Kommentar
10:01 Uhr, 13.12.2016

Draghis Geldpolitik unterbindet Reformen

Die EZB hat getagt und die Deutschen haben bei der EZB nichts mehr zu sagen. Die EZB erhöht ihre Anleihekäufe um weitere 540 Milliarden Euro und erreicht somit ein Gesamtvolumen von 2.280 Milliarden Euro.

Gastbeitrag des Guidants-Experten Dr. Christoph Bost

Dies entspricht pro Euro-Bürger einen Betrag von rund 5.000 Euro und bedeutet, dass die EZB rund 15 % aller heutigen Anleihen der Staaten, Unternehmen und Banken im Euroland besitzen wird. Der Zinssatz soll bei 0 % bleiben und sie selbst ist sogar bereit Papiere mit Negativzinsen zu erwerben, was entsprechend bedeutet, dass die EZB von vornherein Verluste in Kauf nehmen muss.

Darauf angesprochen meinte EZB Chef Draghi: „Das macht ja nichts!“ Er schert sich auch in keiner Weise darum, wen er mit seiner Geldschwemme Schaden zufügt und dass er wirtschaftliche Prozesse einfach auf den Kopf stellt, ist er doch bereit bestimmten Kreditnehmern für das Schuldenmachen uneingeschränkt Geld zu bezahlen.

Hierbei ignoriert er über Jahrzehnte von der Wissenschaft errungene Erkenntnisse, z.B. dass die Geldpolitik erst mit einer deutlichen Zeitverzögerung wirkt. Obwohl er selbst eine steigende Inflation auf 1,7 % prognostiziert, hat er seine Geldschwemme erneut massiv ausgeweitet. Er treibt damit die Zerstörung der Marktwirtschaft immer weiter voran. Begründen tut er diese Vorgehensweise mit der Notwendigkeit der lockeren Geldpolitik um die wirtschaftliche Erholung im Euroraum zu sichern. Dies ist allerdings nicht seine ursprüngliche Aufgabe.

Er erreicht damit primär, dass Regierungen notwendige Reformen unterlassen und inzwischen wieder verstärkt die Finanzierung des Staatshaushaltes auf Pump bevorzugen, kostet dies doch nichts! Seine Lippenbekenntnisse bzw. Bitten an die Regierungen doch etwas zu tun werden von diesen nicht nur ignoriert sondern im günstigsten Fall belächelt. Dies belegt die absolute Unfähigkeit des EZB-Chefs seiner Aufgabe gerecht zu werden. Wie schnell die Inflation anziehen kann belegt bereits der Anstieg der Produzentenpreise in der Eurozone, waren sie im August noch bei -0,2 % steigen sie bereits im Oktober um 0,8 %. In China standen sie über Jahre im negativen Bereich, erreichten vor drei Monaten wieder die Pluszone und sind nun inzwischen bei einer Inflation 3,3 % angekommen. Auch dies interessiert den EZB Chef nicht! Er registriert zwar, dass der Basiseffekts beim Ölpreis die Inflation leicht anziehen lassen dürfte, das Anspringen der Weltkonjunktur auf Basis der letzten Einkaufsmanagerindizes ignoriert er hingegen.

Wahrscheinlich ist ihm das Wohlergehen seiner Heimat Italien ein Primärziel. Nach der Abwahl von Matteo Renzi wird es für Italien noch schwieriger Anschluss an die Entwicklung in der Eurozone zu halten geschweige denn Reformen umzusetzen. Nach dem Scheitern des Referendums kam es bereits zum Kurssturz der Bank Monte dei Paschi.

Die Bank benötigt zwingend 4 Milliarden Euro frisches Kapital und verkörpert lediglich einen Börsenwert von 500 Millionen Euro. Nun konnte man die Anleihebesitzer dazu bringen ihre Schuldverschreibungen in Aktien umzutauschen, wodurch der Kapitalbedarf auf 3 Milliarden Euro gesenkt werden könnte. Nach Renzis Rücktritt sind aber keine weiteren Kapitalgeber zu finden, hat die Bank doch bereits zuvor 8 Milliarden Euro frisches Kapital sinnlos verbrannt! Das Tauziehen um die Sanierung der Krisenbank hält an. Muss die Regierung doch stützend eingreifen und damit EU Recht brechen (Bail-in) oder wird es EZB Chef draghi doch noch gelingen die Bank vor dem Konkurs zu bewahren? Mit seiner Geldpolitik ist es aber gelungen eine, wie die FAZ (10. Dezember) schreibt, „unheimliche Hausse der Bankaktien“ herbeizuführen, was wiederum die Voraussetzungen für Kapitalerhöhungen deutlich verbessert. Die Deutsche Bank kann seit ihrem Tiefstand inzwischen rund 80 % Kursgewinne verzeichnen. Wieder einmal belegt diese EZB Politik also, dass man Vermögende noch reicher macht, denn die Bankaktien ziehen die Aktienindices nach oben, während der Sparer in die Röhre schaut.

Die Regierungen fordern ihre Bürger auf selbst für das Alter mit vorzusorgen, gleichzeitig steuert die EZB aber über Jahre eine Nullzinspolitik und dann wird bei einigen Regierungen auch noch eine Vermögenssteuer diskutiert! Dies sind sicher ideale Voraussetzungen um Anleger zu motivieren zu sparen. Leider sind die meisten EU-Bürger keine Beamten! Zu Recht fordert die OECD eine Gleichstellung von Pensionären und Rentnern, klaffen diese doch in einigen wenigen Ländern der Eurozone weit auseinander, insbesondere in Deutschland.

Während der Staat seinen Beamten bei einer Nullzinspolitik die Pensionen sogar günstig finanziert bereitstellen kann gilt dies zum Beispiel für Betriebsrenten nicht. Lag zum Beispiel bei einem Vertragsabschluss (Eintrittsalter 30 Jahre, 37 Jahre Laufzeit) im Jahr 2003 und einer monatlichen Einzahlung von 200 Euro bei Rentenbeginn die monatliche Auszahlung noch bei 710 Euro, sind bei einer neuen Police ab 2017 nur noch 254 Euro garantiert. Bei 20 Jahren Rentenbezug wäre dies eine Reduktion von mehr als 100.000 Euro wie die Deutsche Gesellschaft für betriebliche Altersvorsorge berechnet hat. Ähnlich schwierig stellt sich die Situation für den Privatanleger dar, zumindest der Sparer sitzt über Jahre hinweg auf dem Trockenen.

Dabei ist nicht einmal gesichert, dass diese Milliarden, Entschuldigung Billionen der EZB, tatsächlich den in Aussicht gestellten Nutzen bringen werden. Das Risiko dieser Geldbombe darf nicht unterschätzt werden. Bisher ist zumindest nicht erkennbar, dass die Regierung die Chance nutzt und Reformen anstößt. Italien selbst wurde zwar durch die Nullzinspolitik mit 53 Milliarden Euro an Zinszahlungen entlastet, dennoch lag das Haushaltsdefizit zuletzt bei 40 Milliarden Euro. Griechenland bricht sogar die Verträge über die Euro Hilfsprogramme und will die Ausgaben alleine für ein Rentenpaket um 617 Millionen erhöhen. Doch damit nicht genug hat sogar die EU-Kommission einige Euro Staaten aufgefordert ihre Finanzpolitik expansiver zu gestalten.

Auch in Italien wird man die Haushaltspolitik lieber lockern als bremsen, soweit eine Übergangsregierung überhaupt in der Lage ist dies zu beschließen. Zunächst einmal dürfte EZB Chef Draghi erreicht haben, dass die Finanzierung des Landes sichergestellt ist, denn die EZB wird zahlen! Viele Italiener werden aber zu Recht das Gefühl nicht los, dass sie nur immer tiefer in den Sumpf geraten.

Einige Analysten prognostizieren für 2017 bereits den Konkurs des Landes. Recherchen haben in diesem Zusammenhang ergeben, dass zwischen den Jahren 1979 und 1998 die Industrieproduktion in Italien die Produktion der Deutschen um 10 % übertroffen hat und dass im gleichen Zeitraum italienische Aktien währungsbereinigt deutsche Aktien um 16 % schlagen konnten. Mit der Einführung des Euros hat sich dies aber gewandelt, italienische Aktien haben um 65 % schlechter abgeschnitten als deutsche Aktien und seit 2003 liegt man bei der Industrieproduktion rund 40 % zurück (Charles Gave) (Grafik Seite 3, Quelle: Mauldin). Italien kann ohne Abwertung nicht konkurrenzfähig sein!

Diese Erkenntnis hat EZB Chef Draghi schon längst gewonnen und schickte daher denn Euro in den Keller - Auswirkungen derzeit noch nicht abschätzbar. Wie lange wird ein derart schwacher Euro noch das Vertrauen der Anleger genießen? Das frühere Bundesbankmitglied Sarrazin verweist darauf, dass der Euro gemessen an der deutschen Entwicklung wirtschaftlich deutlich unterbewertet ist, hingegen aus Sicht der Franzosen um 20 % überbewertet und aus Sicht der Italiener bis zu 40 % überbewertet ist. Aus seiner Sicht kann der Euro jederzeit platzen. Vielleicht ist ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende. Wie lange es der EZB noch gelingen wird diesen Tag noch hinauszuzögern ist seiner Meinung nach aber schwer abschätzbar. Einige Analysten befürchten, dass dieser Tag vielleicht näher ist als manche meinen, stehen nächstes Jahr doch Wahlen in Frankreich und den Niederlanden an.

Dr. Christoph Bost

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40 Kommentare

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  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Da waren kurz die 1,05 USD im Euro
    Fallen die US indizes nun weiter, fallen die 1,05, noch wenige minuten handel, 1,0496 das tief, die 1,05 gebrochen

    der YEN verliert fast 2% wahnsinn, was wird der kleine Yuan machen?

    22:23 Uhr, 14.12. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    unter 1,05 darf die EZB den Dax nicht mehr stützen

    21:35 Uhr, 14.12. 2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Debt Margin trader ziehen die Reißleine, meine Anfrage über eine aktuelle Statistik wurde hier auf Godmode mal wieder gelöscht, im November waren es 4,3 % Höchste Stand seit, vergessen.

    War wohl zu heikel die Frage

    20:31 Uhr, 14.12. 2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    der Dollar hebt ab.. wie erwartet, Achtung damit wird der BTC im Dollar bei gleichem Preis billiger

    http://de.investing.com/quotes/us-dollar-index

    Kommt jetzt die Euro Flucht? Allzeittief liegt bei 1,05 USD

    Und schaut aufs Gold!! Die gleiche Bewegung wie der Euro, ich hab euch gewarnt, seit langem
    und

    Und das Liebe Oil fällt gleich mit, klar wenn der Dollar steigt, werden

    Rohstoffe für die größte Volkswirtschaft günstiger.. Also doch keine

    Inflation, sondern Stagflation

    20:24 Uhr, 14.12. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Und folgt was folgen musste, Euro 1 USD.. Viel spass beim zu sehen.

    Der BTC steht übrigens sehr fest, den letzten beißen die Hunde

    20:16 Uhr, 14.12. 2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Blockchain: Ein revolutionärer Code?
    http://www.heute.de/banken-investieren-millionen-in-neue-blockchain-technologie-46079676.html

    Die Banken reden von Blockchain meinen aber Bitcoin

    denke,

    BTC ist nur der Fantasieanreger, die "bankenfreie" Welt der

    BTC-Blockchain ist den Bankern sonst ein Dorn im Auge, von der Angst der

    Staaten mit ihren Geldmonopolen will ich erst gar nicht reden, wurde

    hier schon ausführlich diskutiert, wieso also nicht die Idee klauen und

    eine eigene Blockchain aufmachen, weltumspannend, die

    Staaten/Zentralbanken könnten wie gehabt mitmischen, sogar die

    Rechenzentren sind schon da bzw. nur ein bischen Investition, im

    Kapitalismus hat der die Macht, der die Kontrolle hat, also: (der Spruch

    stammt eigentlich aus dem Kommunismus :-) Vertrauen ist gut, Kontrolle

    ist besser

    weil die rechenzentren alt und anfällig sind... siehe Postbank (gehört zur Deutschen Bank). http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/it-panne-bei-der-postbank-bundesweit-keine-ueberweisungen-an-postbank-terminals-moeglich/14970400.html

    Es

    ist viel teuerer ein veralteses System zu überarbeiten, als ein Neues

    zu nutzen, mit eigenständiger Proof of Work. das muss ich nicht

    kontrollierem, es wird kontrolliert! Es stimmt immer!
    Kostenersparnis x%

    23:44 Uhr, 13.12. 2016
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Die Banken reden von Blockchain meine aber Bitcoin

    22:53 Uhr, 13.12. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    .

    und was gelernt???

    Deutschland wird wie im Internet 1990 den Zug verpassen!

    http://www.heute.de/banken-investieren-millionen-i...

    22:52 Uhr, 13.12. 2016
  • Schneider
    Schneider

    Hallo Herr Dr. Bost, als jemand der promiviert hat, sollten Sie eigentlich wissen, dass in die Überschrift "Draghi's Geldpolitik ..." kein Apostroph kommt. - Wessen Geldpolitik? Draghis. (Genitiv) Der sich seit einigen Jahren großer Beliebtheit erfreuende Deppenapostroph ist ja bekanntlich ein Auslassungszeichen für einen Buchstaben. Welcher Buchstabe soll bei Draghi's denn rein kommen?

    14:39 Uhr, 13.12. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • schnufi
    schnufi

    Besten Dank. Gratuliere Herr Bost, endlich jemand von godmode der sich getraut Klartext zu reden bzw. zu schreiben.

    12:48 Uhr, 13.12. 2016

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