DIT - Auftakt nach Maß
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Passend zum Bild, dass die Aktienmärkte seit Frühjahr 2000 ablieferten, endete auch das vergangene Jahr. Nicht nur auf Jahressicht mussten Anleger zum dritten Mal in Folge Verluste verkraften. Auch ein kleines Trostpflaster in Form einer Jahresendrallye blieb den Investoren verwehrt.
Als verspätetes Weihnachtsgeschenk bescherten die Märkte den Börsianern aber einen Auftakt nach Maß. Gleich am ersten Handelstag legte der Dow-Jones-Index ein Plus von fast 266 Punkten aufs Parkett. Nach Punkten der beste Jahresstart in der Index- Geschichte, die immerhin 107 Jahre beträgt. Aber auch prozentual liegt der Start mit Platz 3 in der Spitzengruppe nach 1931 und 1988. Und bekanntlich spielt der Jahresauftakt eine nicht zu unterschätzende Rolle für das Gesamtjahr. Aber macht eine Schwalbe bereits einen Sommer, d.h. verwandelt sie den Bären in einen Bullen?
Neues Jahr, alte Sorgen!
Konjunktur- und damit Gewinnenttäuschungen, Vertrauenskrise als Folge der Bilanzskandale und Zweifel an der "Corporate Governance" sowie geopolitische Risiken (Irak-Konflikt) hallten auch in den letzten Wochen an den Märkten nach. Sie werden auch in den kommenden Wochen als Belastungsfaktoren präsent sein. Dazu bedarf es keiner prophetischen Fähigkeiten. Immerhin zeigt sich die von der US-Regierung vorgenommene Stärkung der Marktaufsicht SEC und die daraus induzierte Trennung von Investmentbanking und Analyse als vertrauensbildende Maßnahme. Bleiben also "nur noch" die Konjunktursorgen sowie ein drohender Waffengang im Irak.
Neues Jahr, neue Hoffnung?
Aber es gibt auch Hoffnungsschimmer, dass die Vokabel "Annus Horribilis" auf 2002 beschränkt bleibt. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit eines vierjährigen Börsenrückgangs gering ist. Dies gab es in den vergangenen 170 Jahren nur einmal, und zwar im Umfeld der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1932. Aber da man bekanntlich nur Statistiken trauen soll, die man selbst gefälscht hat, hilft der Blick auf die "hard facts" weiter. - Positiv überraschen konnte der US-Einkaufsmanagerindex ISM, der im Dezember von 49,2 auf 54,7 Punkte anstieg. Er liegt damit zum ersten Mal seit Juni 2001 wieder deutlich über der Marke von 50, die in etwa einer gesamtwirtschaftlichen Expansion von 2% ggü. Vorjahr entspricht, wobei der Index der BIP-Entwicklung leicht vorläuft.
- Sorgen bereitet der US-Konsument. Das vom Conference Board ermittelte Verbrauchervertrauen ist im Dezember auf 80,3 Punkte gesunken. Der Index sank somit in den letzten sieben Monaten sechs Mal. Gegenüber Mai 2002 ein Rückgang von fast 30%. Grund für die eingetrübte Stimmung ist vor allem die unsichere Aussicht am Arbeitsmarkt. Im November erreichte die Arbeitslosenquote mit 6% den höchsten Stand seit acht Jahren.
- Die Konjunkturindikatoren in Euroland deuten unverändert auf keinen baldigen Aufschwung hin. Der Frühindikator der Belgischen Nationalbank ist im Dezember von -6,3 auf -10,3 Punkte zurückgegangen. Da Belgien eine sehr offene Volkswirtschaft ist, d.h. viele Waren in die EWU exportiert, ist der Indikator ein wichtiger Gradmesser für die Konjunkturaussichten in der EWU.
- Der nach wie vor schwelende Irak-Konflikt, der streikbedingte Ölproduktionsausfall in Venezuela und überraschend niedrige Lagerbestände in den USA ließen den Ölpreis im Dezember um mehr als 30% auf über 32 US$ je Barrel klettern. Also auch von dieser Seite kein konjunktureller Rückenwind. So gelungen der Auftakt ins neue Jahr auch war: Eine Schwalbe macht keinen Sommer, auch nicht an der Börse. Das konjunkturelle Bild ist durchwachsen und alle Hoffnungen ruhen wieder einmal auf den USA. Vieles hängt am USKonsum und da gilt der bange Blick dem Arbeitsmarkt. Hier dürften die zur Veröffentlichung anstehenden neuesten Zahlen zur Arbeitslosenquote und zu den Einzelhandelsumsätzen nicht viel Positives bringen. Allerdings nicht zu übersehen: Der Einfluss der "alten Sorgen" wird sich in Grenzen halten, da sie zum größten Teil bereits in den Kursen enthalten sind.
Konjunktur
- Die Indikatoren zeigen derzeit ein schwaches Konjunkturbild. Immerhin sind viele Volkswirtschaften im Anpassungsprozess recht weit. Die Kostensenkungsprogramme greifen und die Arbeitskosten sinken. Nicht zu vergessen die Wirtschaftspolitik: Vor allem in den USA stimulieren historisch niedrige Zinsen. Zudem ist finanzpolitischer Spielraum vorhanden. Wenngleich die Bereinigung der makroökonomischen Ungleichgewichte (Sparquote, Leistungsbilanzdefizit) das Wachstum begrenzt, haben die USA gegenüber Euroland die Nase vorne.
Taktische Asset Allocation
- Die "Schlaglöcher" Irak-Konflikt und Konjunkturrisiken sind zwar größtenteils in den Kursen enthalten, begrenzen aber in den nächsten Wochen das Kurspotenzial nach oben. Die volatile Seitswärtsbewegung dürfte sich fortsetzen, was unverändert für eine neutrale Aktienquote spricht.
Aktien: Regionen & Branchen
- Die USA bleiben übergewichtet. Hierfür spricht das gegenüber der EWU dynamischere Wachstum und das Abschmelzen des Bewertungsaufschlages. Das KGV sank zuletzt unter den langjährigen Durchschnitt. Zudem hat sich das Verhältnis positiver zu negativer Gewinnrevisionen verbessert. Nicht zu vergessen: Die im Konjunkturpaket enthaltene Aufhebung der Doppelbesteuerung von Dividenden dürfte die relative Attraktivität von Aktien verbessern und so für positive Impulse sorgen.
- Europa bleibt neutral gewichtet. Vor allem die Gewinnschätzungen der Analysten sind noch zu positiv und werden im Jahresverlauf nach unten korrigiert. Zudem ist nicht mit einer Konjunkturerholung zu rechnen. Deutschland bleibt am Rande der Stagnation und lastet auf der gesamten Region.
- Unverändert untergewichtet bleibt Japan. In der Bankenkrise ist zwar ein kohärenter Reformkurs erkennbar. Dies lässt sich von der Fiskalpolitik aber nicht behaupten. Aufgrund der hohen Ölintensität trifft der hohe Ölpreis die Wirtschaft sehr stark. Die Wirtschaftsentwicklung stockt weiterhin.
- Bei den Branchen dominiert der defensive Puffer. Bei guten Bewertungen und stabilen Gewinnaussichten bleibt Pharma übergewichtet.
- Telekom, als neuer "Versorger", wird ebenfalls übergewichtet. Hier verbinden sich die Wachstumssegmente Mobilfunk und Datendienste mit dem stabileren Kerngeschäft. Zudem macht der Schuldenabbau Fortschritte.
Renten & Währungen
- Wegen der anhaltenden geopolitischen Risiken sind die Bondkurse nach wie vor hoch. Lässt die Risikoaversion nach und zeigen sich Anzeichen einer konjunkturellen Erholung, wird primär das lange Marktende drehen. Angesichts der niedrigen Realzinsen in USA ist dort eine stärkere Zinswende zu erwarten. Der geringe Preisdruck und das moderate Wachstum begrenzen indes das Anstiegsrisiko.
- Dies- und jenseits des Atlantiks ist die Zinssenkungsfantasie verflogen. Bei fehlender Aussicht auf Kursgewinne und einer steilen Zinsstrukturkurve wird das kurze Ende untergewichtet. Da im Laufe des Jahres auch das lange Ende gefährdet ist, werden die mittleren Laufzeiten gestärkt.
- Regional bleiben die EWU-Anleihen vorne. Die höhere Rendite kann ohne Währungsrisiko eingestrichen werden. Ein großer Kursrutsch beim US-Dollar ist zwar nicht zu erwarten, aber er bleibt im Schwebezustand.
Quelle: dit
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.