Elderson: Gesellschaft muss sich auf Klimawandel vorbereiten
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DJ EZB/Elderson: Gesellschaft muss sich auf Klimawandel vorbereiten
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones) - Der jüngste Klimabericht der Vereinten Nationen deutet nach Aussage von EZB-Direktor Frank Elderson darauf hin, dass sich die Erwärmung der Erde nicht wie angestrebt auf 1,5 Grad Celsius begrenzen lassen wird, sondern bestenfalls auf 2,9 Grad. Elderson, der stellvertretender Chef der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, sieht deshalb bereits jetzt tiefgreifende Folgen, die sich sowohl auf die Angebots- als auch auf die Nachfrageseite der Wirtschaft auswirken werden. Folgende Punkte zählte er in einer Rede beim Delphi Economic Forum auf:
1. Ressourcen müssten für den Schutz der Bürger und der Gesellschaft vor zunehmenden Klima- und Naturgefahren wie Waldbränden, Dürren und Überschwemmungen bereitgestellt werden.
2. Die Wirtschaft werde in dem Maße, in dem die Zunahme der Gefahren nicht mehr vermieden werden könne, für die kritischen Bedürfnisse sorgen müssen, die von der Europäischen Umweltagentur als gefährdet eingestuft werden. "Insbesondere die Aufrechterhaltung einer angemessenen Nahrungsmittelproduktion, Wasserverfügbarkeit und Gesundheitsversorgung wird wesentlich mehr Ressourcen erfordern, als diese Sektoren derzeit erhalten", sagte der EZB-Direktor.
3. Die Wirtschaft wird Elderson zufolge über die Befriedigung dieser kritischen Bedürfnisse hinaus einen weiteren Strukturwandel erfahren, da sich sowohl die Präferenzen als auch die Produktionsmöglichkeiten ändern. Der Tourismus sei ein Beispiel dafür, dass derzeit beliebte Reiseziele in Zukunft nicht mehr in gleichem Maße gefragt oder gar zugänglich sein würden. "Ein weiteres Beispiel ist der internationale Handel, der möglicherweise gezwungen sein wird, sich neu zu entwickeln, wenn bestehende Routen und Häfen nicht mehr zur Verfügung stehen und andere eröffnet werden." Außerdem werde es zu einer Umverteilung zwischen den Sektoren kommen, wobei einige zu den Verlierern gehörten, während andere davon profitierten, ähnlich wie es nach der Pandemie und der Energiekrise passiert sei.
4. Die Wirtschaft laut Elderson widerstandsfähiger gegen die Zunahme von Klima- und Naturgefahren gemacht werden. "Der bestehende Kapitalstock - einschließlich der Häuser der Menschen - muss modernisiert und angepasst werden, mit allen damit verbundenen höheren Strukturkosten". Um diese Widerstandsfähigkeit zu erreichen, könne es sogar erforderlich sein, einen Teil des Kapitalstocks physisch zu verlagern, um die Nähe zu Gebieten zu vermeiden, die den Gefahren stark ausgesetzt sein würden.
"Auch wenn die für das Klima und die Natur zuständigen Politiker rechtlich verpflichtet sind, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, und auch wenn sie sich verpflichtet haben, diese Ziele zu erreichen, sind sie ebenso verpflichtet, sich auf die Risiken vorzubereiten, die vor ihnen liegen", sagte Elderson. Schließlich müsse die gesamte Welt ihren Verpflichtungen nachkommen, und es sei nicht sicher, dass sie das wirklich tue. "Kritische Schwellenwerte sind möglicherweise bereits überschritten worden", warnte Elderson.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/kla
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