„Dividenden sind die Essenz des Aktien-Investments“
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Geld anlegen in Zeiten von Niedrigzinsen? Mit der richtigen Dividendenstrategie lassen sich jährlich Renditen von sieben bis zwölf Prozent erzielen – vorausgesetzt, es wird langfristig und systematisch investiert. Basis jedes langfristigen Portfolios sollten deshalb etablierte Firmen sein.
Herr Röhl, warum sind Nullzinsen eine Falle?
Wer mit seinem Vermögen keine oder zu geringe Erträge erzielt, wird sich schwer tun, seine finanziellen Wünsche und Ziele zu erreichen – auch und gerade mit Blick auf die Altersvorsorge. Nehmen Sie das Beispiel eines heute 55-jährigen, der gerade 100.000 Euro aus einer vor 25 Jahren abgeschlossenen Lebensversicherung erhält. Kauft er dafür nun eine zehnjährige Bundesanleihe, die vielleicht 0,5 Prozent p.a. abwirft, werden aus diesem Kapital bis zur (erhofften) Rente mit 65 gerade einmal 105.000 Euro. Gelingt es ihm hingegen, eine Rendite von durchschnittlich fünf Prozent p.a. zu erwirtschaften, stehen in zehn Jahren 163.000 Euro zu Buche. Und bei sieben Prozent p.a. sind es sogar 197.000 Euro.
Nur gibt es im Moment halt weder fünf noch sieben Prozent...
Zumindest nicht auf dem Sparbuch und auch nicht mit seriösen Anleihen. Die Dividenden-Strategien, die wir im Buch und auf unserer Plattform www.dividendenadel.de vorstellen, kommen hingegen für die letzten zehn Jahre auf Renditen, die je nach Anlage-Region sogar zwischen sieben und zwölf Prozent liegen. Und das wohlgemerkt trotz Finanz-, Euro-, Schulden- und sonstigen Krisen! Zugegeben, dieser Wertzuwachs ist kein Zins, sondern die Summe aus Dividenden und Kursgewinnen – zeigt aber, dass Anleger der Nullzins-Falle durchaus entkommen können, sofern man langfristig und systematisch investiert statt sich vom hektischen Auf und Ab der Börsen treiben zu lassen.
Sind nur Dividendenaktien für langfristig orientierte Anleger interessant?
Natürlich ist es verlockend, auf Wachstumsunternehmen wie Amazon, Netflix oder Tesla zu setzen – die in zehn Jahren entweder vom Markt verschwunden sein werden oder wie Microsoft oder Apple Dividende zahlen. Aber gerade wenn es um Vermögenssicherung oder Vorsorge geht, will man doch nicht auf neue Geschäftsmodelle spekulieren, sondern ein Maximum an Verlässlichkeit genießen. Basis jedes langfristigen Portfolios sind deshalb etablierte Firmen wie Fresenius, L’Oréal, Roche oder Coca-Cola, die teilweise seit mehreren Jahrzehnten stabile oder sukzessive steigende Dividenden zahlen. Denn Dividenden sorgen nicht nur für laufende Einnahmen, sie sind obendrein ein Qualitätsmerkmal, das auch auf die Kursentwicklung ausstrahlt. So haben die Dividendenzahler unter den 500 wichtigsten Unternehmen der Eurozone zwischen 2006 und 2015 in Summe per saldo knapp 90 Prozent zugelegt. Firmen, die nichts ausschütten, kommen dagegen nur auf ein Ergebnis von plus/minus Null.
Worauf sollten Anleger bei der Auswahl von Aktien für das Depot achten?
Ganz wichtig ist zunächst, dass man sich nicht von der Dividendenrendite verführen lässt. Denn die ist ein zweischneidiges Schwert. Eine hohe Rendite mag auf Schnäppchenpreise hindeuten – oder eine Warnung sein, dass eine Firma die üppigen Ausschüttungen der Vergangenheit nicht dauerhaft halten kann. Im Zentrum unserer Strategien steht deshalb das „Magische Viereck“ der nachhaltigen Dividendenqualität: Kontinuität, Ausschüttungsquote, Wachstum und Rendite. Und ein Unternehmen, das seine Dividende seit zehn Jahren nicht gesenkt hat, im Mittel zwischen 25 und 75 Prozent seiner Gewinne ausschüttet, bei der Rendite nicht ganz hinten liegt und beim Wachstum vorn dabei ist – das gehört für uns zum „DividendenAdel“ und damit auf die Watchlist.
Wie könnte die Zukunft bei Dividendenaktien aussehen? Sind nicht die hohen Pensionsverpflichtungen Gift für die Unternehmensgewinne?
Solange unsere kapitalistische Grundordnung (nicht zwingend unser Geldsystem) fortbesteht, wird es Unternehmen geben, die menschliche Bedürfnisse wie Gesundheit, Nahrung, Energie, Unterhaltung oder Kommunikation befriedigen – und die den damit erwirtschafteten Gewinn zumindest zum Teil als Dividende an ihre Eigentümer ausschütten. Solange das der Fall ist, werden Beteiligungen an solchen Betrieben immer einen Wert haben. Aus diesem Grund sind Dividenden-Strategien auch kein Mode-Thema, sondern schlichtweg die natürliche Essenz des Aktien-Investments. Und darin spiegeln sich selbstredend die realwirtschaftlichen Herausforderungen wider, von den Pensionsverpflichtungen über staatliche Regulierung etwa im Gesundheits- oder Finanzwesen bis hin zur zunehmenden Volatilität der Wechselkurse. Diesen Risiken können Investoren nur mit einer breiten Streuung begegnen. Ein ordentlich diversifiziertes Depot deckt verschiedene Länder, Währungsräume und vor allem Branchen ab – wobei mir gerade letzteres besonders am Herzen liegt: Viele Dividendenjäger neigen dazu, klassische Defensiv-Sektoren überzugewichten und sich auf diese Weise Klumpenrisiken ins Depot zu holen.
Die Fragen stellte Helge Rehbein.
Christian W. Röhl ist Investor und Autor des Buches „Cool bleiben und Dividenden kassieren“ (FinanzBuch Verlag). Anhand von vielen Beispielen und Anekdoten aus ihrer über 20-jährigen Erfahrung als Investoren und Unternehmer erklären Christian W. Röhl und Werner H. Heussinger darin, warum Aktien sicherer sind als Festgeld, was Dividenden so wertvoll macht und mit welchen Strategien Anleger auch turbulente Börsenphasen entspannt überstehen. Röhl ist außerdem Gründer der unabhängigen Research-Plattform DividendenAdel (www.dividendenadel.de), zu der es auch eine Facebook-Seite www.facebook.com/dividendenadel gibt.
Dieses Interview ist in der jüngsten Sonderpublikation der BörseGo AG "ETFs - unschlagbar für die Geldanlage?" erschienen, die Sie hier kostenlos herunterladen können.
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