Kommentar
21:11 Uhr, 17.08.2012

Eurokrise im Überblick: Für Griechenland wird es immer enger!

Wochenende, 11./12. August:

Nach SPD-Chef Gabriel spricht sich nun auch EX-Finanzminister Steinbrück für eine gemeinsame Schuldenhaftung in der Euro-Zone aus. "Der Parteivorsitzende hat recht, die Entwicklung muss und wird in diese Richtung gehen", so Steinbrück gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

OECD spricht sich für weitere Staatsanleihenkäufe der EZB aus. „EZB-Präsident Mario Draghi hat klar dargelegt, wie die Zentralbank mit dem Ankauf von Staatsanleihen die Krise entschärfen kann“, so OECD-Chef Gurria zur "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Die Spekulanten werden ihre Wette gegen den Euro verlieren, weil die EZB dann alle Register ziehen wird".

Bundeswirtschaftsminister Rösler erneuert Kritik an Reform- und Sparanstrengungen Griechenlands. "Ich bin ernüchtert. Kaum eines unserer Angebote hat die griechische Regierung genutzt", so der FDP-Vorsitzende gegenüber dem Magazin "Focus". „Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone ist nicht das Ziel, es ist aber beherrschbar."

Focus-Umfrage: Eine Mehrheit der Deutschen (52 Prozent) lehnt eine Vergemeinschaftung der europäischen Schulden ab – auch dann, wenn die EU die Kontrolle über die Staatshaushalte übernimmt. Nur 31 Prozent finden die Schuldenunion richtig.

Bundesaußenminister Westerwelle lehnt Eurobonds nach wie vor strikt ab. "Die Bundesregierung hat seit Ausbruch der Schuldenkrise klargemacht, dass wir eine gesamtschuldnerische Haftung Deutschlands für die Schulden Europas nicht übernehmen werden. Das ist für mich nicht verhandelbar. Eurobonds würden die Krise vergrößern und nicht verkleinern", sagte er in der "Bild am Sonntag".

Kapitalflucht aus Italien nimmt zu. Laut "Handelszeitung" hat die italienische Steuerpolizei seit Anfang 2012 rund 41 Millionen Euro bei verstärkten Kontrollen an Grenzübergängen, auf Flughäfen und Häfen beschlagnahmt. Das sind 78 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2011.

SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisiert den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Euro-Krise. "Was fehlt, ist eine Krisenlösungsstrategie, und ich glaube, dass wir da nur zwei Alternativen haben", sagte Gabriel am Nachmittag im ZDF-Sommerinterview. Dies sei entweder eine Vergemeinschaftung von Schulden unter harten Auflagen oder man müsse "zurück zu einer kleineren Währungsunion".

Der italienische Finanz- und Wirtschaftsminister Vittorio Grilli geht davon aus, dass Italien die Schuldenkrise ohne Hilfen der europäischen Partner bewältigen kann. Gleichzeitig kündigte er für den Herbst weitere Schritte im Kampf gegen die Krise an.

Der finnische Premierminister Jyrki Katainen rät Euro-Krisenländern wie Italien oder Spanien zu neuartigen Staatsanleihen, die mit Sicherheiten aus staatlichem Besitz unterlegt sind. So könnten diese Länder derzeit schwerverkäufliche Staatsbeteiligungen wenigstens als Pfand benutzen, sagte er dem "Spiegel".

Griechenland: Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs lehnt weitere Notkredite der EZB ab. Wenn die Griechen die mit der Troika vereinbarten Auflagen nicht einhalte, könne "die EZB auch keine Leistungsmöglichkeiten eröffnen und Gelder bereitstellen, die die Griechen ansonsten nicht von den Rettungsfonds EFSF oder ESM bekommen würden", sagte er im "Handelsblatt"-Interview.

Bild am Sonntag: Bundesaußenminister Westerwelle ist zuversichtlich, dass Spanien die Schuldenkrise ohne Hilfen aus den Euro-Rettungsfonds bewältigen kann.

Griechenland: Nach einem Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung" will Athen die Renten weiter kürzen. Zudem sollen die Bedingungen für den Renteneintritt verschärft werden.

Montag, 13. August:

Die deutschen Banken bereiten sich offenbar bereits detailliert auf eine mögliche Pleite Griechenlands und einen Grexit vor. Schon seit Monaten beschäftige sich die Kreditwirtschaft mit diesem möglichen Fall vor, sagte Bernd Richter, Bankenexperte bei der Beratungsfirma Capco, der Tageszeitung "Die Welt".

Barclays Capital geht davon aus, dass Spanien noch im August EU-Hilfen beantragen wird.

EZB-Ratsmitglied Luc Coene spricht sich gegen weitere Marktinterventionen der EZB aus. Dies würde Druck von den Ländern nehmen, notwendige Reformen einzuleiten, sagte der belgische Notenbankchef der Zeitung "L'Echo".

Italien: Staatsverschuldung steigt im Juni auf 1,973 Billionen Euro von 1,966 Billionen Euro im Vormonat.

Griechenland: Wirtschaft schrumpft nicht so stark wie befürchtet. Die Wirtschaftsleistung des Landes ist im zweiten Quartal "nur" um 6,2 Prozent eingebrochen. Analysten hatten ein BIP-Minus von 7,0 Prozent erwartet.

Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg liegt eine Klage des irischen Abgeordneten Thomas Pringle gegen den Euro-Rettungsschirm ESM vor. Nach Ansicht von Pringle verstößt der dauerhafte Rettungsfonds gegen EU-Recht.

Handelsblatt: Neue Klage gegen den ESM vor dem Verfassungsgericht könnte den Fahrplan für die Eurorettung verzögern. Da beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg eine Beschwerde eines irischen Abgeordneten auf dem Tisch liege, müssten die deutschen Richter warten, bis die in dieser Angelegenheit höhere Instanz ihr Urteil gefällt habe, so die Kläger.

Dienstag, 14. August:

Bundesverfassungsgericht: Entscheidung über den ESM und Fiskalpakt weiterhin am 12. September. Das "Handelsblatt" hatte zuvor berichtet, dass sich der Termin aufgrund einer weiteren Klage verschieben könnte.

Statt gegen den Euro zu wetten, lösen Finanzinvestoren derzeit massenweise Deals auf. Laut FTD rechnen sie mit einem beherzten Eingriff von EU und EZB.

Der frühere EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing kritisiert die Ankäufe von Staatsanleihen durch die EZB scharf. "Davon halte ich gar nichts. Der EZB ist die Finanzierung öffentlicher Ausgaben ausdrücklich verboten", sagte er der "Rheinischen Post". Die EZB sei eine Notenbank mit der Aufgabe, den Geldwert stabil zu halten, so Issing. "Sie darf sich nicht zum Lückenbüßer für das Versagen der Politik machen."

Der frühere EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing sieht einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone skeptisch. "Griechenland ist längst bankrott. Die Frage ist doch, wie lange es weiter Hilfen erhält, obwohl es keine Verpflichtung eingehalten hat", sagte er der "Rheinischen Post".

Spanische Banken haben sich im Juli 402,2 Milliarden Euro von der EZB geliehen, nach 365 Milliarden Euro im Juni.

Die Wirtschaftsverbände der beiden größten deutschen Industriebranchen Maschinenbau und Elektroindustrie fordern schärfere Kontroll- und Durchgriffsmöglichkeiten im Rahmen des Fiskalpaktes. Nur dann habe der Euro Bestand.

Griechenland beschafft sich mit einer Geldmarktauktion kurzfristig mehr als 4 Milliarden Euro und wendet damit den Zahlungsausfall nochmal ab. Athen braucht das Geld dringend, da in der kommenden Woche Anleihezinsen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro fällig werden.

Nach Einschätzung des IMK-Direktors Gustav Horn hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ESM kaum Bedeutung für den Euro. Ebenso wie der Fiskalpakt sei der ESM für die kurzfristige Rettung irrelevant. "Langfristig dürfte er sogar mehr Schaden als Nutzen anrichten", sagte er dem "Handelsblatt". Auf kurze Sicht könne das Vertrauen in den Euro nur durch glaubwürdige Interventionen der EZB hergestellt werden.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch hofft, dass der EuGH den ESM zu Fall bringt. "Ich begrüße es ausdrücklich, dass nunmehr auch dem EuGH ESM und Fiskalpakt zur Überprüfung vorliegen. In meinen Augen ist es offenkundig, dass mit der Aushebelung des Beistandsverbotes (No-Bailout-Klausel) massiv gegen einen Grundpfeiler des gültigen europäischen Rechts verstoßen wird", sagte Willsch zu Handelsblatt Online.

CNN Money rechnet nicht mit einem Staats-Kollaps in Griechenland oder Spanien. Stattdessen werde Europa langsam "ausbluten", bevor die Regierungschefs sich endlich auf eine gemeinsame Aktion verständigten.

EU-Währungskommissar Olli Rehn: EU-Kommission ist auf weitere Hilfsanträge aus dem krisengeplagten Spanien vorbereitet.

Mark Grand, Southwest Securities: Wir alle haben die Zahlen vorliegen und sind in der Lage sie ganz einfach aufzuaddieren. Die europäische Schuldenlast wird früher oder später zu einem Lehman-Moment führen. Es sind einfach zu viele Schulden und zu wenig Assets da, um sie garantieren zu können.

Mittwoch, 15. August:

Deutsches Risiko in der Euro-Krise höher als offiziell dargestellt. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, beziffert das deutsche Haftungsrisiko auf 1 Billion Euro. "In Wahrheit sind wir schon längst in der Schuldenunion", sagte er der "Berliner Zeitung".

Trotz der jüngsten Sparmaßnahmen fordert Griechenland weiter Aufschub bei den Sparbemühen. 2013 und 2014 wolle Athen jeweils nur 1,5 Prozent des BIP einsparen und nicht 2,5 Prozent, wie es die internationalen Kreditgeber fordern, berichtet die "Financial Times" unter Berufung auf ein internes Dokument der Regierung. Dies würde bedeuten, dass Griechenland zusätzliche Notkredite von 20 Milliarden Euro bräuchte.

Aus Furcht vor einer Verschärfung der Schuldenkrise trennen sich Europas Banken in großem Stil von Staatsanleihen der Krisenländer Spanien und Italien. "In den Banken herrscht die Vorgabe, so schnell wie möglich Staatsanleihen aus den südeuropäischen Ländern abzubauen", sagte Dirk Müller-Tronnier, Bankexperte beim Wirtschaftsprüfer Ernst & Young, dem "Handelsblatt".

Viele Warnungen der Ökonomen haben sich erfüllt. Die Krise habe sich kontinuierlich verschärft, obwohl immer größere "Waffen" aufgefahren und auch eingesetzt wurden, schreibt Wirtschaftsprofessorin Beatrice Weder di Mauro in einem Gastbeitrag im "Handelsblatt".

PwC-Studie: Das Volumen notleidender Kredite in den Bilanzen europäischer Banken hat sich von 2008 bis 2011 mehr als verdoppelt und betrug im vergangenen Jahr rund 1,05 Billionen Euro.

Nach Ansicht von Paul Day, Chefstratege bei Market Securities, ist der Austritt Griechenlands aus der Eurozone unvermeidbar. "In Frage steht das wann, nicht das ob". Er geht davon aus, dass es schon im kommenden Monat soweit sein könnte.

Donnerstag, 16. August:

CSU pocht auf Härte gegenüber Athen. "Ich sehe derzeit keine Möglichkeit, den Griechen noch einmal einen zeitlichen Aufschub für ihr Spar- und Reformprogramm zu gewähren", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Peter Müller, der "Berliner Zeitung".

CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch fordert eine grundlegende Reform der EZB. "Notwendig ist eine Neujustierung der Stimmgewichte in allen Entscheidungsgremien der EZB nach den Haftungsanteilen", sagte er zu "Handelsblatt Online".

Griechenland: Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat sich nochmals gegen ein Entgegenkommen der Euro-Retter ausgesprochen. "Es kann keine Rabatte auf Reformen geben", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Es sei für die Glaubwürdigkeit der Eurozone auch in anderen Ländern entscheidend, dass auf die Einhaltung der Regel gepocht werde.

Bloomberg: Laut Kreisen soll Spanien eine vorgezogene Notfall-Auszahlung der bereits bewilligten 100 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsfonds für seine notleidenden Banken erhalten, um den pleitebedrohten Sparkassenriesen Bankia aufzupäppeln.

Griechenland praktisch zahlungsunfähig. Einem Medienbericht zufolge hat Athen einen inoffiziellen Zahlungsstopp verhängt. Demnach dürfen nur die die Gehälter der Beamten und die Renten ausgezahlt werden. Offene Rechnungen der Privatwirtschaft würden dagegen nicht bezahlt. Nur so könnten die Vorgaben der Troika eingehalten werden, berichtet die Zeitung "Kathimerini".

Der Bund der Steuerzahler fordert eine Reform der EZB. Die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Notenbank befinde sich in einem Erosionsprozess der gestoppt werden muss. Daher seien die paritätischen Stimmrechte im EZB-Rat zu überdenken.

Bundeskanzlerin Merkel: Versprechen von EZB-Chef Mario Draghi, alles Erforderliche zur Verteidigung der Euro-Zone zu tun, im Einklang mit den europäischen Regierungen. Man werde alles Mögliche für den Erhalt der Gemeinschaftswährung tun, sagte sie während ihres Kanada-Besuchs.

Der österreichische Außenminister Michael Spindelegger fordert in einem Interview die Implementierung eines Mechanismus, der EU-Mitglieder, welche ihre Versprechen nicht einhalten, aus der Währungsunion ausschließen kann. Ein Exit-Mechanismus würde das Marktvertrauen in den Euro erhöhen und würde von Deutschland, Luxemburg, Finnland und den Niederlanden unterstützt werden, sagte er dem "Kurier".

Freitag, 17. August:

Roland Koch warnt vor einem Ende des Euro. "Werde der Euro zerstört, würde das Zusammenwachsen Europas auf Null gestellt: "Null ist aber nicht 1990. Null ist 1945", sagte der Chef von Bilfinger Berger der "Süddeutschen Zeitung".

Finnlands Außenminister Erkki Tuomioja bezeichnet ein Auseinanderbrechen der Eurozone als unausweichlich und fordert die Länder Europa auf, sich darauf vorzubereiten. "Entweder der Süden oder der Norden wird wegbrechen", sagte er im Interview mit dem "Daily Telegraph" +++ Finnischer Europaminister: Die Spekulation des finnischen Außenministers über einen Zusammenbruch der Eurozone spiegeln nicht die Position der Regierung wider. "Wir arbeiten nicht an Untergangsszenarien".

Nach Angaben der spanischen Zentralbank ist der Anteil der faulen Kredite der spanischen Geschäftsbanken im Juni auf 9,42% (Mai: 8,95%) gestiegen.

CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs: Griechenland darf keine weitere Mittel erhalten, wenn die Vereinbarungen nicht eingehalten wurden. Troika-Bericht entscheidend.

Nach Ansicht von Polens Finanzminister Jacek Rostowski hätte ein Auseinanderbrechen der Eurozone katastrophale Folgen für alle Länder in Europa - nicht nur für die im Euroraum.

EU-Kommissionssprecher: "Die EU-Kommission arbeitet nicht an einer Aufteilung der Eurozone oder an Notfallplänen oder an einem Griechenland-Exit oder daran, dass irgendein anderes Land die Währungsunion verlässt."

Griechenland: Die Staatsverschuldung ist von Ende März bis Ende Juni von €280,2 Mrd auf €303,5 Mrd angestiegen.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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