Dr. Frank Engels: Überlegtes Positionieren im Protektionismus-Zeitalter
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Dr. Frank Engels ist Geschäftsführer der Union Investment Privatfonds GmbH.
Bild: Union Investment
Dr. Frank Engels ist seit 2014 Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Privatfonds GmbH und leitet seit 2018 das Portfoliomanagement von Union Investment. Gleichzeitig verantwortet er den Bereich Multi Asset innerhalb des Portfoliomanagements, dessen Leitung er im Januar 2017 übernahm. Er ist Vorsitzender des aus insgesamt sechs stimmberechtigten Mitgliedern bestehenden „Union Investment Committee“ (UIC).
Noch vor gut zwei Jahren hatte man mit dem Amtsantritt Donald Trumps Schlimmes für die größte Volkswirtschaft der Welt befürchtet. Nun präsentieren sich die USA wirtschaftlich in einer beeindruckenden Verfassung. Dennoch ist der US-Präsident mit seinem protektionistischen Treiben dabei, die weltwirtschaftliche Ordnung aus den Angeln zu heben.
Der Handelsstreit zwischen den USA und dem Rest der Welt schaukelt sich immer weiter hoch. Durch Trumps Protektionismus gerät die Welthandelsdynamik weiter unter Druck. Es scheint, als stünde die Rückabwicklung von Globalisierung und Wohlstand bevor. Diese nachteiligen Effekte bauen sich aber typischerweise nur langsam auf, daher ist kurzfristig nicht von einem unmittelbaren Schock auf die Weltkonjunktur auszugehen. Die Belastung durch den reinen Effekt der höheren Zölle ist im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung noch vergleichsweise gering – aus chinesischer Sicht entspricht die Zollbelastung lediglich 0,25 Prozent und aus Sicht der USA sogar nur 0,15 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes (BIP). Wie sehr sich die Nachfrage aufgrund der durch die Zölle erhöhten Preise abschwächt, ist noch nicht abschätzbar.
Doch unabhängig davon wirkt der Konflikt bereits schädlich. Er belastet die Zukunftserwartungen der Unternehmenslenker und Marktteilnehmer. Die Sorge vor einem Handelskrieg und einem Einbruch der Weltwirtschaft lässt Firmenchefs bei Investitionsplänen verhaltener agieren. Erste Frühindikatoren wie die globalen Einkaufsmanagerindizes deuten bereits auf eine Eintrübung der konjunkturellen Dynamik hin. Unter dieser Verunsicherung könnte auch der private Konsum leiden.
Stagflation droht
Langfristig kennen Handelskriege nur Verlierer. Infolge von Handelsbeschränkungen kann der Fall eintreten, dass Güter und Dienstleistungen nicht mehr in der Volkswirtschaft produziert werden, die einen komparativen Vorteil in diesem Bereich aufweist, sondern in dem Land, das Zölle erhebt, um seine heimische Wirtschaft vermeintlich zu schützen. Dort kann aber aufgrund höherer Löhne oder geringerer Arbeitsproduktivität nur teurer produziert werden, was sich auf die Preise der Waren auswirkt. Dadurch sinkt die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt sowohl in dem Land, das Zölle erhebt, als auch in dem, das davon betroffen ist. Zölle wirken also stagflationär. Das heißt: Sie führen zu Inflation, schwächen Kaufkraft und unternehmerische Margen und damit das globale Wirtschaftswachstum.
Von größeren und kleineren Verlierern
Dabei träfe ein Handelskrieg nicht alle gleich: In den Welthandel verflochtene Volkswirtschaften würden stärker in den Strudel geraten als die eher binnenmarktorientierten. China, Mexiko, die Eurozone, insbesondere Deutschland, würde ein Rückgang des Welthandels besonders hart treffen. China ex- und importiert in Summe etwa 35 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes (BIP). Bei Mexiko sind es 68 und bei Deutschland beispielsweise 70 Prozent. Dagegen ist die Wirtschaft der USA stark binnenorientiert, was durchaus typisch ist für besonders große Länder: Mit einem Offenheitsgrad von 21 Prozent belegen die USA weltweit den fünftletzten Platz.
Offenheitsgrad verschiedener Volkswirtschaften
Außenhandel (Import + Export) im Verhältnis zum BIP des jeweiligen Landes, Bezug: 2015 (Länder > 10 Mrd. USD BIP)
Was Investoren beachten können
- Auf der Aktienseite wird der Wind insbesondere für die Emerging Markets und zyklische Sektoren rauer. Von einem Rückgang des Welthandels wären nicht nur Schwellenländer wie China betroffen, sondern auch deutsche Aktien. Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt vom Export ab. Dagegen kämen US-Nebenwerte glimpflich davon. Die kleinen und mittelgroßen Firmen sind meist nicht so sehr in den Welthandel eingeflochten, sondern profitieren eher von der Binnenkonjunktur.
- Da die Handelssticheleien von Trump ausgehen, sollten Investoren zudem einen Blick auf jene Volkswirtschaften richten, die den größten Handelsbilanzüberschuss mit den USA haben. Neben China, Deutschland und Mexiko, die Trump bereits ein Dorn im Auge sind, finden sich hier weitere Kandidaten, darunter Italien und Frankreich.
China hat größten Handelsbilanzüberschuss mit den USA
Handelsbilanzsaldo verschiedener Länder mit den USA, in Mrd. US-Dollar
Mit Blick auf die Sektoren dürfte es für IT-, Industriewerte und Banken ungemütlich werden, sollte der Handelskonflikt sich ausweiten. Jedoch ist es unwahrscheinlich, dass die USA von sich aus die Zollthematik in den Dienstleistungssektor tragen, wo sie unter anderem mit der Eurozone einen massiven Handelsbilanzüberschuss haben. Insofern bleiben Industriewerte das „wahrscheinlichste Opfer“ von Trumps Handelspolitik, wohingegen Vergeltungsmaßnahmen anderer Länder die USA am empfindlichsten in den Bereichen IT und Finanzen treffen würden.
Wind für zyklische Sektoren wird durch Handelsstreit rauer
Sensitivitäten von Sektoren auf Veränderungen im Welthandel
Lesehilfe: Nicht alle Branchen sind gleich stark von einem Rückgang des Welthandels betroffen. Die Abhängigkeit vom Welthandel differenziert stark, wie die Grafik zeigt. Ein Beispiel: Wenn der Welthandel um ein Prozent zulegt, dann steigen IT-Werte im Schnitt um 4,6 Prozent, dementsprechend fallen sie um 4,6 Prozent, wenn sich der Welthandel um ein Prozent abschwächt.
Sollte es tatsächlich zu einem Handelskrieg kommen, wären sichere Häfen wie bonitätsstarke Staatsanleihen gefragt. Kurz- bis mittelfristig würden die Renditen von US-Treasuries und Bundesanleihen in Erwartung einer Konjunkturabkühlung sinken. Für China könnte beispielsweise auch eine Abwertung des Yuan gegen den US-Dollar ein probates Mittel sein, das der Zollwirkung nahekommt. Dadurch würden US-Produkte in China verteuert und chinesische Waren für US-Kunden trotz Zöllen preislich attraktiv bleiben.
Für ausgewählte Rohstoffpreise ist das Bild, das sich im Falle einer Ausweitung der Strafzölle ergeben würde, kurzfristig vermutlich sogar positiv, denn China würde versuchen, die Wachstumseinbußen im Außenhandel durch Infrastrukturmaßnahmen im Land auszugleichen. Dadurch würden mehr Stahl und Industriemetalle nachgefragt, was preistreibend wirken sollte.
Divergenzen im Portfolio nutzen
Eine Eskalation der Handelsstreitigkeiten ist nach wie vor nicht auszuschließen. Trumps Kampf um die Erhaltung der Marktführerschaft bei wichtigen Schlüsseltechnologien einerseits und seine politisch motivierte, protektionistisch angelegte Industriepolitik andererseits treiben ihn dazu. Dass er damit den Welthandel vergiftet und einen weltweiten Wachstumsverlust provoziert, nimmt er scheinbar billigend in Kauf. Am Ende wird der Protektionismus allen schaden. Die USA dürften zu den Gewinnern unter den Verlierern gehören, solange die Aktienmärkte nicht deutlich nach unten korrigieren. Letzteres verhindert derzeit wirkungsvoll der expansive Impuls der Steuerreform. Auch die auf die Binnenkonjunktur sensiblen US-Nebenwerte sowie ausgewählte Rohstoffe bieten auf kurze Sicht Chancen. Investoren können die zeitlichen und regionalen Divergenzen durch aktives Management für sich nutzen.
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Dieser Artikel erschien zuerst auf Assetstandard.com, dem Profiportal für vermögensverwaltende Produkte.
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