Kommentar
11:15 Uhr, 25.05.2004

Ereignisse am Ölmarkt trendbestimmend

In der abgelaufenen Börsenwoche konnte der seit der letzten Aprilwoche etablierte Abwärtstrend an den internationalen Aktienmärkten gestoppt werden. Die von Saudi-Arabien im Vorfeld eines informellen Opec-Treffens in Amsterdam am Wochenende geforderte Erhöhung der Produktionsquoten um insgesamt 2,3 bis 2,5 Mill. barrel pro Tag stieß zwar bei den Ländervertretern von Venezuela, Iran und Libyen auf taube Ohren. "In den USA geht man aber offenbar von der Bereitschaft Saudi-Arabiens aus, unter Umständen im Alleingang bis zu zwei Mill. barrel mehr zu produzieren", sagt ADIG-Fondsmanager Klaus Breil. "Selbst wenn es in der offiziellen Opec-Sitzung am 3.Juni in Genf zu keiner Einigung käme, würde Saudi-Arabien damit nach klassischem Muster früherer Ölkrisen zu starke Preissprünge am Rohölmarkt verhindern können", so der Fondsmanager weiter. Diese Ereignisse haben, nachdem der Preisanstieg für Rohöl in den Vorwochen zunehmend im Fokus der Anleger stand, sicherlich zur stabileren Verfassung der Aktienmärkte in der Vorwoche beigetragen. Zudem haben die Ölpreise ihren Auftrieb der Vorwochen angesichts dieser Ereignisse nicht mehr weiter fortgesetzt. Während der japanische Aktienmarkt mit Indexavancen von mehr als 3% sehr positiv auf nach oben gerichtete Revisionen der BIP-Zahlen des ersten Quartals sowie auf unerwartet günstige Unternehmensresultate reagierte, waren die Eurolandaktienmärkte - gemessen am EuroSTOXX-Index - nahezu im Vorwochenvergleich gehalten.

In den USA rettete sich Wall Street nach einem schwachen Wochenstart doch noch nahezu unverändert ins Wochenende. Mit dem Auslaufen aggressiver Verkaufsprogramme wurden wichtige Unterstützungslinien erfolgreich getestet. Derzeit halten sich die positiven Aktienmarkt-Argumente (Gewinnzuwachsraten bei den Unternehmen, nachhaltiges Wirtschaftswachstum) und die Risikofaktoren (Ölpreisanstieg, bevorstehende Zinswende) die Waage und lassen den Aktienmarkt somit eher seitwärts tendieren. Insofern verwundert nicht, dass schwächere Konjunkturindikatoren wie die rückläufigen Frühindikatoren Leading Indicator vom Conference Board, der Empire State Manufacturing sowie der Philly Fed zur Diskussion anregen, ob die Zinsängste nicht zu überzogen sind. Dies sorgte dann für eine kurzfristige Entspannung bei den Anlegern. "Die Rede des Gouverneurs Bernanke, Mitglied der Fed, dämmte die Zinsängste ein, indem er die Option moderat steigender Leitzinsen für eher wahrscheinlich erachtet", sagt USA-Experte Klaus Breil. "Zudem wies er darauf hin, dass ein Großteil der vor Zinswenden charakteristischen Aktienmarkt-Verluste bereits in den Märkten eingepreist sei." Im Gegensatz dazu konnten wieder einmal gute Gewinnberichte von Applied Materials, Hewlett Packard und Home Depot keine nachhaltigen positiven Gesamtmarktimpulse bieten.

Europa meldete insgesamt eher positive Konjunkturindikatoren. Im Gegensatz zu Deutschland, wo sich die Lageeinschätzung laut ZEW-Indikator nochmals verschlechtert hat - lediglich die Erwartungskomponente ist angestiegen - ist in Euroland dieser Indikator leicht angestiegen und bewegt sich deutlich über der 50er Marke, wodurch positives Wachstum angezeigt wird. Zwar hat die Industrieproduktion in Euroland im März mit -0,2% eher enttäuscht, die Jahresveränderungsrate blieb aber mit +1% gegenüber Februar unverändert. In Deutschland ist im Februar die Zahl der Konkurse erstmals seit mehr als vier Jahren zum zweiten Mal in Folge zurückgegangen. Das belgische Pharma- und Chemieunternehmen UCB übernimmt das größte britische Biotechnologieunternehmen Celltech, wobei es sich um eine Übernahme gegen bar handelt. Von der Geschäftsentwicklung von Unternehmensseite kamen überwiegend günstige Meldungen. British Airways konnte im Geschäftsjahr 2003/2004 auf Grund eines starken Kostenabbaus und einer stärkeren Nachfrage nach Flugreisen einen um 70% höheren Gewinn nach Steuern erzielen. Die in 2001 von British Telecom abgespaltene Mobilfunktochter MMO 2 hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 1,2 Mill. neue Kunden gewonnen und erstmals einen Gewinn erwirtschaften können. Die britische Supermarktkette Sainsbury musste allerdings einen Ertragsrückgang auf Grund des Verlustes von Marktanteilen hinnehmen.

In Japan gerieten die Quartalsdaten für das Wachstum des BIP für die Anleger zu einem starken Kaufimpuls. Die zweitgrößte Industrienation verzeichnete mit einem Quartalswachstum von 1,4% erneut einen - auch im Vergleich zu den USA - überraschend starken Anstieg des BIP, der zudem immer stärker von allen Komponenten in der Breite getragen wird. Dies hat auch schon am Arbeitsmarkt sichtbare Beschäftigungsimpulse zur Folge. Positive Zahlen aus der US-Halbleiterindustrie gaben insbesondere auch Elektronikaktien wie Tokyo Electron oder Kyocera kräftige Anregungen.

Ausblick

Aktienmärkte kurzfristig eher in abwartender Haltung

In dieser Woche treten in den USA die Konjunkturdaten wieder stärker in Erscheinung. Eher unspektakulär dürfte am Donnerstag die erste Revision des BIP für das 1. Quartal ausfallen. Dabei ist mit leichten Steigerungen beim privaten Verbrauch und bei der Lagerhaltung sowie einer negativen Entwicklung beim Außenbeitrag mit insgesamt eher kompensierender Wirkung zu rechnen. Bei den Auftragseingängen für langlebige Wirtschaftsgüter wird nach dem starken Anstieg im Vormonat ein Rückgang um 1% erwartet. Andererseits sind auch von den über die Woche verteilten Konsumenten-Vertrauensindizes keine überraschenden Implikationen auf den Markt zu erwarten. Größeres Interesse sollten erst wieder die nationalen Einkaufsmanagerindizes in der übernächsten Woche auf sich ziehen. Insgesamt stehen nach dem erfolgreichen Test wichtiger Unterstützungslinien die Chancen auf eine technisch induzierte Gegenbewegung gut. "Dabei gelten die Jahreshochs als Zielmarke zunächst noch als sehr ambitioniert", so ADIG-Fondsmanager Klaus Breil. "Für eine nachhaltige Anstiegsbewegung sehen wir erst wieder Chancen, wenn die Meinung von Herrn Bernanke bei den Anlegern zunehmend Anerkennung findet." Andererseits sind von der Unternehmensseite erste positive Impulse zu erwarten, wenn ab Mitte Juni die Gewinnwarnungsphase für das 2. Quartal beginnt. "Ein von uns erwartetes Ausbleiben negativer Überraschungen wird dann den aufwärtsgerichteten Gewinntrend bestätigen", sagt USA-Experte Breil.

In Europa sind in der laufenden Börsenwoche vor allem Stimmungs- und Frühindikatoren zu erwarten, die möglicherweise Hoffnungen auf eine allmähliche Konjunkturbelebung in Euroland aufkeimen lassen. Trendbestimmend bleibt aber vorerst die weitere Entwicklung der Ölpreise. Ein Großteil der Unternehmensdaten - Jahres- und Quartalsergebnisse - sind bereits publiziert. Jahresabschlüsse bzw. Quartalszahlen kommen von Marks&Spencer, Vodaphone und Vivendi.

In Japan stehen Arbeitsmarkt- sowie Preisdaten an. Die Einzelhandelsumsatzzahlen April werden zeigen, ob es gelingt, die japanischen Konsumenten weiter aus ihrer jahrelangen Kaufzurückhaltung zu locken. Nach wie vor bleibt Japan ein Markt mit Aufholpotenzial.

Quelle: ADIG

Die ADIG Allgemeine Deutsche Investment-Gesellschaft mbH, Fondstochter der Commerzbank, wurde 1949 gegründet. Das verwaltete Fondsvermögen beträgt mehr als 24,6 Mrd. Euro in 270 Publikumsfonds. Die Aktivitäten der ADIG werden seit kurzem unter dem Dach der COMINVEST Asset Management GmbH geführt.

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