Kommentar
15:13 Uhr, 10.01.2017

Drama am US-Immobilienmarkt?

Der Case-Shiller National Home Price Index verzeichnete zwischen Ende der 1990er Jahre und dem Jahre 2006 einen sehr starken Anstieg der Immobilienpreise. Dies führte zu einer Immobilienblase in den USA welche sich dann 2007 in eine weltweite Finanzkrise auswuchs.

Gastbeitrag des Guidants-Experten Dr. Christoph Bost

Viele Akteure am Immobilienmarkt übersahen die Preisblase aber regelrecht, weil sie nicht davon ausgingen, dass Immobilienpreise über einen längeren Zeitraum so drastisch sinken können, sind Immobilien bei den Amerikanern doch genau so beliebt und gefragt wie bei uns Deutschen.

Die Hausbesitzerquote war in den Vereinigten Staaten bereits 1997 vor der Immobilienblase mit 65,7 % relativ hoch. Bis 2005 stieg die Quote auf 68,9 % (die Zahl der Eigenheimbesitzer stieg dabei aufgrund der günstigen Darlehenskonditionen und der Darlehenszusagen selbst an Einkommensschwache wie z.B. Hispanics oder Afroamerikaner welche keinerlei Sicherheiten vorweisen konnten) um 11,5 %.

Der Anstieg war am größten im Westen der USA, bei Menschen unter 35 Jahren, bei Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen und bei Hispanics und Afroamerikanern. Die steigenden Immobilienpreise sorgten dann auch dafür, dass selbst Fehlinvestitionen zu keinen größeren Verlusten führten und man somit noch ungebremster in die Krise schlitterte. Nach der über Jahre hinweg stattfindenden Aufweichung der Kreditvergabestandards folgte dann im Jahr 2006/2007 der große Crash, ein sogenannter „Minsky-Moment“. Denn die Liquidität am Markt versiegte und eine Refinanzierung wurde in vielen Fällen unmöglich.

Das Ende des Liedes ist heute im Jahr 2017, dass viele Eigenheimbesitzer zahlungsunfähig wurden und Ihre Häuser verloren. Somit wurden sie letztendlich von Hausbesitzern zu Mietern.

Die Eigenheimquote fiel zuletzt in Amerika auf ein 50-Jahrestief. Doch wer besitzt dann heute diese vielen Eigenheime?

Die Obama-Regierung hat mithilfe von Gesetzesänderungen dafür gesorgt, dass Hedgefondsmanager, institutionelle Anleger und Private-Equitiy-Unternehmen den Immobilienmarkt billig aufkaufen konnten. Die Ironie des Schicksals sorgte in unzähligen Beispielen sogar dafür, dass viele vorherige Besitzer dann zu Mietern des ehemaligen Heims wurden.

Da das Geschäft mit den Immobilien in den USA ebenso wie in Amerika boomte und boomt, stiegen die Mieten in Folge vielerorts genau so drastisch wie in Deutschland. Ein normaler Mittelständer in den USA verdient pro Monat nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsleistungen ca. 2.000 USD pro Monat. Aufgrund der rapide steigenden Mieten wird es für die Mittelschicht in Amerika daher nicht mehr länger möglich sein, diese zu bedienen denn bereits jetzt benötigen über 11 Millionen Amerikanern mehr als die Hälfte des Einkommens für die Bedienung der Mietkosten. Dies hat nun zur Konsequenz, dass bis zu einem Viertel der Mietimmobilien vor einer Zwangsräumung stehen. American Homes 4 Rent, einer der größten Immobilienbetreiber des Landes, und die Firma HavenBrook haben vor kurzem für ca. 25 % aller unter eigener Verwaltung stehender Immobilien im ganzen Land Zwangsräumungen vor Gericht beantragt.

Diese neue brisante Situation führte nun unter anderem auch dazu, dass viele Wähler Donald Trump wählten. Denn er soll ja jetzt nun den so nötigen „Change“ herbeiführen.

Ist es nun wieder eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ein „Immobilienmogul“ für sinkende Mietpreise bzw. einen Wechsel sorgen soll? Muss man Donald Trump doch als sogenannten „Immobilienmogul“ auch unterstellen, dass er von diesen ungünstigen Entwicklungen ebenso profitiert hat?

Fakt ist, dass die sogenannten „Immobilienhaie“ in den vergangenen Jahren mit Hilfe von diversen undurchsichtigen Zertifikaten und Terminmarktmodellen (an denen sich die „Immobilienhaie“ eine goldene Nase verdient haben) die heutigen Wähler Trumps doch erst in diese Misere geführt haben.

Dr. Christoph Bost
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