die "FTD".

Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU): Bei einer Hebelung des ESM wird auch der Deutsche Bundestag einbezogen.

Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter reagiert gelassen auf Berichte über ein noch größeres Finanzloch im griechischen Haushalt. "Es gibt keinen neuen Sachstand", sagte er zu Reuters. Jetzt müsse erst einmal der Troika-Bericht fertiggestellt werden.

Bundesfinanzministerium: Sprecher bezeichnet eine Hebelung des ESM auf 2 Billionen Euro als "unrealistisch" und absolut "illusorisch".

Unions-Fraktionsvize Michael Meister: Der Deutsche Bundestag würde einen neuen Schuldenschnitt in Griechenland nicht unterstützen.

Nach Angaben der EU erwägt Portugal alternative Reformmaßnahmen. Dies ändere aber nichts an den Zielen oder der Vereinbarung insgesamt.

Sprecher der EU-Kommission bestätigt, dass in Brüssel über die Möglichkeit eines Hebels für den ESM gesprochen wird.

Dienstag, 25. September:

Bei EZB und Bundesbank gibt es offenbar Zweifel, ob das geplante Programm zum Kauf von Staatsanleihen rechtens ist. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung prüfen Hausjuristen von EZB und Bundesbank, von welchem Umfang an und ab welcher Dauer die Aufkäufe ein Bruch der EU-Verträge sein könnten.

Hilfspaket für Griechenland steht auf der Kippe. Griechenland benötigt nach Informationen der SZ von einem EU-Diplomaten mindestens zwei Jahre länger und 30 Milliarden Euro zusätzlich, um die Vorgaben der Euro-Staaten zu erfüllen.

Süddeutsche Zeitung: Griechenland kann voraussichtlich nicht wie geplant von 2015 an seinen Haushalt ohne zusätzliche Hilfen finanzieren. Auch das Ziel, von 2020 an die Schulden wieder komplett an den Finanzmärkten refinanzieren zu können, werde verfehlt.

Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich haben die deutschen Finanzinstitute knapp 140 Milliarden US-Dollar in Spanien investiert, davon fast 46 Milliarden US-Dollar in spanischen Banken.

IWF-Chefin Lagarde hält die Verschuldung Griechenlands langfristig für nicht tragbar. Die Schulden des Landes werden "angepackt werden müssen", sagte sie. Damit gibt sie der Diskussion neue Nahrung, dass ein zweiter Schuldenschnitt nötig werden könnte.

Der griechische Finanzminister Stournaras sieht einen Finanzierungsbedarf von 13 bis 15 Milliarden Euro, sollte das Land zwei weitere Jahre Zeit bekommen, um die Reformziele zu erreichen.

Spanien: Die Neuverschuldung beträgt im Zeitraum von Januar bis August 4,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das Defizitziel für das Gesamtjahr musste bereits mehrmals angepasst werden und beträgt aktuell 6,3 Prozent (ursprünglich 4,4 Prozent). Analysten rechnen nicht damit, dass es eingehalten wird.

ifo-Präsident Hans-Werner Sinn bekräftigt seine Forderung nach einem "geordneten Prozess des temporären Austritts" von Griechenland aus der Euro-Zone: "Entweder sie bleiben drin und wir finanzieren sie dauerhaft, oder sie treten aus, werden wettbewerbsfähig und finanzieren sich selber", sagte er in einer Phoenix-Sendung.

Griechenland: Am Mittwoch steht dem Land der größte Streik seit fünf Monaten bevor, auch der Fähr-, Flug- und Zugverkehr werden massiv betroffen sein, ebenso Banken, Post und Touristenattraktionen.

Nach Ansicht von Deutschland, Finnland und den Niederlanden darf der ESM nur für künftige Probleme bei Banken einspringen. Für Altlasten sei er nicht vorgesehen.

Die EZB lehnt jede Beteiligung an einem möglichen griechischen Schuldenschnitt ab. Direktoriumsmitglied Asmussen: "Die EZB könnte sich an einer solchen Umschuldung auch gar nicht beteiligen, da dies eine verbotene monetäre Staatsfinanzierung wäre. Der mögliche zusätzliche externe Finanzierungsbedarf kann nur durch die Mitgliedsstaaten der Eurozone geschlossen werden.

Analysten schätzen, dass die EZB griechische Bonds im Volumen von etwa 40 Milliarden Euro hält. Die Anleihen wurden gekauft, um das erste Hilfspaket für Athen zu unterstützen.

Der spanische Europa-Staatssekretär Méndez de Vigo hat Spekulationen dementiert, dass Madrid mit der EU bereits über ein Hilfsprogramm verhandelt: "Wir sind nicht dabei, eine Rettung auszuhandeln."

Eurogruppenchef Juncker: Wer gegen den Euro wettet liegt ernsthaft falsch. Innerhalb der EU gibt es den Willen den Euro zu verteidigen.

Bundesbankchef Weidman: Bin sicher nicht alleine im EZB-Rat mit meinen Zweifeln bezüglich Anleihekäufen.

Madrid: Massive Proteste gegen die Sparpolitik von Ministerpräsident Rajoy.

EU-Kommissar Rehn: Die EU-Kommission wird im Herbst einen Entwurf zu einer europäischen Fiskal- und Wirtschaftsunion präsentieren.

Mittwoch, 26. September:

Der künftige ZEW-Präsident Clemens Fuest rechnet mit einer längeren Phase der wirtschaftlichen Stagnation in den Euro-Krisenstaaten. Beim Versuch, die Staatsfinanzen zu sanieren, werde es nur "quälend langsame" Fortschritte geben, prognostiziert der Finanzexperte in einem Gutachten.

Spanien: Bei Protesten in Madrid wurden mehr als 60 Menschen verletzt, darunter 27 Sicherheitskräfte +++ Im Rahmen des Sparprogramms will Ministerpräsident Rajoy unter anderem die Zahl der Frührentner senken, eine neue Haushaltsaufsicht einrichten, neue Weiterbildungen auflegen und Vergünstigungen streichen.

Generalstreik in Griechenland: Die Gewerkschaften haben für heute zum größten Streik seit fünf Monaten aufgerufen. Millionen von Menschen protestieren gegen das Sparprogramm. Öffentliches Leben steht nahezu still.

Nach Ansicht des früheren Chefvolkswirts Ottmar Issing droht die EZB ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. "Die EZB ist nicht dafür da, die Versäumnisse der Politik zu korrigieren", sagte er der "Welt".

Bundesbank-Chef Weidmann erneuert seine Kritik am Anleihekaufprogramm der EZB. Es stelle sich die Frage, ob die EZB zu einem solchen Aufkauf demokratisch legitimiert sei, sagte er der "Neuen Zürcher Zeitung".

Nach Angaben des Wirtschaftsministers wird Spanien möglicherweise weniger als 60 Milliarden Euro für die Rettung der Banken beantragen.

Die spanische Zentralbank geht davon aus, dass die spanische Konjunktur auch im dritten Quartal deutlich schrumpft.

Einige Marktteilnehmer gehen davon aus, dass Spanien in den nächsten Tagen einen Hilfsantrag stellen wird.

Weg für ESM-Ratifizierung geebnet. Bundeskabinett billigt Erklärung, wonach die Haftungsobergrenze Deutschlands beim ESM nicht ohne Zustimmung des Bundestages über die vereinbarten 190 Milliarden Euro hinaus steigen darf.

Kataloniens Regierungschef Artur Mas will die Bevölkerung der Region über die Unabhängigkeit abstimmen lassen - notfalls auch gegen den Willen der Zentralregierung in Madrid.

Pimco-Geschäftsführer Bosomworth: Ohne die Hilfsmaßnahmen der EZB wäre die Eurozone bereits auseinandergebrochen (Börse-Online).

Griechenland: Ministerpräsident Samaras und Finanzminister Stournaras haben sich auf ein neues Sparpaket über knapp 12 Milliarden Euro geeinigt.

Bundesbankchef Weidmann: Italien hat bereits Reform-Fortschritte gemacht. Italien ist stark genug, um seine Probleme selbst zu lösen.

Spanien: Laut Reuters will die Regierung mit der Vorlage des Haushaltsplans 2013 die Gehälter der Staatsbediensteten einfrieren.

Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter: Die Spreads der verschiedenen Euro-Regionen reflektieren die bis zum Jahre 2000 vorherrschende Normalität.

Pimco-Chef Bill Gross erwartet, dass Spanien und Italien innerhalb der nächsten 2 bis 4 Wochen Hilfen über das EZB-Programm beziehen werden.

Donnerstag, 27. September:

Neuer Konflikt beim ESM. Nach dem Willen von Deutschland, Finnland und den Niederlanden, soll der Fonds keine Altlasten von Banken übernehmen. Laut "Handelsblatt" haben die Finanzminister der drei Länder damit massive Irritationen in Irland, Spanien und Zypern ausgelöst.

Einem Medienbericht zufolge muss Spanien seine Zahlen zum Haushaltsdefizit 2011 korrigieren, da auch die Mittel berücksichtigt werden müssten, die für die Verstaatlichung der Banken aufgewendet wurden. Das waren 11 Milliarden Euro oder 1 Prozent des BIP. Das Defizit liege damit bei knapp 10 Prozent anstatt bei 8,9 Prozent.

Nach einem Bericht der FAZ hat sich der IWF für einen Schuldenschnitt für die öffentlichen Gläubiger Griechenlands stark gemacht. Dies habe zu Spannungen innerhalb der Troika geführt.

Finanz-Staatssekretär Thomas Steffen: Eine Möglichkeit zur Hebelung des ESM müsste in jedem Fall vom Haushaltsausschuss des Bundestags gebilligt werden.

Einem Medienbericht zufolge haben die drei größten spanischen Banken Santander, BBVA und La Caixa den von der Regierung in Auftrag gegebenen Stresstest bestanden. Demnach bräuchten die Geldhäuser auch unter den ungünstigsten Bedingungen keine staatlichen Hilfen.

Spanien: Die Region Castilla-La Mancha hat 848 Millionen Euro an Hilfszahlungen bei der Zentralregierung beantragt. Nach Katalonien, Valencia, Murcia und Andalusien ist dies bereits die fünfte Region, die um Finanzhilfen bittet.

Spanische Privatkunden und Unternehmen haben ihre Einlagen bei den Banken des Landes im August um 17,2 Milliarden Euro auf 1,492 Billionen Euro reduziert.

Bundespräsident Gauck hat das ESM-Gesetz ratifiziert.

Der griechische Oppositionsführer Alexis Tsipras fordert eine internationale Konferenz über einen Schuldenerlass für sein Land.

Die spanische Region Katalonien hat einen Plan für ein Referendum über die Unabhängigkeit von Spanien verabschiedet.

Spanien plant Einsparungen in Rekordhöhe. Der Budgetentwurf für das Jahr 2013 sieht eine Entlastung von 40 Milliarden Euro vor, die mit Einsparungen und zusätzlichen Einnahmen erreicht werden soll.

Berlusconi: Der Euro ist ein Schwindel ++ Ein Exit von Deutschland wäre keine Tragödie ++ Die Bailout-Bedingungen würden die Wirtschaft kollabieren lassen ++ Italien riskiert sich in Richtung einer unendlichen Krise zu bewegen.

Egan Jones stuft Spanien von CC+ auf CC ab +++ Spanien hat eine Arbeitslosenrate bei 25 Prozent und trotzdem schlägt die Regierung Steuererhöhungen und eine Plünderung der Sozialversicherung vor um das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen.

Mit einem massiven Streik wollen die Beschäftigen des öffentlichen Dienstes in Italien am Freitag gegen geplante Kürzungen demonstrieren. Die Regierung von Mario Monti will bis 2014 rund 26 Milliarden Euro einsparen. Die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst soll um 10 Prozent schrumpfen, auf Managerebene sogar um 20 Prozent.

Freitag, 28. September:

Die Allianz kauft kaum noch Staatsanleihen. Deutsche Staatsanleihen seien nicht attraktiv, weil die Rendite unter der Inflation liege, sagte Vorstandschef Michael Diekmann dem "Handelsblatt". In anderen europäischen Ländern habe sich das Anlagerisiko durch den Schuldenschnitt in Griechenland deutlich erhöht.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) fordert ein Veto-Recht der Bundesbank gegen gemeinsame Hilfsaktionen der EZB und des ESM. Bei jedem Hilfegesuch eines Landes müsse geprüft werden, ob die Gefahr bestehe, dass der deutsche Haftungsrahmen gesprengt werde, sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

Nach einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" fehlen den acht größten deutschen Banken noch rund 35 Milliarden Euro Eigenkapital, um die künftigen schärferen Kapitalvorschriften zu erfüllen.

Bundesbank-Chef Weidmann macht Front gegen die geplante Übertragung der Bankenaufsicht auf die EZB: "Die Tatsache, dass in Zukunft Bankenaufsicht und Geldpolitik unter einem Dach vereint sein sollen, führt zu potenziellen Interessenskonflikten - zu Konflikten mit dem Hauptziel Preisstabilität, aber auch mit der Unabhängigkeit der Notenbank".

Frankreich: Nach dem heute veröffentlichten Haushaltsplan erwartet die Regierung ein Defizit von 3,0 Prozent im Jahr 2013, 2,2 Prozent im Jahr 2014 und 1,3 Prozent im Jahr 2015.

Spanien: Die Kapitalflucht erreicht neue Rekordhöhen. So wurden allein in den ersten sieben Monaten des Jahres 235,4 Milliarden Euro aus dem Land abgezogen. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum konnte noch ein Kapitalzufluss von 47,4 Milliarden Euro verzeichnet werden.

Portugal verpasst sein Defizitziel im ersten Halbjahr deutlich. Der Fehlbetrag belief sich zum zum 30. Juni auf rund 5,6 Milliarden Euro, was 6,8 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht. Damit liegt das Defizit 1,8 Punkte über dem für das gesamte Jahr 2012 angepeilten Wert von 5,0 Prozent.

Spanien hat die Resultate des Stresstest für die Banken veröffentlicht. Insgesamt besteht eine Kapitallücke von 59,3 Milliarden Euro +++ 7 Banken einen zusätzlichen Kapitalbedarf - 7 Banken benötigen keine Mittel.

Die EU-Kommission pocht angesichts der Kapitallücke spanischer Banken auf deren Reformen. Die zugesagte Finanzhilfe sei an Auflagen für marode Banken gebunden, die unrentable Bereiche abstoßen, weiter schrumpfen und sich selbst frisches Kapital an den Märkten besorgen müssten.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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