Kommentar
11:44 Uhr, 24.05.2005

Eine Flaute, aber noch lange keine Talfahrt

Starke Kursgewinne kennzeichneten die US-Märkte in der letzten Woche. Rückläufige Ölpreise und besser als erwartete Inflationszahlen sorgten für kräftigen Rückenwind und stärkten das Vertrauen der Anleger. Sowohl im Februar als auch im März machte der Verbraucherpreisindex (CPI) einen Sprung nach oben. Ohne die stark schwankenden Lebensmittel- und Energiepreise aber lag der Preisauftrieb im April nahezu bei null. In den letzten Wochen wurden die Märkte von der Angst vor einem Inflationsanstieg in Atem gehalten, der, so die Befürchtung der Anleger, aggressivere Zinserhöhungen durch die US-Notenbank (Fed) nach sich ziehen könnte. Beflügelt wurde die gute Stimmung der Anleger auch durch die Meldung, dass die chinesische Industrieproduktion im April um 16% gestiegen ist. Ein Übriges taten Unternehmens-nachrichten wie Fusionen und Übernahmen sowie Pläne über Aktienrückkäufe.

Die japanischen Aktienmärkte beendeten die Woche im Minus. Hierbei konzentrierten sich die Verluste auf den Wochenanfang. Ab Donnerstag konnten die Märkte dank des aufgehellten US-Ausblicks einen Teil des verloren gegangenen Bodens wieder gutmachen. Zwar fielen die Zahlen zur Binnenwirtschaft durchweg positiv aus. Im ersten Quartal beispielsweise stieg das BIP um 1,3% und damit deutlich stärker als erwartet. Die Märkte aber hatten offenbar Zweifel daran, ob dieser Positivtrend von Dauer sein würde. Deshalb wurde die Stimmung weiter von den Ereignissen in den USA bestimmt.

Auch die europäischen Märkte folgten den Vorgaben aus den USA. Sie legten zu trotz einer gewissen Verunsicherung im Vorfeld der beiden Referenden zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden am 29. Mai bzw. 1. Juni. Der DAX verbesserte sich um 2,0% und der französische CAC-40 Index um 1,9%. In Großbritannien stieg der FTSE 100 um 1,7%. An allen europäischen Märkten machten Telekomaktien Boden gut.

Die asiatisch-pazifischen Aktienmärkte schwammen im Fahrwasser des US-Marktes. Koreas Aktienmarkt kletterte um 3,1% nach oben, wobei sich Exporttitel dank der guten Stimmung aus den USA an die Spitze setzten. Zugewinne erzielten auch taiwanesische Technologiewerte, der Markt als Ganzes aber verlor 0,4%. Auch den Emerging Markets kam das gestärkte Anlegervertrauen zugute. Während der brasilianische Bovespa-Index um 2,7% stieg, verbesserte sich der mexikanische Bolsa-Index um 4,3%. Unter den europäischen Emerging Markets schloss der russische RTS-Index mit einem Plus von 1,2%, die Warschauer Börse erzielte einen Anstieg um 2,6%.

Im Wochenverlauf traten die Renditen an den Staatsanleihemärkten nahezu auf der Stelle. Die positiven Inflationszahlen hätten eigentlich einen Renditeanstieg nach sich ziehen müssen, ihnen gelang es aber nicht, die anhaltende Nervosität der Anleger mit Blick auf die Hedgefonds-Branche und den High Yield-Markt wettzumachen.

Vergleichsweise ruhig verlief der Handel an den Devisenmärkten. Hieran änderten auch die anhaltenden Spekulationen über eine Neubewertung des Renminbi nichts. In der letzten Woche setzte sich der Preisrückgang an den Rohstoffmärkten fort. Zum Wochenschluss verbilligte sich Öl weiter, denn die Vorräte in den USA verharrten auf hohem Niveau und die OPEC ließ verlauten, dass sie Produktionskürzungen derzeit für unnötig halte. Derweil drückte der stärkere US-Dollar auf den Ölpreis.

Eine Flaute, aber noch lange keine Talfahrt

Weltweit setzten die Aktienmärkte in der letzten Woche zur Erholung an, denn Anleger begrüßten die deutlich über den Erwartungen liegenden April-Inflationszahlen. Nun dürften Anleger das Fed-Protokoll zur Mai-Sitzung, das für morgen erwartet wird, auf mögliche Hinweise bezüglich des weiteren Vorgehens in der Geldpolitik und auf Anzeichen für ein Ende der Flaute in der US-Wirtschaft unter die Lupe nehmen. Aber noch kann keine Entwarnung gegeben werden. Auf der anderen Seite schließen sich die positiven Inflationszahlen nahtlos an andere optimistische Indikatoren zur Lage der US-Wirtschaft an. So nimmt die Beschäftigung zu, die starken Einzelhandelsumsätze setzen sich fort und das US-Handelsdefizit hat sich spürbar verringert. Diese Anzeichen eines kontinuierlichen US-Wachstums bestärken uns zusammen mit den positiveren Inflationszahlen in der Einschätzung, dass die US-Wirtschaft auf Wachstumskurs bleibt.

Quelle: Merrill Lynch Investment Managers (MLIM)

Merrill Lynch Investment Managers (MLIM) wurde 1976 gegründet und ist mittlerweile eine der größten Investmentfirmen der Welt. Das verwaltete Vermögen beträgt rund 500 Mrd. US-Dollar (per 31. Dezember 2003). Als das Tochterunternehmen für Vermögensverwaltung von Merrill Lynch verfügt MLIM über eine breite Auswahl an prämierten Anlagefonds und umfassenden Einblick in die Märkte.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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