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12:26 Uhr, 30.11.2023

DIHK will Trendwende in der Wirtschaftspolitik

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Mit zehn konkreten Vorschlägen für wirkungsvollere Weichenstellungen in der Wirtschaftspolitik will die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) die aktuelle Strukturkrise überwinden. "Wir setzen auf eine starke Trendwende und eine Zukunft für unsere Wirtschaft am Standort Deutschland", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian. "Aber wir haben nicht mehr viel Zeit." Was jetzt passieren müsse, um das Ruder herumzureißen, habe die DIHK-Vollversammlung aller 79 Industrie- und Handelskammern in einer Resolution formuliert. Unter anderem werden darin laut DIHK mehr Tempo bei Planungs- und Genehmigungsverfahren, ein Ausbau des Energieangebots und das Lösen von "Investitionsbremsen" in der Besteuerung gefordert.

Die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung zur Tempobeschleunigung bei Planung und Genehmigung, zu Migration und Infrastrukturausbau seien richtig und ein wichtiger Schritt, so Adrian. Auch die Einigung beim Strompreis sei ein insgesamt hoffnungsvolles Signal. Aber noch sei offen, ob diese Entscheidungen auch umgesetzt und im Betriebsalltag spürbar würden. "Dabei ist die Lage bedrohlich. Investitionen bleiben aus, Konjunkturerwartungen werden nach unten korrigiert, industrielle Produktion ins Ausland verlagert", sagte Adrian. Dahinter stecke "eine tiefe Vertrauenskrise zwischen Wirtschaft und Politik".

Die IHK-Organisation spüre das jeden Tag in den Regionen. "Große Regelungswerke aus Berlin und Brüssel kommen vor allem in mittelständischen Betrieben nicht als Beitrag zur Transformation an, sondern als Versuch wirklichkeitsfremder Detailsteuerung", so Adrian. Mit sich widersprechenden Vorschriften überfordere der Staat nicht nur die Wirtschaft. "Er überfordert sich auch selbst und verhindert Entwicklung." Blockaden bei der Digitalisierung, beim Ausbau unserer Infrastruktur und bei der Pflege unserer internationalen Geschäftsbeziehungen zeugten davon.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik und seine Folgen verstärkten aktuell die Verunsicherung, sagte Adrian. "Das aber erhöht den Druck in Richtung Reformen." Die Politik müsse die Wirtschaft wieder mehr machen lassen, forderte er. Es gelte, eine Sprachlosigkeit zwischen Politik und Wirtschaft zu überwinden. "Dies kann aber nur mit einem kräftigen Aufbruchssignal gelingen." Noch biete sich ein Zeitfenster, das Ruder herumzureißen. Dafür müssten die Probleme entschlossen und beherzt angegangen werden, mahnte der DIHK-Präsident.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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