Analyse
10:11 Uhr, 13.02.2009

Erholung der Aktienkurse bleibt realistisch

Externe Quelle: Hypovereinsbank UniCredit

Im Vergleich zu den während der letzten 18 Monate in den USA unternommenen Stützungsmaßnahmen für den Finanzsektor und den Häuser- bzw. Hypothekenmarkt (Zinssenkungen, Steuersenkungen, Erleichterungen für überschuldete Haushalte, Bailouts, Rekapitalisierungen, Verstaatlichung der GSE’s, Einführung zahlreicher Fazilititäten durch die Fed, Paulson Plan, etc.) hat der skizzierte Geithner-Plan die mit Abstand negativste Marktreaktion hervorgerufen. Auch wenn zahlreiche Details und die letztliche Effektivität der geplanten Initiativen noch fraglich sind, stellen die Maßnahmen eine Fortsetzung der im Oktober begonnenen, entschlossenen Bekämpfung der Bankenkrise „mit allen Mitteln“ dar. Zudem erhöht die schwache Reaktion der Wall Street auf die Bekanntgabe den Druck auf die Regierung zu einer schnellen Konkretisierung der Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund geben wir dem Plan den „Benefit of the Doubt“ und gehen davon aus, dass dem Versprechen der US-Regierung, alles zu tun was notwendig ist, entsprechende Taten folgen werden. Für die Aktienmärkte wird dabei insbesondere entscheidend sein, ob die Details zu dem Public-Private Investment Fund – im Gegensatz zum Paulson Plan – eine überzeugende Perspektive für eine Entlastung des Bankensektors von Toxic Assets in Aussicht stellen. Als Vorteil könnte sich dabei erweisen, dass die Erwartungen gegenwärtig sehr niedrig aufgehängt sind, was Spielraum für positive Überraschungen durchaus ermöglicht, auch wenn ein Urteil über den Erfolg sehr wahrscheinlich erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein wird.

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Trotz unserer Erwartung weiter fallender Gewinnschätzungen sehen wir unverändert gute Chancen für eine nachhaltige Stabilisierung der Aktienmärkte. Angesichts massiver Enttäuschungen bei den Unternehmensgewinnen und einer noch nie zuvor beobachteten Heftigkeit von Abwärtsrevisionen in den I/B/E/S-Konsensschätzungen bewegen sich die globalen Aktienmärkte dennoch bereits seit rund 4 Monaten seitwärts. Dies unterstreicht unsere Argumentation vom Oktober, dass die Aktienmärkte bereits eine sehr weitreichende Verschlechterung der Fundamentaldaten eingepreist haben. Ein Vergleich über die letzten 10 Jahre anhand des DAX zeigt zudem, dass die Konsens-Gewinnschätzungen an zyklischen Wendepunkten einen nachlaufenden Charakter aufweisen, was nichts anderes bedeutet, als dass die Aktienkurse bereits zu steigen beginnen dürften, bevor der Boden in den Gewinnschätzungen erreicht ist. Die Anzeichen für eine anhaltende Stabilisierung von Realtime-Konjunkturindikatoren (Rohstoffpreise, Frachtraten) unterstützen unsere Erwartung eines deutlichen Nachlassens des abwärtsgerichteten Gewinnrevisionstrends in H2. Sobald der freie Fall in den Frühindikatoren (wie etwa den Auftragseingängen) sich nicht mehr fortsetzt, dürften die Anzeichen für eine derartige Entwicklung in den 12M FWD EPS deutlich zunehmen. In diesem Szenario ist es wahrscheinlich, dass sich die Aktienkurse bereits in H1 positiv entwickeln, was exakt unser Bild ist. Ein absehbar werdender Boden in den Gewinnschätzungen würde zudem mittelfristig die Chancen für einen Anstieg der Bewertungen in Richtung der vor der Kreditkrise üblichen Ranges verbessern.

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Unser Kursziel für den STOXX 600 kann eine weitere Revision der 2010er Gewinnschätzungen um ca. 25% verkraften. Das KGV des STOXX 600 liegt aktuell bei rund 9 Punkten, nachdem es von Mitte 2002 bis Ende 2007 überwiegend zwischen 12 und 13,5 geschwankt hat und im letzten Jahr ein historisches Tief von 7 erreichte. Unterstellt man gemäß obiger Argumentation (Auslaufen des negativen Gewinnrevisionsmomentums aufgrund wieder zunehmender Visibilität, Vorwegnahme einer zyklischen Erholung der Gewinnbasis durch steigende Bewertungen) bis Ende 2008 eine Rückkehr in die Mitte dieser Range (Ziel-KGV: 12,75), so könnten die aktuellen 2010er Gewinnschätzungen (die zum Jahresende identisch mit den 12M FWD EPS sein werden) noch um rund 25% nach unten revidiert werden, ohne dass unser Jahresend-Kursziel von 230 Punkten für den STOXX 600 gefährdet ist. Diese Argumentation zeigt, dass für die Entwicklung der Aktienmärkte in diesem Jahr weniger die Dynamik des drohenden und noch nicht in den Konsensschätzungen berücksichtigten Gewinnrückgangs in 2009, sondern das Niveau der Gewinnbasis für 2010 entscheidend sein wird. Dies betont nochmals die Bedeutung der Annahme einer Rückkehr zu positiven BIP-Wachstumsraten in 2010 für den Aktienmarktausblick.

Fazit: Unser Szenario einer allmählichen Aufhellung des Umfelds für die Aktienmärkte ist intakt. Wir denken unverändert, dass sich die globalen Aktienmärkte in einer komplexen Bodenbildungsphase befinden. Es kann noch einige Wochen/Monate dauern, bevor sich ein wirklich nachhaltiger Aufwärtstrend herauskristallisiert, aber die Bewertungen von Aktien haben auf dem aktuellen Niveau bereits so viel an negativen Nachrichten vorweggenommen, dass sich das Chance Risiko-Profil der Assetklasse bereits sehr stark verbessert hat. Dies hatten wir Mitte Oktober zum Anlass genommen, Aktien von untergewichten auf übergewichten hochzustufen. Wir empfehlen dabei, weiter mögliche Kursrücksetzer für ein schrittweises Anheben der Aktienquote auszunutzen.

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