Kommentar
10:47 Uhr, 10.08.2004

Entwicklung bei Yukos beeinflusst den Ölpreis

In der letzten Woche gaben die US-Aktienmärkte nach und der S&P500 (-3,4%) musste die herbsten Wochenverluste seit zehn Monaten einstecken. Neben einigen Enttäuschungen auf der Gewinnseite litten Aktien unter dem weiteren Anstieg des Ölpreises, nachlassenden Verbraucherausgaben und äußerst schwachen Beschäftigungszahlen. So gering wie seit 14 Monaten nicht mehr wuchs im Juni das persönliche Einkommen, während die privaten Ausgaben den stärksten Rückgang seit September 2001 verzeichneten. Außerhalb der Landwirtschaft wurden im Juni 32.000 neue Jobs geschaffen, erwartet hatte der Konsens 240.000. Das schürt neben den schwachen Verbraucherausgaben Zweifel an der Nachhaltigkeit der Konjunkturerholung. Inzwischen haben 447 der im S&P500 vertretenen Unternehmen ihre Quartalszahlen vorgelegt und alles in allem die Erwartungen um 0,48% unterschritten - möglicherweise das erste Mal seit 2002. Hinzu kommt, dass der Kern-PCE-Deflator (die von Alan Greenspan bevorzugte Kennzahl zur Inflationsmessung) ebenfalls schwächer ausfiel als erwartet und damit Spekulationen Vorschub leistet, die Fed könnte die Zinsen möglicherweise langsamer anheben als bislang gedacht. Wie erwartet, legten hingegen die beiden ISM-Umfragen innerhalb und außerhalb des verarbeitenden Gewerbes zu: erstere befindet sich inzwischen seit 14 Monaten in Folge über der Marke von 50, die Expansion signalisiert, und seit neun Monaten über der Mark von 60. Das ist die längste Phase über dieser Marke seit 1973/74.

Da sich der Nachfrageausblick im In- und Ausland zusehends eintrübt, gaben japanische Aktien in der letzten Woche nach. Anzeichen einer Wachstumsabschwächung in den USA vermiesten Exportunternehmen die Stimmung, während im Inland die Löhne im Juni gegenüber dem Vorjahr um 2,4% niedriger ausfielen. Außerdem brachen die Ausgaben der Haushalte stärker ein als erwartet und kehrten erstmals seit November wieder in den negativen Bereich zurück.

Auch die europäischen Aktienmärkte gaben nach, ausgelöst durch Bedenken mit Blick auf die Unternehmensgewinne sowie den hohen Ölpreis, der zu einer Gefahr für die Inflation und die Verbraucherausgaben wird. Hingegen sorgten die Einkaufsmanagerindizes in Deutschland für positive Überraschung, gleichzeitig aber enttäuschte die Dienstleistungskomponente in Frankreich. Euroland als Ganzes entsprach den Erwartungen, während die Verarbeitende Industrie in Großbritannien besser abschnitt als erwartet. Die Bank von England straffte die Zinszügel erneut und hob die Zinsen um 0,25% auf 4,75% an. In ihren Begleitkommentaren räumte sie allerdings ein, dass sich der Verbrauch und auch der Immobilienpreisanstieg endlich zu verlangsamen scheinen. In Großbritannien, Deutschland und Italien konnte die Industrieproduktion im Juni nicht mit den Analystenerwartungen Schritt halten, während der Einzelhandel in Euroland stärker als erwartete Zuwächse verzeichnen konnte.

In der Region Asien-Pazifik kletterte der Hang Seng-Index nach oben, angeführt von HSBC (+2%), das ein Rekordergebnis zum ersten Halbjahr vorlegte. In Südkorea schwächte sich das Vertrauen der Wirtschaft und der Verbraucher ab, letzteres auf den tiefsten Stand seit vier Jahren. Der Kospi-Index schloss mit einem Minus von 0,2%.

Einen deutlichen Anstieg verzeichneten in der letzten Woche die Staatsanleihemärkte, die damit den Vorgaben aus den USA folgten, wo zunächst der schwache PCE-Deflator und dann die enttäuschenden Beschäftigungszahlen vermuten lassen, dass die Fed ein gemäßigteres Tempo bei ihren Zinserhöhungen vorlegen könnte.

An den Devisenmärkten schwächte sich der US-Dollar ab, denn die Konjunkturdaten sowie der Zinsausblick schmälern sein Renditepotenzial und lassen Zweifel an den US-Wachstumsprognosen aufkommen.

Am Donnerstag kletterte der Ölpreis an den Rohstoffmärkten auf ein Allzeithoch. Grund waren Berichte, die Behörden hätten die Bankkonten der russischen Ölgesellschaft Yukos beschlagnahmt. Die erwies sich jedoch als reine Spekulation und angesichts schwacher Beschäftigungszahlen gab der Ölpreis wegen der erwarteten geringeren Nachfrage wieder nach.

Trotz schwieriger Erholung nachhaltiges Wachstum in Sicht

Der Übergang von der Erholungs- zur Expansionsphase gestaltet sich turbulenter als erwartet und im Frühsommer legte die Wirtschaft eine kleine Verschnaufpause ein. Dies zwingt Teilnehmer an den Rentenmärkten nun dazu, den Zinsausblick angesichts enttäuschender Konjunkturdaten neu zu bewerten. Als Folge dieser Neubewertung schwindet das Wertpotenzial an den Rentenmärkten. Nach wie vor aber ist eine Anhebung der Leitzinsen in den USA in dieser Woche sehr wahrscheinlich. Wir gehen deshalb auch weiter davon aus, dass die Zinsen schrittweise auf normaleres Niveau zurückkehren werden, wenn sich die Sommerflaute verabschiedet hat und die Wirtschaft zu nachhaltigem Wachstum zurückfindet. Bedingt durch die Reaktion an den Rentenmärkten am letzten Freitag stieg die Bewertung zehnjähriger US-Treasuries wieder auf ein deutlich überbewertetes Niveau.

Quelle: Merrill Lynch Investment Managers

Merrill Lynch Investment Managers (MLIM) wurde 1976 gegründet und ist mittlerweile eine der größten Investmentfirmen der Welt. Das verwaltete Vermögen beträgt rund 500 Mrd. US-Dollar (per 31. Dezember 2003). Als das Tochterunternehmen für Vermögensverwaltung von Merrill Lynch verfügt MLIM über eine breite Auswahl an prämierten Anlagefonds und umfassenden Einblick in die Märkte.

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