Energiesektor: Vollgas voraus
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Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage verspricht gute langfristige Aussichten für Energieaktien: Die Ölförderung wird zunehmend schwieriger und teurer; die Neuproduktion reicht kaum aus, um rasch versiegende Quellen zu ersetzen; aus politischen und anderen Gründen wird es kaum zu einer bedeutenden Kapazitätsausweitung kommen, und Chinas und Indiens unstillbarer Energiehunger sowie das stetige globale Wachstum schüren die Nachfrage nach Öl. Unser langfristiger Ausblick für den Energiesektor ist entsprechend positiv.
Nachdem der Ölpreis im vergangenen Juli ein Rekordhoch von 77 USD pro Fass erreichte, fiel er bis Ende des Jahres deutlich zurück und begann das Jahr 2007 bei etwa 58 USD pro Fass. Aktuell liegt der Ölpreis bei mehr oder weniger 68 USD pro Fass und damit etwa 16% bis 17% höher als zu Jahresbeginn, aber immer noch 12% unter dem im vergangenen Juli erreichten Höchststand. Wir führen den Rückgang des Ölpreises und die damit verbundenen Wertverluste einiger Energietitel in der zweiten Jahreshälfte 2006 auf saisonale Faktoren sowie die ruhige Sturmsaison 2006 zurück. Mit Schulbeginn im Herbst nahm die Reisetätigkeit ab, und auf die milden Herbstmonate folgte zur Jahreswende 2006/2007 der wärmste Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Nach der heftigen Hurrikansaison 2005 blieb der Golf von Mexiko mit seinen Förderanlagen und Raffinerien im vergangenen Jahr größtenteils unbeschadet. Zugleich kam es zu einer leichten Entspannung der politischen Lage im Nahen Osten.
Eingeschränkte Kapazitätsreserven
Anzeichen einer kurzfristigen Ausweitung der globalen Ölproduktionskapazitäten, die sich aktuell auf 88 Millionen Fass pro Tag belaufen, sind nicht erkennbar. Angesichts eines globalen Ölverbrauchs von 86 Millionen Fass pro Tag ist das Verhältnis von Nachfrage zu Produktionskapazität mit 97%- 98% aktuell enger als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt seit den 1970er Jahren. Während die Nicht-OPEC-Produktion sich in diesem Jahr größtenteils entsprechend der zunehmenden globalen Nachfrage entwickeln dürfte, sehen wir für die Jahre 2008 und 2009 kaum Anzeichen für eine Ausweitung der OPEC-Produktion. Wie im Jahr 2006 könnte es auch für den Rest des Jahres 2007 relativ ruhig an der Ölpreisfront bleiben. Zusammen mit der Schwierigkeit, die globale Ölproduktion zu ersetzen, dürfte die Nachfrage aus China und Indien die Energiepreise und Kurse der Energietitel in den Jahren 2008 und 2009 in die Höhe treiben.
Globales Wachstum schürt Nachfrage
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Nachfrage nach Energie nachlässt, erscheint äußerst gering. China und Indien allein verzeichnen zweistellige gesamtwirtschaftliche Wachstumsraten. Etwa die Hälfte der Zunahme des globalen Energieverbrauchs seit 2000 entfällt auf diese beiden Länder, deren Energiehunger noch lange nicht gestillt zu sein scheint. Den Prognosen des IMF zu Folge wird die Weltwirtschaft in den Jahren 2007 und 2008 um fast 5% zulegen – und jede Ausweitung des globalen Bruttoinlandsprodukts um 2% erfordert 1 Million zusätzliche Fass Öl pro Tag. Kein Zweifel: Die Nachfrage nach Energie wird weiter zunehmen.
Ausblick für Erdgas
Auf lange Sicht erscheint auch das Verhältnis von Angebot zu Nachfrage im Erdgasbereich sehr eng. Obwohl die Nachfrage nach Erdgas in den vergangenen 10 Jahren relativ stabil geblieben ist, haben umweltpolitische Erwägungen und andere Faktoren die Bedeutung von Erdgas erhöht. Zum Ende des vergangenen Winters waren die Erdgasvorräte höher als normal, aber niedriger als im Jahr 2005. Der leichte Erdgasüberschuss in Nordamerika ist vor allem auf die warmen Winter der Jahre 2005 und 2006 zurückzuführen. Angesichts der geschätzten jährlichen Abbauraten von etwa 30-35% der Produktionskapazität, was doppelt so hoch wie im Jahr 1990 (17%) ist, wird ein Vorratsüberschuss an Erdgas jedoch in jedem Fall kurzfristig sein. Unser positiver Ausblick für Erdgas gründet auch auf der Erwartung, dass die Erdgasimporte aus Kanada und dem Golf von Mexiko niedriger ausfallen werden.
Dienstleister profitieren
Solange die Nachfrage nach Energie das Angebot übersteigt, ist der Anreiz für die Industrie, neue Ölquellen aufzutun und zu entwickeln, enorm. Insbesondere internationale Ölkonzerne im Staatsbesitz investieren aktuell große Summen in eine Ausweitung ihrer Kapazitäten. Ein großer Anteil dieser Mittel fließt direkt den Öldienstleistern zu. Die Multiplen der Öldienstleistungstitel sind in den vergangenen 12 Monaten gesunken, so dass diese Titel trotz des fortgesetzten Ertragswachstums der Unternehmen mittlerweile günstiger sind als noch vor einem Jahr. Außerdem sind die Aktien von Öldienstleistern nur selten mit einem Abschlag gegenüber dem S&P 500 gehandelt worden. Daher sind wir sehr optimistisch für diese Branche.
Gute Alternativen?
Das Investmentuniversum im Bereich der alternativen Energien, das u.a. verflüssigtes Erdgas (LNG), Nuklearenergie und „grüne” (Ethanol) Unternehmen umfasst, bietet ebenfalls gute Investmentgelegenheiten, aber nur für Investoren, die bereit sind, ihre Hausaufgaben zu erledigen. Viele Unternehmen mit Aktivitäten in diesen Bereichen schreiben derzeit noch rote Zahlen und werden vielleicht nie die Gewinnzone erreichen. Andere wiederum profitieren allein von Slogans wie „Green is Good Business”.
Mit Blick auf die aktuell heißen politischen Themen – CO2 und Treibhausgase – ist Nuklearenergie der eindeutige Sieger. Trotz der damit verbundenen negativen Assoziationen können Nuklearkraftwerke auf kleinstem Raum enorme Mengen an Energie herstellen, ohne Treibhausgase freizusetzen.
Angesichts des erwarteten Anstiegs der Flüssiggasimporte gehört LNG zu den größeren Anlagestorys im Bereich der alternativen Energie. Die mit Erdgas verbundenen CO2-Emissionen liegen um ein Drittel unter den Kohle-Emissionen und sind nur halb so hoch wie die Emissionen aus Öl. Außerdem lässt sich Wasserstoff für Brennstoffzellen deutlich günstiger aus Erdgas als aus Wasser gewinnen.
Ein weiterer alternativer Energieträger, Ethanol, verätzt Pipelines und muss daher auf der Straße oder der Schiene transportiert werden, was wiederum die Frage der Energieeffizienz aufwirft. Ebenfalls nachdenklich stimmt die Tatsache, dass hier Nahrungsmittel verbrannt werden, um Energie zu produzieren, sowie die damit verbundenen Risiken für die Preisstabilität. Und schließlich kann ein Auto mit einem Liter Ethanol weitaus weniger Kilometer zurücklegen als mit einem Liter Benzin.
Fazit
Die KGVs im Energiesektor sind derzeit zum Teil so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr. In den vergangenen 12 bis 18 Monaten sind die Bewertungskennzahlen größtenteils gesunken. Und obwohl der Ölpreis im Jahr 2007 weitgehend unverändert bleiben könnte, lassen Angebots- und Nachfragefaktoren weitere Zugewinne für Energietitel in den Jahren 2008 und 2009 erwarten. Damit wäre dies ein guter Zeitpunkt für ein Engagement in dieser Branche.
Quelle: INVESCO
INVESCO zählt als Teil der AMVESCAP Gruppe zu den führenden Asset Managern weltweit. Zusammen mit den Schwesterunternehmen verwaltet INVESCO weltweit über 490 Milliarden Euro (Stand: 31.5.2007). Über 5.000 Mitarbeiter, darunter rund 500 Investmentspezialisten, sind in 19 Ländern im Einsatz.
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