ETFs als Anlageansatz: Interview mit Alexander Etterer von Rödl & Partner
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Seit wann gibt es ETFs und welche Idee steckt dahinter?
Alexander Etterer:
Insbesondere haben institutionelle Investoren klare Rendite-/Risiko-Erwartungen betreffend ihre Vermögensanlagen. Traditionell werden Anlageportfolios aktiv gemanagt, d. h. man betreibt Research, holt Informationen ein, sucht interessante Produkte, entwickelt Anlage-Strategien etc. um Investitionen zu tätigen, die der Risiko-Rendite-Erwartung Rechnung tragen. Bereits in den 1970-er Jahren haben in Amerika institutionelle Investoren zunehmend existierende Aktien- oder Rentenindizes als Vergleichsmaßstab für Renditeerwartungen herangezogen; dabei wurde festgestellt, dass trotz umfangreichen und kostenintensiven aktiven Managements, in vielen Fällen die Rendite der aktiv-gemanagten Portfolios (nachhaltig) hinter der Entwicklung vergleichbarer Indizes zurückblieb. Daraus wurde die Idee geboren, dass aktive Management darauf zu beschränken, die Investments genau am Index auszurichten; hierfür waren keine besonderen Anstrengungen mehr nötig. Mit Vanguard hat dann eine bekannte große Investmentgesellschaft 1975 erstmals dieses innovative Investment.Konzept "Indexing" umgesetzt; das war die Geburtsstunde der ETFs.
Damit ist die Grundidee der ETFs die Verfolgung eines Investmentkonzepts, dass sich an existierenden Indizes (Aktien, Renten, Geldmarkt etc.) orientiert; daher auch der Begriff "Indexing". Ein Index ist somit Ausdruck einer objektivierten Erwartungshaltung für eine bestimmte Anlagenklasse, z. B. Aktien Europa. In Deutschland startete der ETF-Handel im April 2000 in Frankfurt, XTF-Segment der Deutschen Börse und feierte vor einigen Wochen seinen 8. Geburtstag.
Wie stellt sich die Idee des Indexing bzw. der ETFs aus heutiger Sicht für Investoren dar?
Alexander Etterer
In den letzten 20 Jahren haben die Banken und Investmentgesellschaften mit großem Aufwand die Bereiche Research, Instrumente, Marktverfolgung und Produkte ausgebaut; allein heute sind mehr als 8.500 Fonds im Markt und etwa 500.000 Zertifikate; das alles sind aktiv gemanagte Anlageprodukte. Wir analysieren Anlageportfolien und Vermögensverwaltungskonzepte seit vielen Jahren. Unsere tägliche Beratungspraxis zeigt, dass nur ganz wenige Anlagemanager die Benchmark (im Sinne von vergleichbaren Indizes, z. B. für ein Aktien-Europa-Investment ist Benchmark DJ Euro Stoxx 50) schlagen. Im Markt wird davon gesprochen, dass etwa 90 % der aktiv gemanagten Produkte schlechter als Vergleichsindizes sind; aktuelle Untersuchungen unseres Hauses belegen diese Aussage. Nicht nur deshalb ist die Idee des Indexing bzw. daraus entwickelter Anlageprodukte, der ETFs, aktueller denn je.
Worin liegen die Gründe, warum viele aktiv gemanagte Portfolien die Märkte nicht schlagen?
Alexander Etterer
Aktives Management bedeutet i. d. R. hohe Kosten, da eine umfangreiche Infrastruktur, bestehend aus Gebäuden, Personal, EDV/IT (Finanzinformationssysteme) etc. notwendig ist; diese Kosten müssen auf die Produkte umgelegt bzw. erst verdient werden. Trotz aller Technik, Research und Erfahrungen ist es nach wie vor schwer, die künftige Entwicklung der Märkte zu prognostizieren. Wir erleben ja täglich, wie zutreffend bspw. die Wettervorhersage ist. Darüber hinaus sind viele Fonds-Manager sehr jung. Sie verfügen zwar über ein großes theoretisches Wissen, sind von den besten Investmentschieden der Welt, es mangelt ihnen aber an Lebenserfahrung. Wir erleben in unserer täglichen Praxis immer mehr, dass viele der vorgeschlagenen Vermögensverwaltungskonzepte zu kurz am Markt notieren, um verlässliche Aussagen über Rendite-/Risikoverhalten in schwierigen Marktsituationen zu erhalten. Oft werden die Konzepte nur auf Basis von sog. „Backtestings“ initiiert. In der Praxis werden diese, meist tollen Ergebnisse, häufig nicht von der tatsächlichen Managementleistung bestätigt. Darüber hinaus sind oft die gemanagten Portfolios sehr wenig diversifiziert.
Alexander Etterer
Die Bequemlichkeit und geradezu unendliche Geduld der Anleger, schlechte Performance zu akzeptieren ist ein weiteres Problem. Insbesondere haben semi-professionelle Anleger, wie z. B. Stiftungen und Kommunen, oft keine Möglichkeit zur objektiven Performancebeurteilung. Damit einher gehen fehlendes Risikomanagement bzw. nachhaltiges Controlling der Anlagen durch die Anleger.
Was steckt hinter einem ETF und welche Vorteile sind damit verbunden?
Alexander Etterer:
Ein ETF – ist nichts anderes als ein börsengehandelter Investmentfonds, dessen Grundlage ein allgemein anerkannter Index ist. Beispielsweise der DAX oder EuroStoxx. Mit einem ETF kauft der Anleger sozusagen immer den Markt, da ein Index niemals nur eine Aktie oder Rentenanleihe abbildet, sondern sich aus der Entwicklung aller Papiere in dem betreffenden Markt ableitet. Damit kann mit einer Börsentransaktion ein ganzer Korb von Wertpapieren vom Anleger erworben werden; d. h. er diversifiziert seine Anlagen und streut damit das Risiko.
Die größten Vorteile der ETFs gegenüber dem üblichem Anlagemanagement liegt vor allem in einer sehr geringen Kostenstruktur. Die Gesamtkosten für ETFs liegen je nach Anlageregion zwischen 0,10 und 0,80 %. Ein Investment in den DJ EuroStoxx 50 oder in den DAX kann bereits mit einer Gesamtkostenbelastung von ca. 0,15 bis 0,20 % p.a. getätigt werden. Ein weiterer Vorteil liegt in der hohen Flexibilität. ETFs können jederzeit, d. h. alle 15 Sekunden, ge- und verkauft werden. Komplizierte Organisationsstrukturen im Sinne von Spezialfondsmanagement mit KAG, Depotbank und Manager entfallen. Der ganze administrative Aufwand kann auf ein Minimum beschränkt werden. Langwierige und oft nicht unkompliziert bzw. unangenehme Managerwechsel entfallen. Darüber hinaus tragen ETFs auch dazu bei, dass das Risikomanagement und das damit verbundene Controlling sehr effizient gestaltet werden kann. Der Anleger weiß zu jedem Zeitpunkt, in welche Aktien, Renten oder sonstigen Investments er mit ETFs investiert ist und wie hoch seine Risiken sind. Bisher war es dem Anleger nur möglich, durch ein tägliches Verbuchen der getätigten Transaktionen des Anlagemanagers einen vollständigen Überblick über das Vermögensmanagement zu erhalten. Mit ETFs hat der Investor ein Höchstmaß an Transparenz in seinem Depot.
Wie beurteilen Sie das Marktpotential von ETFs in Deutschland, insbesondere für institutionelle Investoren?
Alexander Etterer:
Anleger in den USA haben den Trend zu passiv gemanagten Fonds längst erkannt!
von jedem US Dollar, der in die Fondsindustrie in den Staaten fließt, gehen 30 bis 35 % in passive Anlageinstrumente bzw. in klassische ETFs. Jüngsten Studien zur Folge sind institutionelle Investoren mit ca. 2,9 % ihrer Vermögen in ETFs investiert. Im Jahr 2010 sollen 7,5 % aller institutionellen Gelder in ETFs investiert sein. Die Marktentwicklung wurde weniger durch die Finanzindustrie als vielmehr durch den aufgeklärten Anleger getrieben. Die Gründe liegen vor allem darin, dass immer mehr Anleger mit den Leistungen Ihrer Vermögensverwalter unzufrieden sind. Darüber hinaus mangelt es an der nötigen Transparenz, vor allem im Hinblick auf die geforderten Risikomanagement- und Controlling-Pflichten von kommunalen Anlagedepots bzw. Stiftungsdepots. Eine immer stärker werdende Aufklärungsarbeit und Informationsvielfalt der Medien trägt auch einen großen Teil dazu bei. Das hat auch uns schon 2003 veranlasst, unseren Mandanten mit einer umfangreichen ETF-Broschüre über diese Produkte zu informieren und Aufklärungsarbeit zu leisten. Im Nachgang dazu haben wir weitere Bücher und Informationen veröffentlicht.
Wie werden ETFs im Anlagemanagement von Anlegern eingesetzt?
Alexander Etterer
Mit Blick auf ETFs spricht man heute von drei Generationen:
1. Generation: Aktien-ETFs auf Standardindizes, wie DowJones, DAX, EuroStoxx
2. Generation: Renten- und Rohstoff-ETFs (seit etwa 2004); dazu haben sich Sektoren-ETFs herausgebildet; z. B. ETF auf Emerging Markets
3. Generation: Strategie-ETFs. Diese basieren weniger auf dem ursprünglichen Index, sondern mehr auf anderen bestimmten Merkmalen, wie z. B. Dividenden, Value, Growth, Short etc. In diesem Fall erfahren die ETFs eine gewisse aktive Komponente. Eine weitere Form der Strategie-ETFs sind Produkte, die auf zwei oder mehreren reinen ETFs basieren, beispielsweise man kombiniert einen Aktien-ETF (EuroStoxx) mit einem Renten- oder Geldmarkt-ETF. Je nach Marktlage wird zusätzlich das Verhältnis von Aktien- bzw. Geldmarktanteil variiert. Gegenüber einem reinrassigen Aktien-Index-Investment, kann dadurch das Rendite-Risiko-Profil deutlich verbessert werden. So schichtet dieser Strategie-ETF bei schwierigen Börsensituationen automatisch das Kapital in die Geldmarktkomponente.
Das Problem ist, dass die ETFs v. a. der neuen dritten Generation immer komplexer und für Anleger immer schwerer zu durchschauen werden. So gesehen spiegeln nicht ale ETFs der 3. Generation auf den ersten Blick nicht unmittelbar die Präferenzen der Anleger wider. Unsere Untersuchungen zeigen, dass aber Strategie-ETFs, die auf der Kombination von "reinen" ETFs aufbauen, eine sinnvolle Weiterentwicklung des ETF-Gedankens, insbesondere für Anlagedepots von Stiftungen und Kommunen, sein können.
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