Kommentar
15:18 Uhr, 24.01.2003

DIT - Aktien und Renten mischen!

"Aktien kaufen und dann tief und lange schlafen" - so eines der vielen Bonmots von Börsenaltmeister Kostolany. Ein guter Rat mit gleich zwei Haken: Er hat weder die Namen der zu kaufenden Aktien verraten, noch die Marke des Schlafmittels, das mögliche, zwischenzeitliche Verluste mit süßen Träumen übertüncht. Bleibt die Frage, inwieweit eine Anlage in Aktien tatsächlich eine gute Empfehlung ist.

Blick zurück ohne Zorn

Der Blick zurück erweitert den Anlagehorizont beträchtlich: Wer Ende 1982 100 Euro in einen Korb deutscher Aktien, wie sie der MSCIIndex für Deutschland abbildet, investierte, bekam Ende 2002 über 600 Euro zurück. Wer dagegen über den gleichen Zeitraum 100 Euro bei der Bundesschuldenverwaltung anlegte (hier durch den Rentenindex REXP dargestellt), verhalf zwar dem Bundesfinanzminister zum guten Schlaf, bekam aber Ende 2002 nur 415 Euro zurück - ein schlechteres Erwachen. Das Sparbuch (3-Monatsgeld) war noch unattraktiver Es wurden dabei nur die jeweiligen Benchmarkindizes miteinander verglichen. Weitere Faktoren, wie z.B. Steuern auf den Ertrag, wurden nicht berücksichtigt, aber die historische Betrachtung zeigt: Aktien waren - auch ohne den Steuereffekt - deutlich rentabler. Beim Vergleich von europäischen Aktien und Staatsanleihen auf Jahresbasis wird deutlich: Die Performance von Aktien war merklich höheren Schwankungen unterworfen als jene der Renten. Mussten Anleihesparer während der vergangenen zwanzig Jahre bei der Jahresperformance nur in zwei Fällen einen Wertverlust hinnehmen, wiesen die Depotauszüge von Aktiensparern in sechs Fällen während des gleichen Betrachtungszeitraums rote Zahlen aus. Der maximale Verlust, den ein Anleger mit europäischen Aktien verschmerzen musste, belief sich auf ca. 31%. Allerdings konnte aber auch ein Wertzuwachs von über 40% im besten Fall erzielt werden. Der maximale Verlust bei Renten während eines Jahres von 2,5% nimmt sich dagegen sehr beruhigend aus; es wurden aber auch nur knapp 18% im Optimum erzielt.

Alles hat seinen Preis

Hier wird klar: Alles hat seinen Preis! Die höheren Wertzuwächse bei Aktien wurden mit einem höheren Risiko "erkauft". Risiko verstanden als Schwankung der Kurse (Volatilität), ausgedrückt durch die Standardabweichung. Was für deutsche bzw. europäische Aktien und Renten gilt, gilt auch im globalen Maßstab quer über die Kontinente. Ausnahme: Japan. Hier wiesen die Aktien im Zeitraum über 20 Jahre gegenüber Renten eine niedrigere Rendite bei höherer Volatilität aus. Verständlich: Anleihen haben i.d.R. eine feste Laufzeit, zu der sie endfällig getilgt werden und stellen Fremdkapital dar, welches - im Gegensatz zum Eigenkapital - vorrangig bedient wird. Im Falle von Staatsanleihen kommt die Bonität des jeweiligen, staatlichen Emittenten hinzu, die im Falle des Eurolands auf "Investment Grade" lautet. Anders Aktien. Sie zählen bekanntermaßen zum Eigenkapital, mit dem der Investor am unternehmerischen Risiko - aber auch am Erfolg - unmittelbar teilnimmt. Eine feste Rückzahlungsgarantie gibt es nicht. Ein höheres Risiko einzugehen macht aber nur Sinn, wenn am Ende ein höherer Ertrag zu erwarten ist. Sonst kann das Geld ja gleich auf dem Sparbuch liegen bleiben. Das Risiko lässt sich zwar nicht ausschalten, aber es lässt sich steuern.

Spielen auf Zeit

Ein erster Ansatz dazu ist das Spielen auf Zeit. Wer seine Ersparnisse z.B. über einen Zeitraum von fünf Jahren für sich arbeiten lassen konnte, der musste über diesen Zeitraum während der letzten 20 Jahre nur in einem Fall Verluste erleiden. Eine Beispielrechnung mit einem Korb europäischer Aktien macht dies klar: Von 1982 an wurde die Performance für einen rollierenden Zeitraum über fünf Jahre angelegt. Im schlechtesten Fall mussten im Durchschnitt der Jahre 1989 - 1994 knapp 1,5% Verlust per annum realisiert werden, im besten Fall wurden über 25% erzielt. Wer in volatile Werte investiert, sollte dies nur tun, wenn er das angelegte Kapital nicht kurzfristig für andere Zwecke benötigt. Neben die Zeit, die, wenn schon nicht alle, so doch viele Wunden heilen kann, tritt die "Mischung" als weitere Komponente der Steuerung von Risiko und (erwartetem) Ertrag. Niemals alle Eier in einen Korb legen lautet hier Regel Nr.1. Implizit wurde diese bei der vorliegenden Betrachtung bereits erfüllt: Anstelle einer einzelnen Aktie wurde ein ganzer Korb (Index) europäischer Aktien betrachtet. Das Verlustrisiko wird dabei durch das Setzen auf mehrere Pferde verringert. Ein Ansatz, der sich mittels Investmentfonds leicht realisieren lässt.

Das Beste aus zwei Welten

Deshalb wird jetzt versucht, das Beste aus zwei Welten zu kombinieren: Die geringere Volatilität der Renten mit den höheren Ertragsaussichten der Aktien. In einem ersten Schritt wurde den Aktien ein Anteil von 30% an Renten beigemischt. Zwar konnten auch hier Verlustjahre nicht vermieden werden, aber wie zu erwarten war, gingen die Kursschwankungen zurück. Der maximale Verlust belief sich auf knapp 20%. Bezogen auf rollierende Fünfjahreszeiträume konnte das gemischte Portfolio fast durchgehend bessere Resultate erzielen als die reine Anlage in Renten.

Wird der Anteil der Renten auf 70% erhöht, geht das zwar zu Lasten der Rendite, wie die Vergangenheitsbetrachtung zeigt, aber der "Gut-Schlaf-Faktor" stieg im Betrachtungszeitraum ebenfalls: Es kam während vier Jahreszeiträumen zu Verlusten, die jedoch nicht über 5% hinausgingen. Dafür wurde die 20%-Grenze bei der Rendite aber auch nur noch in einem Fall überschritten.

In rollierenden Fünfjahreszeiträumen kam es bei diesem Mischungsverhältnis zwischen 1982 und 2002 in keinem der Fälle zu einem negativen Ergebnis. Lediglich während der Zeitabschnitte 1989-1993 und 1997-2002 lagen die Anleihen gegenüber der Mischung aus Aktien und Anleihen in der Rendite vorne.

Summa Oeconomica

Die Vergangenheitsbetrachtung lässt einige Überlegungen auch für die Zukunft zu:

- Risiko und Rendite hängen eng zusammen. Je geringer das eingegangene Risiko, desto kärglicher das Frühstück, welches nach der Tiefschlafphase erwartet werden darf, desto ruhiger vermutlich aber auch der Schlaf.

- Auf längere Sicht betrachtet, zahlte sich aber der Mut des Anlegers aus: Die Prämie für das übernommene Risiko konnte, so die Lehre aus der Vergangenheit, vereinnahmt werden. Entscheidend ist dabei aber auch der Zeitfaktor: Je stärker die Kursschwankungen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass in der Zwischenphase auch Kursverluste anfallen. Solange darauf wieder Kursgewinne folgen, ist dies nur bitter, wenn die Verluste im Portfolio ("Buchverluste") zwischenzeitlich realisiert werden müssen.

- Damit kommt die Liquiditätspräferenz des Anlegers ins Spiel. Je kürzer Gelder investiert werden können, desto eher sollten sie in Titel mit geringerer oder ganz ohne Volatilität (Kassenhaltung) investiert werden.

- Dabei gilt: Die Mischung macht´s. Ein gemischtes Portfolio aus Aktien und Renten hilft, das Beste aus zwei Welten zu verbinden. Und: Je höher die Risikoneigung des Investors, desto höher der Aktienanteil im Depot u.u. Allerdings hat alles seinen Preis: Höhere Renditen können nur unter Inkaufnahme einer höheren Volatilität erwartet werden.

- Ganz wichtig zum Schluss: Wer die Vergangenheit kennt, hat zwar die Zukunft noch vor sich, weiß aber nicht wie diese aussieht! Niemand kann zweimal in den gleichen Fluss steigen, lehrte schon Heraklit im alten Griechenland. An den Finanzmärkten ist das genauso: Vergangene Entwicklungen, wie sie unserer Betrachtung zu Grunde liegen, sind lehrreich. Sie können Wegmarken in die Zukunft sein, aber sollten nicht einfach in die Zukunft fortgeschrieben werden.

Quelle: Dit

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