Kommentar
15:40 Uhr, 30.04.2007

Einzelhandelsumsatz - das verlorene Quartal<br />

1. Gemäß der heutigen Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes sank der reale Einzelhandelsumsatz im März unerwartet um 0,7 % mom. Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten mit gutem Grund im Mittel mit einem Anstieg um 0,8 % mom gerechnet. Das Vorjahresniveau wird kalender- und saisonbereinigt um 0,8 % unterschritten. In seiner weiten Abgrenzung – einschließlich des Kfz-Handels – nahm der reale Einzelhandelsumsatz um 0,4 % mom zu. Es kam zu bedeutenden Revisionen: So stellen sich der Jahresendspurt im Dezember mit Weihnachtsgeschäft und Vorzieheffekten sowie der Umsatzeinbruch zu Jahresbeginn 2007 nun besser dar.

2. Mit den heutigen Daten steht das erste Quartal – zumindest bis zur nächsten Revision. Klar ist: Es war ein verlorenes Quartal für den Einzelhandel. In der weiten Abgrenzung (einschließlich des Kfz-Handels) sank der Einzelhandelsumsatz um 7,3 % qoq. Das gab es in der gesamtdeutschen Historie noch nie. Nach Vorzieheffekten, die dem Durchschnitt früherer, aber geringerer Mehrwertsteuererhöhungen entsprechen, kam es zu einem weit überdurchschnittlichen Einbruch des Einzelhandels im ersten Quartal. Theoretisch müssten sich Vorzieh- und Ausfalleffekte die Waage halten. Je nach Konjunkturphase und Umfeldbedingungen können die Ausfälle jedoch auch stärker oder schwächer ausfallen. Gegenwärtig waren die Umfeldbedingungen eher gut: Deutschland befindet sich im Aufschwung, die Preiseffekte der Mehrwertsteuererhöhung blieben dank rückläufiger Energiepreise im Verborgenen und entsprechend gut gelaunt zeigen sich die Haushalte. Insofern ist der überdurchschnittlich starke Nachfrageausfall im ersten Quartal erstaunlich.

3. Was bedeutet das für den privaten Konsum im ersten Quartal? Der dramatische Rückgang des Einzelhandelsumsatzes deutet zunächst auf einen sehr starken Einbruch des privaten Konsums hin. Selbst wenn man berücksichtigt, dass sich die Entwicklung nicht 1:1 übertragen lässt, müsste theoretisch eine Schrumpfung des privaten Konsums um über 1½ % qoq erwartet werden.

4. Gleichzeitig müsste der schwache Konsum im vierten Quartal 2006 nach oben revidiert werden. Die Tatsache, dass dieser nur um 0,3 % qoq angestiegen war, kontrastiert scharf zu dem kräftigen Plus im Einzelhandelsumsatz von 2,3 % qoq.

5. Wie geht es weiter? Alles spricht dafür, dass der Konsum sich nach dem katastrophalen ersten Quartal wieder fangen wird. Der Arbeitsmarkt verbessert sich kontinuierlich, und das nicht nur quantitativ. Waren es nämlich anfangs fast ausschließlich Zeitarbeitsstellen, die geschaffen wurden, so nimmt deren Anteil am Beschäftigungsaufbau seit Monaten spürbar ab. Inzwischen melden alle Wirtschaftsbereiche einen Stellenaufbau. Damit ist die Erholung am Arbeitsmarkt mehr und mehr mit einer höheren Einkommensgenerierung und mit einer größeren Arbeitsplatzsicherheit verbunden. Hinzu kommen hohe Tariflohnabschlüsse, die – bei allen damit verbundenen Problemen –, zunächst zusätzliche Einkommen schaffen und damit die Konsumfähigkeit der Haushalte stärken. Die Rechnung dafür wird erst später serviert werden. Der Erholung des Konsums nach dem verlorenen ersten Quartal steht daher nichts im Wege.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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