Eurokrise im Überblick: ESM erhält grünes Licht!
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Wochenende, 8./9. September:
Portugal: Die Regierung hat ein neues Reformpaket beschlossen. Die Sozialversicherungsabgaben der Arbeitnehmer werden ab 2013 von 11 Prozent auf 18 Prozent erhöht, während der Beitrag der Arbeitgeber von 23,75 Prozent auf 18 Prozent sinkt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Rentner müssen auf ihr 13. und 14. Monatsgehalt verzichten, Beamte auf ein Monatsgehalt.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) rechnet nicht mit einem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. "Die Troika wird keinen Euphorischen, aber sie wird einen Bericht vorlegen, der Fortschritte in Griechenland beschreibt. Dann wird auch die nächste Tranche der Hilfsmittel freigegeben", sagte Schulz der "Rheinischen Post".
Der österreichische Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) will laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "profil" durch Änderungen der EU-Verträge erreichen, dass überschuldete Euro-Länder künftig aus der Währungsunion ausgeschlossen werden können.
Ex-Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer hält es für wahrscheinlich, dass das Papiergeldsystem in seiner derzeitigen Form die gegenwärtige Krise nicht überleben wird. "Die Chancen sind größer als 50 Prozent, dass wir zu einer Art materiell gedecktem System kommen. Ich kann mir vorstellen, dass wir das Papiergeld-Währungssystem Ende dieses Jahrzehnts umbauen werden", sagte Mayer der WirtschaftsWoche.
Ex-Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer sieht das derzeitige Geldsystem sehr kritisch. "Wir haben heute eine Zentralbank-Geldwirtschaft. Die Märkte sind nicht mehr frei, die Zentralbanken werden dafür sorgen, dass der Realzins negativ bleibt" um überschuldete Banken und Staaten zu retten, sagte Mayer der WirtschaftsWoche. "Höhere Inflation wird kommen.“
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die überschuldeten Euro-Staaten aufgefordert, im Reformeifer nicht nachzulassen. "Es wäre ein schwerer Fehler, wenn die EZB-Entscheidung falsch interpretiert werden würde in dem Sinne, dass man jetzt mit den Anstrengungen nachlassen könne. Das Gegenteil ist richtig", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag".
Trotz der Entscheidung zum unbegrenzten Ankauf von Anleihen der Euro-Schuldenstaaten sieht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die EZB weiterhin innerhalb ihres Mandats agieren. "Die EZB hat sich in der Vergangenheit immer an ihr Mandat gehalten und ich gehe davon aus, dass sie das auch in der Zukunft machen wird", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag". Zur Staatsfinanzierung dürfe die Geldpolitik aber nicht dienen. Der unbegrenzte Umfang der Anleihenkäufe sei notwendig, um nicht Spekulanten herauszufordern.
Die EU-Kommission hat bisher keine Rettungsschirm-Anträge von Krisenländern erhalten, die das neue EZB-Anleihenkaufprogramm nutzen wollen. Das sagte Währungskommissar Olli Rehn der Nachrichtenagentur Reuters. Ein EFSF/ESM-Hilfsprogramm ist Voraussetzung für Anleihenkäufe durch die EZB.
Euro-Krisenländer müssen nicht unbedingt zusätzliche Sparmaßnahmen beschließen, um das neue EZB-Anleihenkaufprogramm nutzen zu können, so EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeure in einem französischen Radio-Interview. Einige Staaten hätten bereits Schritte in die richtige Richtung unternommen, diese könnten möglicherweise ausreichen. Die Entscheidung liege aber bei den Euro-Finanzministern, nicht bei der EZB.
Zwischen Bundesregierung und Bundesbank zeichnet sich offenbar eine Konfrontation ab, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die EZB-Entscheidung zum Ankauf von Staatsanleihen bislang nicht kritisiert hat. "Hier wird am Parlament vorbei die Bilanz der Deutschen Bundesbank benutzt, um andere Regierungen in Europa zu unterstützen", heißt es in Notenbankkreisen laut "Welt Online".
Griechenland: Der Bericht der Troika wird sich offenbar weiter verzögern. Diplomatenkreise in Brüssel rechnen nun erst im November damit, berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will Griechenland laut Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" unbedingt im Euro halten. Merkel sei zu der Überzeugung gelangt, dass Griechenland im Herbst auf keinen Fall den Euro-Raum verlassen dürfe. "Wir müssen eine Lösung finden", soll Merkel im kleinen Kreis gesagt haben. Ein drittes Hilfspaket wolle Merkel verhindern, geplant sei stattdessen eine Umschichtung der noch ausstehenden Hilfen aus dem zweiten Paket.
Euro-Kritiker Peter Gauweiler (CSU) hat einen weiteren Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt. Die Ratifizierung des ESM-Vertrages soll so lange untersagt werden, bis die EZB ihre Entscheidung zum Kauf von Staatsanleihen revidiert hat, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Falls über diesen Antrag bis zur Entscheidung über die bisherigen Anträge am Mittwoch nicht entschieden werden könne, solle der Termin verschoben und eine neue mündliche Verhandlung anberaumt werden, fordert Gauweiler.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigt sich überzeugt, dass der Euro die derzeitigen Turbulenzen überleben wird. "Der Euro bleibt eine vertrauenswürdige Währung, wenn ich auch befürchte, dass die Verunsicherung noch eine Weile anhalten wird", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag“.
Griechenland: Ministerpräsident Antonis Samaras hat seinen Landsleuten versprochen, dass es nach dem derzeitigen Sparprogramm in Höhe von 11,5 Milliarden Euro kein weiteres mehr geben wird. "Dies werden die letzten Kürzungen sein", sagte Samaras. Bei einem Euro-Austritt würde Griechenland finanziell "sterben", so Samaras.
US-Starinvestor George Soros hat Deutschland einen Euro-Austritt nahegelegt. Wenn Deutschland nicht bereit sei, eine Führungsrolle zu übernehmen und die überschuldeten Staaten in der Eurozone zu retten, solle das Land den Euro verlassen, schreibt Soros in der "New York Review of Books". Das EZB-Anleihenkaufprogramm könne vielleicht den Euro retten, werde aber nicht zu einer Überwindung der Spaltung zwischen Gläubiger- und Schuldnernationen führen, so Soros.
Nach Einschätzung des italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti wäre es "kein Drama", wenn sein Land irgendwann unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen müsste. Aktuell brauche Italien aber keine Hilfe, sagte Monti gegenüber dem US-Sender CNBC.
Slowenien benötigt nach Einschätzung von Finanzminister Janez Sustersic keine externe Finanzhilfe. "Ich möchte klar sagen, dass es keine offizielle Einschätzung gibt, dass Slowenien Hilfe von außen braucht und dass es keinen Druck auf uns gibt, solche Hilfe zu beantragen", sagte Sustersic der Zeitung "Dnevnik".
Die EU-Kommission rechnet laut "Spiegel" damit, dass Spanien in den kommenden Wochen einen Antrag auf Finanzhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm stellen wird. Die Auflagen könnten dabei etwas weniger streng ausfallen als die für Griechenland, heißt es in EU-Kreisen. Ein Programm des Euro-Rettungsschirms wäre die Voraussetzung für den Aufkauf spanischer Staatsanleihen durch die EZB.
Die EZB rechnet laut Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" mit Kosten von 70-100 Milliarden Euro für den Rest des Jahres, sollten die Renditen für italienische und spanische Staatsanleihen wieder steigen und die EZB mit Anleihekäufen eingreifen.
Griechenland: Das neue Sparprogramm soll spätestens am nächsten Freitag endgültig stehen. Für Sonntagabend ist ein Gespräch zwischen den Parteichefs der drei Koalitionsparteien geplant.
Griechenland: Das Finanzministerium hat für das neue Sparpaket Kürzungen von bis zu 17 Milliarden Euro ausgearbeitet, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet. Das Volumen sei größer als das geplante Sparpaket von 11,5-11,9 Milliarden Euro, weil die Troika einen Teil der Vorschläge als unglaubwürdig einstufen könnte.
Griechenland: Die Troika-Kontrolleure haben offenbar Zweifel an einigen Punkten des Sparpakets der Regierung. Vor allem erwartete Einnahmen bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung würden von den Kontrolleuren als "nicht sicher eingestuft", sagte ein Mitarbeiter von Finanzminister Ioannis Stournaras.
Italien wird keine Sparauflagen akzeptieren, die über die von der EU-Kommission geforderten Reformen hinausgehen, um in den Genuss von EZB-Anleihekäufen zu kommen. Dies sagte der italienische Ministerpräsident Mario Monti am Sonntag. Die von der EU-Kommission geforderten Reformen seien ausreichend.
Montag, 10. September:
Frankreichs Präsident Hollande plant massive Steuererhöhungen für Privathaushalte und Unternehmen und weitere Einsparungen beim Staat um das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen.
Rheinische Post: Nach Berechnungen der FDP-Haushaltspolitiker würde der Bundeshaushalt im kommenden Jahr ohne die finanziellen Zugeständnisse des Bundes an die Länder und ohne die Barmittel für den ESM ausgeglichen ausfallen.
Länder, die in den Genuss von EZB-Anleihekäufen kommen wollen, müssen möglicherweise kein volles Hilfsprogramm bei EFSF oder ESM beantragen. Laut "Handelsblatt" reicht auch ein Antrag auf eine sogenannte Kreditlinie zu verbesserten Bedingungen (ECCL). Damit müssen die Länder nicht mehr tun, als die ohnehin mit der EU-Kommission vereinbarten Haushaltsziele einzuhalten.
Die Analysten der Commerzbank befürchten, dass die EZB-Politik Deutschland in 5 bis 10 Jahren zum Absturz bringt.
Moody's: Das Anleihenkaufprogramm der EZB wird die Schuldenkrise nicht lösen.
Sloweniens Finanzministerium: Es besteht kein Interesse an einem Hilfsprogramm, wir begrüßen jedoch die Anleihenkäufe durch die EZB.
Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker rechnet nicht mit einem Hilfsantrag aus Slowenien.
Investorenlegende Soros hat Deutschland dazu aufgefordert in der Euro-Krise die führende Rolle einzunehmen oder aus dem Euro auszutreten.
Dienstag, 11. September:
Spanien hat noch nicht über einen Antrag auf EU-Hilfen entschieden. Es müssten noch die Bedingungen geprüft werden, sagte Ministerpräsident Rajoy. Gleichzeitig stellte er klar, dass er von der EU keine Vorschriften für Sparmaßnahmen akzeptieren werde.
Nach Einschätzung des Grünen-Finanzexperten Gerhard Schick können Krisenländer auch gegen geringe Auflagen in den Genuss des neuen Anleihenkaufprogramms der EZB kommen. Eine erweiterte vorsorgliche Kreditlinie (ECCL oder PCCL) reiche aus. Der Bundesregierung seien in diesem Fall die Hände gebunden, sagte er dem "Handelsblatt" +++ Unions-Vize Michael Meister widerspricht. Eine Voraussetzung für EZB-Hilfen sei ein gebilligtes Reformprogramm von EFSF oder ESM, betonte er.
Griechenland: Die Troika hält einen Teil des Sparprogramms für ungenügend. Laut FTD bestätigten Vertreter der griechischen Regierungsparteien nun, dass es bei der Troika Zweifel an etwa 2 Milliarden Euro. Sparvolumen des insgesamt rund 11,5 Milliarden Euro umfassenden Sparprogramms gebe.
SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider ist skeptisch, ob die angekündigten Anleihenkäufe der EZB vernünftig sind. "Das kann kurzfristig wirken und helfen, den Druck von Spanien und Italien zu nehmen. Die EZB wird dann aber Hauptgläubiger dieser Staaten und ich sehe nicht, wie sie aus dieser Situation wieder herauskommen will", sagte er in der Phoenix-Sendung "Unter den Linden".
Nach Einschätzung des IWF ist die europäische Schuldenkrise noch lange nicht vorbei.
Bundeswirtschaftsministerium: Anleihekäufe am Sekundärmarkt, wie sie die EZB jetzt angekündigt hat, können allenfalls vorübergehend und bei krisenhafter Zuspitzung helfen, die Geldversorgung der Wirtschaft sicherzustellen +++ Dauerhafte Zinssubventionen für einzelne Länder würden Fehlanreize geben und sind nicht akzeptabel.
Nach Angaben des finnischen Ministerpräsidenten gibt es in Finnland keine Partei im Parlament, die den Euroraum verlassen will.
Bundesfinanzminister Schäuble: Es gibt keinen bequemen Weg durch die Krise, weder durch Vergemeinschaftung noch durch die Notenpresse.
Bundesfinanzminister Schäuble schließt neue Verhandlungen mit Athen aus. "Griechenland muss alle Verpflichtungen erfüllen". Gleichzeitig räumt Schäuble ein, dass Griechenland bereits beachtliche Schritte unternommen hat.
Bundesfinanzminister Schäuble: Der ESM kann angeschlagene Banken erst dann direkt rekapitalisieren, wenn die europäische Bankenaufsicht steht.
Nach Ansicht des finnischen Premiers Katainen sollte sich die Eurozone darauf konzentrieren, die verfügbaren Mechanismen zu nutzen, um zusätzliche Nothilfen für Krisenländer zu vermeiden. Als Beispiel nennt er das neue Programm der EZB zum Aufkauf von Staatsanleihen.
Griechenland: Haushaltsdefizit Januar bis August 12,4 Milliarden Euro nach 18,7 Milliarden Euro im Vorjahr.
EZB: Signifikante Fortschritte bei der Haushaltssanierung in Griechenland. Athen steht jedoch weiter vor großen Herausforderungen.
Troika gibt Portugal bei Haushaltssanierung mehr Zeit. Das Ziel eines Haushaltsdefizits von 3,0 Prozent des BIP muss von Lissabon nun nicht mehr 2013 sonders erst im Jahr 2014 erreicht werden. Zudem wurde das Defizitziel für 2012 von 4,5 Prozent auf 5,0 Prozent gelockert, für 2013 sind jetzt 4,5 Prozent statt 3,0 Prozent erlaubt.
EZB Asmussen: Anleihenkäufe sollen auf Bonds mit Laufzeiten von 1 und 3 Jahren begrenzt werden +++ Die EZB hat keinen bevorzugten Gläubigerstatus.
Mittwoch, 12. September:
Spanien: Ministerpräsident Rajoy erwägt einen Antrag auf Anleihekäufe durch die EZB. Ein vollständiges Rettungsprogramm komme jedoch nicht infrage, sagte er in einem Zeitungsinterview.
EU-Kommissionspräsident Barroso will Griechenland im Euro halten. "Wenn Griechenland zu seinen Verpflichtungen steht, sollte es in der Eurozone bleiben", sagte er am Mittwoch.
Bundesverfassungsgericht gibt mit Vorbehalten grünes Licht für den ESM. Der Finanzierungsanteil Deutschlands ist ohne weitere Zustimmung des Bundestages auf 190 Milliarden Euro begrenzt.
Griechenland: Troika fordert weitere Maßnahmen. So soll das Rentenalter von 65 auf 67 Jahre erhöht und die Sechs-Tage-Woche wieder eingeführt werden. Wenn nötig sollen Arbeitnehmer bis zu 13 Stunden am Tag arbeiten. Bis zum Jahresende sollen zudem 15.000 Stellen im staatlichen Sektor gestrichen werden.
Spanien: Ministerpräsident Rajoy hofft auf eine positive Entwicklung bei den Finanzierungskosten, um einen kompletten Rettungsantrag bei der EU vermeiden zu können.
Reuters: ESM-Kritiker Bosbach sieht Weg zu Transferunion geebnet: "Zwar hat Karlsruhe eine Haftungsobergrenzen von 190 Milliarden Euro eingezogen, aber auch darüber kann sich ja der Bundestag hinwegsetzen, wenn er das als notwendig erachtet".
Bundespräsident Gauck kann das genaue Datum für die Unterzeichnung des ESM noch nicht bestimmen +++Eurogruppenchef Juncker geht davon aus, dass der ESM im Oktober in Kraft treten wird.
S&P: ESM-Urteil hat keine Auswirkungen auf das Rating der Euroländer.
Kreise: Frankreich fordert Spanien dazu auf, EU-Hilfen anzunehmen.
US-Ökonom Kenneth Rogoff: Gefahr eines Auseinanderbrechens der Euro-Zone nach dem ESM-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorerst gebannt.
Kreise: Auf dem EU-Gipfel am 18.Oktober soll über die nächsten Hilfstranchen an Griechenland entschieden werden.
Griechenland: Laut Venizelos (PASOK) verlaufen die Gespräche mit der Troika sehr schwierig, es wird weiter auf eine 4-jährige Anpassungsperiode bestanden. Es sind noch viele Fragen offen.
Griechenland: Die Koalitionsregierung ist sich weiter uneinig über das neue Sparpaket. Wichtigster Streitpunkt sind die geforderten Entlassungen von 15.000 Beamten bis Ende des Jahres, sowie Kürzungen für Niedrigverdienende. Die Sozialisten und die Demokratische Linke lehnen dies ab.
Joachim Jahn, FAZ: Bei unvoreingenommener Lektüre des Urteils erklären die Richter schon die jetzige Praxis der Zentralbanker für illegal. "Ein Erwerb von Staatsanleihen am Sekundärmarkt durch die EZB, der auf von den Kapitalmärkten unabhängige Finanzierung der Haushalte der Mitgliedstaaten zielte, ist als Umgehung des Verbotes monetärer Haushaltsfinanzierung ebenfalls untersagt".
Donnerstag, 13. September:
Peer Steinbrück warnt nach dem ESM-Urteil vor neuen Risiken: "Jede Summe, die für Rettungsmaßnahmen genannt wurde, ist bald von einer anderen überholt worden. Niemand weiß, ob die Mauern inzwischen hoch genug sind", sagte der frühere Bundesfinanzminister (SPD) der "Passauer Neuen Presse".
Handelsblatt: Nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) wird der Schuldenstand in Deutschland bis Ende 2012 eine Höhe von 2,2 Billionen Euro erreichen und die Schuldenquote um 2,4 Punkte auf 83 Prozent des BIP steigen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält Klagen gegen die EZB wegen Anleihekaufprogramm für möglich.
Kataloniens Ministerpräsident Artur Mas: Spanien muss prüfen, ob es den Euro noch will +++ Katalonien und Spanien haben genug voneinander +++ Katalonien wird Spanien um fiskalische Souveränität bitten +++ Katalonien kann nicht weiter für den Rest Spaniens zahlen.
EZB-Monatsbericht: Der Ankauf von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt im Rahmen des neuen OMT-Programms ist keine Staatsfinanzierung +++ Durch das Anleihekaufprogramm sollen die Finanzierungsbedingungen der Realwirtschaft mit dem Leitzins in Einklang gebracht werden +++ Hohe Anleiherenditen beeinträchtigen die geldpolitische Transmission.
Italien: Staatsverschuldung sinkt im Juli auf 1,967 Billionen Euro (Vormonat: 1,973 Billionen Euro).
Nach Einschätzung der Prozessbevollmächtigten kann die Bundesregierung die vom Verfassungsgericht geforderte völkerrechtliche Klarstellung zur ESM-Haftungsbegrenzung bereits innerhalb weniger Tage erreichen. Die Bundesregierung müsse dazu nur eine entsprechende Erklärung abgeben und diese den anderen Vertragsparteien zur Verfügung stellen, so der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle zu Dow Jones Newswires. Ein Stillschweigen der anderen Vertragspartner gelte dann als Einverständnis.
Prozessbevollmächtigte der Bundesregierung halten es für unwahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht selbst eine inhaltliche Bewertung der EZB-Anleihekäufe vornehmen wird. Möglich sei nach Einschätzung der Experten eine Vorlage beim Europäischen Gerichtshof, so der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle zu Dow Jones Newswires.
Griechenland hat offenbar einen Großteil der vereinbarten Reformen und Einsparungen nicht umgesetzt. Nach Angaben eines IWF-Beamten wurden nur 22 Prozent der Programmziele erreicht, wie die Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires und das Wall Street Journal berichteten.
Bundespräsident Joachim Gauck hat die Gesetze zum Euro-Rettungsschirm ESM unterzeichnet.
Frankreich fordert Athen zur Einhaltung der Auflagen auf: "Dem erklärten Willen für Reformen müssen nun Taten folgen".
Portugal: Das Sparprogramm der Mitte-Rechts-Regierung hat die Unterstützung der stärksten Oppositionskraft verloren. Die Sozialistische Partei will gegen den Etatentwurf für 2013 stimmen. Der Chef der Partei Serguro stellte außerdem ein parlamentarisches Misstrauensvotum gegen die Regierung in Aussicht, falls die aktuelle Sparpolitik fortgesetzt werde.
Freitag, 14. September:
Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon sieht bei einer europäischen Bankenunion die deutschen Sparguthaben in Gefahr. "Es darf nicht sein, dass notleidende Banken im Ausland mit dem Geld gerettet werden, das wir zur Absicherung der Guthaben unserer hiesigen Kunden bereit halten", sagte er der "Bild"-Zeitung.
Der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark kritisiert die geplanten Anleihekäufe der EZB. "Geldpolitik kann und darf nicht an Bedingungen geknüpft werden. Indem eine Zentralbank ihr Handeln vom Verhalten Dritter abhängig macht, ist dies nicht mehr geldpolitisch begründbar", so Stark in einem Gastbeitrag für "Die Welt".
Eine von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy geleitete Reformgruppe hat Überlegungen über einen gemeinsamen Haushalt für die Euro-Zone angestellt. In einem Arbeitspapier sei von einem zentralen Budget die Rede, für das eventuell "begrenzt Schulden" aufzunehmen seien, berichtet das "Handelsblatt". Voraussetzung sei jedoch eine Vergemeinschaftung der Haushaltspolitik.
EZB-Chef Draghi: Ankündigung des Anleihekaufprogramms zeigt schon positive Ergebnisse. "Allein unsere Ankündigung sorgte dafür, dass weltweit das Vertrauen in den Euro zugenommen hat", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
Bundesfinanzminister Schäuble rechnet nicht damit, dass der ESM schon Anfang 2013 mit der direkten Rekapitalisierung von Banken beginnen kann.
Bundesfinanzminister Schäuble: Wenn Länder nicht in den ESM einzahlen, sinkt das Volumen des Rettungsschirms.
Einem Medienbericht zufolge will die spanische Region Andalusien die spanische Regierung um Nothilfen in Höhe von 2,4 Milliarden Euro bitten.
Griechenland erhält möglicherweise mehr Zeit zur Umsetzung des Sparprogramms. Griechenland habe einen "sehr ambitionierten Haushaltsplan" vorgelegt. "Wir werden den Griechen die Zeit geben, die sie dafür brauchen", sagte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter.
Nach den Worten des niederländischen Finanzministers könnte Griechenland mehr Zeit eingeräumt werden. "Wenn das Defizit wegen eines vorübergehenden wirtschaftlichen Abschwungs höher ausfällt als erwartet, könnte es etwas Zeit geben, aber kein zusätzliches Geld", sagte er am Freitag.
Bundesfinanzminister Schäuble verteidigt die Ankündigung der EZB, Staatsanleihen notfalls in unbegrenzter Höhe aufzukaufen. "Würde sie eine Summe nennen, wäre es eine Einladung an die Spekulanten dagegen zu spekulieren", sagte er im Deutschlandfunk +++ Die EZB werde keine Entscheidungen treffen, die zu Staatsfinanzierung führen. Die Notenbank habe kein Mandat dafür.
Spanische Banken haben sich im August 388,7 Milliarden Euro (Juli: 375,6 Milliarden Euro) von der EZB geliehen - ein neuer Rekordwert.
Spanien: Staatsverschuldung steigt im zweiten Quartal um 3,8 Prozent auf 804,4 Milliarden Euro. Die Schuldenquote ist mit 75,9 Prozent des BIP auf dem höchsten Stand seit 1995.
Eurogruppen-Chef Juncker: Griechenland muss in den nächsten Wochen entscheidende Schritte machen und muss sich vor allem auf die Ausgaben konzentrieren. Vor der 2. Oktoberhälfte keine Entscheidung zu Griechenland zu erwarten +++ Troika-Bericht liegt frühestens Anfang Oktober vor.
ESM-Chef Klaus Regling: ESM ab 8. Oktober einsatzbereit.
Eurogruppen-Chef Juncker: Spanien hat weitere Reformen zugesagt, sollte dies für das Erreichen der Schuldenziele nötig sein.
Unbestätigten Marktgerüchten zufolge soll Spanien kurz vor einem Downgrade durch eine Ratingagentur stehen.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.