Nachricht
08:48 Uhr, 10.04.2024

Ein Fünftel der Menschen in Deutschland von Armut bedroht

FRANKFURT (Dow Jones) - In Deutschland sind 2023 gut 17,7 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht gewesen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, waren das 21,2 Prozent der Bevölkerung. Gegenüber dem Vorjahr blieben die Werte nahezu unverändert. Eine Person gilt in der EU als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wenn mindestens eine der folgenden drei Bedingungen zutrifft: Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung. Für jede dieser Lebenssituationen kann jeweils der Anteil der Betroffenen an der Bevölkerung ermittelt werden.

2023 war etwa jede siebte Person (14,3 Prozent der Bevölkerung oder knapp 12,0 Millionen Menschen) in Deutschland armutsgefährdet. 2022 hatte die Armutsgefährdungsquote 14,8 Prozent betragen. Nach EU-SILC gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Äquivalenzeinkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2023 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland netto (nach Steuern und Sozialabgaben) bei 1.310 Euro im Monat (Äquivalenzeinkommen), für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren lag er bei 2.751 Euro im Monat. Um das Einkommen vollständig zu erfassen, wird das Jahreseinkommen erfragt. Dadurch beziehen sich die Fragen zum Einkommen auf das Vorjahr der Erhebung, in diesem Fall also auf das Jahr 2022.

6,9 (2022: 6,2) Prozent der Bevölkerung oder 5,7 Millionen Menschen in Deutschland waren 2023 von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen. Das bedeutet, dass ihre Lebensbedingungen aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln deutlich eingeschränkt waren. Die Betroffenen waren zum Beispiel nicht in der Lage, ihre Rechnungen für Miete, Hypotheken oder Versorgungsleistungen zu bezahlen, eine einwöchige Urlaubsreise zu finanzieren, abgewohnte Möbel zu ersetzen oder einmal im Monat im Freundeskreis oder mit der Familie etwas essen oder trinken zu gehen.

9,8 (9,8) Prozent der Bevölkerung unter 65 Jahren oder 6,2 Millionen Menschen in Deutschland lebten 2023 in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung. Das heißt, die Haushaltsmitglieder waren insgesamt sehr wenig oder nicht in den Arbeitsmarkt eingebunden. Nach EU-SILC liegt diese Situation vor, wenn die Erwerbsbeteiligung der erwerbsfähigen Haushaltsmitglieder im Alter von 18 bis 64 Jahren im Vorjahr der Erhebung insgesamt weniger als 20 Prozent betrug. Dies war zum Beispiel der Fall, wenn in einem Haushalt mit zwei Personen in dieser Altersgruppe eine Person überhaupt nicht arbeitete und die andere insgesamt nur in vier von zwölf Monaten erwerbstätig war.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/brb

Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.