Kommentar
15:35 Uhr, 02.01.2007

Euro-Fundamental: Gute Unterstützung von der Konjunktur

Euro-Höhenflug ohne konkreten Anlass

Nach der kräftigen Aufwertung des Euro Ende November zum Dollar hat die Gemeinschaftswährung im Dezember nur einen Teil der Kursgewinne wieder abgegeben. Zum Yen legte der Euro sogar noch weiter zu und stieg kontinuierlich auf neue Allzeithochs. Zwar war der Auslöser für die Dollarabwertung die Aussage von Vertretern der chinesischen Zentralbank über die Diversifizierung der Währungsreserven, allerdings beinhaltete diese Aussage nichts Neues. Dennoch reagierte der Markt im Zuge der Berichterstattung über die 1000 Mrd. USD übersteigenden Devisenreserven Chinas auf Änderungen im Reservenmanagement.

Konjunktur/Inflation: Stimmung glänzend

Die Stimmungsindikatoren aus Europa sind bis auf wenige Ausnahmen blendend. Das deutsche ifo-Geschäftsklima der gewerblichen Wirtschaft beendet das Jahr 2006 mit einem Anstieg auf ein neues Allzeithoch von 108,7 Punkten (siehe Schaubild auf Seite 2). Die Unternehmen lassen sich von der nahenden Konjunkturdelle nicht beeindrucken und setzen auf die Fortsetzung des Aufschwungs. Aber nicht nur die Stimmungsdaten sind glänzend. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt und die Produktion läuft auf Hochtouren. Im Dezember scheinen die erwarteten Preiserhöhungen vor der Anhebung der Mehrwertsteuer in Deutschland ausgeblieben zu sein, sodass die Inflation auch in Euroland gegen Jahresende unterhalb von 2 % verharrte. Für das Gesamtjahr 2007 erwarten wir einen Anstieg des HVPI um 2,1 %.

EZB: Bleibt in Zinserhöhungsstimmung

EZB-Präsident Trichet hat nicht nur seinen Dauerkritikern aus Frankreich, die aufgrund des festen Euro eine Beschneidung der Unabhängigkeit der EZB forderten, einen Dämpfer verpasst, sondern gleichzeitig auch die Bereitschaft der EZB für weitere Zinsanhebungen bekundet. Bundesbankpräsident Weber stieß in das gleiche Horn. Er warnte erneut vor Inflationsrisiken und unterstrich, dass die Geldpolitik immer noch expansiv wirke. Er sei zudem optimistisch, dass die Konjunktur in Deutschland die Mehrwertsteuererhöhung gut verkraften könne. Wir haben unsere Leitzinsprognosen revidiert und erwarten nun bis zur Jahresmitte 2007 zwei weitere Leitzinsanhebungen, die derzeit vom Markt nicht komplett eingepreist sind. Dies sollte dem Euro kurzfristig noch etwas Unterstützung bescheren und zu einer weiteren leichte Aufwertung führen.

Externe Position: Leichte Verbesserung

Die externe Position Eurolands hat sich seit Jahresmitte sukzessive verbessert. Gemessen an der rudimentären Zahlungsbilanz verbesserte sich der externe Saldo in der Zwölfmonatssumme im Oktober in die schwarzen Zahlen. Vor allem Mittelzuflüsse in Wertpapiere (Aktien und Renten) zeichneten für diesen Umschwung verantwortlich. Allerdings investieren europäische Firmen weiterhin im Ausland, sodass der Saldo der Direktinvestitionen negativ blieb. Gleichzeitig wies jedoch die US-Leistungsbilanz im dritten Quartal ein erneutes Rekorddefizit von über 225 Mrd. USDollar auf, sodass im Vergleich zu den USA die relative externe Position eine Stütze für den Euro sein sollte.

Finanzmärkte: Rekordhohe Euro-Longpositionen

Im Zuge der kräftigen Euro-Aufwertung haben auch die spekulativen Anleger an der Chicago Mercantile Exchange ihre Longpositionen im Euro deutlich ausgebaut. Wie das Schaubild verdeutlicht, stehen die Longpositionen nun nahe Rekordständen. Dies birgt bei zwischenzeitlich gedämpfteren Daten aus Euroland das Risiko einer heftigen Gegenreaktion, falls die Positionen zurückgefahren werden.

Prognose

Wir erwarten nach einer Auszeit im ersten Quartal eine Erholung der Konjunktur in Euroland. Die USA dürften ihre Schwächephase bereits hinter sich haben. Da wir im Jahresverlauf im weitesten Sinne Potenzialwachstum unterstellen, sehen wir keine zusätzlichem Impulse für eine weitere Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar in diesem Jahr.

Quelle: WGZ-Bank

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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