DIHK-Studie warnt vor Scheitern der Energiewende wegen fehlender Fachkräfte
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Von Andrea Thomas
DOW JONES--Fehlende Fachkräfte gefährden die Energiewende in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Studie für die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). Um das deutsche Ziel der Klimaneutralität in 2045 zu erreichen, seien nicht nur neue Technologien und Innovationen nötig, sondern vor allem gut qualifizierte Fachkräfte. Gleichzeitig bestünden Personalengpässe in vielen Wirtschaftsbereichen - und drohen die Energiewende in Deutschland stark zu bremsen. Allein für den Ausbau der Kernbranchen Solar, Wind und Wasserstoff sind bis zum Jahr 2030 insgesamt mehr als eine halbe Million Fachkräfte erforderlich, so die Studie zu "Fachkräftebedarf und Fachkräftegewinnung in der Transformation" des Beratungsunternehmens Prognos.
"Viele Unternehmen gehen davon aus, dass die Transformation aufgrund des Fachkräftemangels länger dauern wird und die Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien nur teilweise erreicht werden können", sagte Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer.
Im Bereich Solar, Wind und Wasserstoff sind der Studie zufolge rund 250 Berufe relevant - von dual ausgebildeten Kaufleuten über Industriemeister bis hin zu Ingenieuren -, um die Klima- und Transformationswende zu gestalten. Hier fehlen branchenübergreifend bis 2035 rund 560.000 Mitarbeiter, so die Studie.
Dercks warnte zudem davor, sich bei den Strategien zur Fachkräftesicherung nur auf die Schlüsselbranchen und somit auf die landläufig als Klima- oder Transformations-Berufe bezeichneten Qualifikationsprofile zu fokussieren. Denn der Ausbau der erneuerbaren Energien sei von vielen Teilschritten in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen abhängig. Daher könnten nicht nur Fachkräfteengpässe im Kerngeschäft der Energiebranche zu Verzögerungen führen, sondern auch in vielen weiteren "Nicht-Grünen"-Branchen und -Berufen, so die DIHK .
Umfassende Ausbildung und Gewinnung von qualifizierten ausländischen Fachkräften
Um die notwendigen Fachkräfte für die Transformation zu gewinnen, müssten bereits in den Schulen die richtigen Weichen gestellt werden. Eine frühzeitige, umfassende und praxisnahe Berufsorientierung sei das A und O, wie die DIHK forderte. Außerdem sollte in der dualen Berufsausbildung stärker auf die Anforderungen der Transformation geachtet werden. Der Verband machte sich überdies für Teilqualifizierungen stark, von denen insbesondere Geringqualifizierte profitieren könnten, und auch für interdisziplinäre Zusatzqualifikationen in passgenauen Ergänzungen zur dualen Berufsausbildung.
Eine zentrale Rolle für das Erreichen der Klimaziele spielten laut Studie die bewährten Abschlüsse der höheren Berufsbildung, wie Industriemeister oder Fachwirte. Diese stünden für einen breiten Qualifizierungsansatz.
Angesichts des demographischen Wandels sei außerdem die Gewinnung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland wichtig. Für die Zuwanderung aus Drittstaaten seien schlankere, schnellere und bürokratiearme Verwaltungsverfahren von großer Bedeutung. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz biete gute Ansätze, müsse sich jedoch nun in der Praxis bewähren, so die DIHK.
Zudem sei es wichtig, die Potenziale einer umfangreicheren Erwerbstätigkeit von Frauen wie auch von älteren Beschäftigten für die Transformation noch stärker zu heben.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
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