Kommentar
15:59 Uhr, 18.03.2021

Elektroautos: Jedes zweite Unternehmen ein Betrug?

Der Shortseller Hindenburg Research schlägt wieder zu. Nach Nikola wird nun Lordstown ins Visier genommen. Das Fazit ist vernichtend.

Erwähnte Instrumente

  • Lordstown Motors Corp.
    Kursstand: 15,090 $ (NASDAQ) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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  • Lordstown Motors Corp. - Kurs: 15,090 $ (NASDAQ)

2020 konnte man mit Elektroautos richtig viel Geld verdienen. Fast ein Dutzend Unternehmen ging über Blankoscheckfirmen (SPAC) an die Börse. Da sich der Sektor in einem Hype befindet, konnten Anleger profitieren. Einer der ersten Börsengänge war der von Nikola. Nikola wollte den Markt richtig aufmischen und mit Brennstoffzellen den Lkw-Markt revolutionieren. Der Kurs stieg von 10 auf 80 Dollar. Im September 2020 wurde eine wegweisende Partnerschaft mit General Motors angekündigt. Der Kurs, der zu diesem Zeitpunkt bei 35 Dollar stand, sprang auf 50 Dollar. Dann kam Hindenburg Research. Heute steht der Kurs bei 16 Dollar. Hindenburgs Fazit war damals: Nikola hat die Technologie nicht, Vorbestellungen sind teils fabriziert und überhaupt sei das Unternehmen ein Betrug. Nikola bleibt Anlegern den Beweis des Gegenteils noch schuldig. Das ist auch bei Lordstown so...

Das Fazit geht aber nicht ganz so weit wie bei Nikola. Lordstown dürfte allerdings deutlich weniger weit sein als angekündigt. Im September sollen die ersten Fahrzeuge produziert sein. Die Produktion steht bei weitem nicht und der Prototyp konnte gerade einmal 10 Minuten fahren, bevor es abbrannte.

Lordstown Motors Corp.
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An Ambition mangelt es Lordstown nicht. Bereits 2024 sollen über 100.000 Fahrzeuge produziert werden. Innerhalb von vier Jahren ein solches Ziel zu erreichen, ist fast unmöglich. Tesla brauchte für diesen Meilenstein deutlich länger. Wenn es einen Maßstab gibt, dann ist es Tesla.

Als Lordstown an die Börse ging, stellte es bis 2024 einen Umsatz von 5,77 Mrd. in Aussicht (siehe Grafik). Was Anleger bereits damals hätte stutzig machen können: die Investitionen (Capex) liegen bei 235 Mio. über fünf Jahre. Lordstown hat eine alte Fabrik von General Motors erworben und dafür sogar 40 Mio. erhalten. Mit 235 Mio. an Investitionen lässt sich trotzdem wenig bewirken und schon gar nicht der Markt revolutionieren.


Lordstown mag früher oder später trotzdem erfolgreich sein. Der bisherige Erfolg wurde jedoch übertrieben. Das größte Problem ist, dass Lordstown praktisch keine Abnehmer hat. Die 100.000 Vorbestellungen sind wohl eine Fantasiezahl.

Die Bestellungen sind zwar eingegangen, doch das will nicht viel heißen. Ein Unternehmen mit 2 Mitarbeitern tätigte eine Vorbestellung von 14.000 Fahrzeugen. Wenn also nicht jeder der zwei Mitarbeiter 7.000 Fahrzeuge gleichzeitig fährt, ist das eine Fantasiezahl.

Vorbestellungen sind ohnehin immer mit Vorsicht zu genießen. Bei Lordstown besteht absolut keine Verbindlichkeit. Jeder kann beliebige Zahlen bestellen ohne irgendeine Verpflichtung zu haben. Wie echt die Bestellungen sind, kann man sich denken, zumal Lordstown dafür gezahlt haben soll, dass Firmen bestellen...

Viele der jungen Unternehmen, die sich bei Anlegern großer Beliebtheit erfreuen, haben vermutlich geschönte Zahlen, Bestellungen und Prognosen vorgelegt. Wie viele sich am Ende tatsächlich als Betrug herausstellen, bleibt abzuwarten. Nach Nikola ist Lordstown das zweite prominente Unternehmen, das nicht das ist, was es vorgibt zu sein. Es wird nicht das letzte sein über das wir im Zusammenhang mit Betrug hören werden. So verlockend die Aussicht auf hohe Renditen sind: Anleger tun gut daran, Aktien von Unternehmen zu kaufen, die bereits Autos ausliefern.

Clemens Schmale


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Über den Experten

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Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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