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09:30 Uhr, 15.02.2024

DIHK erwartet 2024 Rückgang des BIP um 0,5 Prozent

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Die Deutsche Industrie- und Handelskammer erwartet 2024 eine erneute Schrumpfung des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0,5 Prozent und verweist auf anhaltend schlechte Stimmungswerte in den Unternehmen. "Alles in allem sind die Aussichten für die deutsche Wirtschaft trübe", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. "Die DIHK prognostiziert daher für das Jahr 2024 einen erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent." Nach der Strukturkrise Anfang der 2000er-Jahre wäre das erst das zweite Mal in der Nachkriegsgeschichte, dass in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Wirtschaftsleistung gesunken sei. "Das ist ein deutliches Alarmzeichen, das Deutschland und auch Europa ernst nehmen müssen", forderte er.

Die schlechte Stimmung der Unternehmen habe sich in einer Umfrage der DIHK verfestigt. "Das internationale Geschäft läuft weniger schlecht als befürchtet. Bei einigen im internationalen Geschäft besonders aktiven Unternehmen zeigen sich sogar zarte Lichtblicke", sagte Wansleben. "Uns bereitet große Sorge, dass sich allerdings insgesamt die schlechte Stimmung in der deutschen Wirtschaft weiter verfestigt", betonte Wansleben bei der Vorstellung der Ergebnisse der DIHK-Konjunkturumfrage, für die die Kammerorganisation zum Jahresbeginn 2024 die Geschäftslage und -erwartungen unter mehr als 27.000 Unternehmen ermittelte.

Beunruhigend sei, dass mittlerweile 57 Prozent der Unternehmen in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Geschäftsrisiko sähen. "Das ist ein besorgniserregender Höchstwert in unseren Befragungen", erklärte Wansleben. Bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage bezeichneten 29 Prozent der Betriebe ihre Lage als "gut" und 22 Prozent als "schlecht". Der Trend gehe damit weiter stetig nach unten. Der Saldo der Geschäftslage - die Differenz zwischen den guten und den schlechten Lagebewertungen - verschlechtere sich erneut von 9 auf 7 Punkte.

   Bessere Werte bei internationalen Unternehmen 

Die Geschäftserwartungen blieben "insgesamt düster". Mit 35 Prozent gehe mehr als ein Drittel der Betriebe von einer Verschlechterung in den kommenden zwölf Monaten aus, nur 14 Prozent rechneten mit einer Besserung. Der Saldo der Geschäftserwartungen bleibe damit auf niedrigem Niveau fast konstant und steige minimal um 1 auf nunmehr minus 21 Punkte. Entgegen diesem trüben Stimmungsbild entwickelten sich die Unternehmen etwas besser, die vom internationalen Geschäft profitieren könnten. Bei diesen vornehmlich größeren Unternehmen verbesserte sich die Geschäftslage im Saldo von 16 auf 23 Punkte und die Erwartungen von minus 7 auf 0 Punkte.

Zwar sei es ein typisches Muster, dass international aktive Unternehmen meist zu besseren Einschätzungen gelangten. Der Abstand zwischen internationalem und überwiegend nationalem Geschäft werde "am aktuellen Rand aber besonders deutlich". Allerdings sehe man auch, dass gerade bei den großen Unternehmen die wirtschaftspolitischen Risiken am größten seien. "Trotz dieses einzelnen Lichtblicks bleiben die Erwartungen der Betriebe insgesamt tief im negativen Bereich", konstatierte der DIHK-Hauptgeschäftsführer. "Die strukturellen Probleme belasten weiterhin die Wirtschaft."

Das spiegele sich auch bei den Antworten der Unternehmen bezüglich ihrer größten Geschäftsrisiken wider. In vielen Bereichen wachse der Problemdruck, die Geschäftsrisiken blieben dementsprechend auf hohem Niveau. Über die Hälfte der Unternehmen nennt laut den Angaben Energie- und Rohstoffpreise (60 Prozent nach 61 Prozent), Fachkräftemangel (56 Prozent nach 58 Prozent), Inlandsnachfrage (55 Prozent nach 53 Prozent) und Arbeitskosten (gleichbleibend 53 Prozent) als Geschäftsrisiko. In ihren Antworten äußerten die Unternehmen laut Wansleben große Sorge über die weiter wachsende Bürokratie, überbordende Regulierung und mangelnde wirtschaftspolitische Impulse.

   Investitionsabsichten zeigen nach unten 

Die deutschen Unternehmen müssten ihre Wettbewerbsfähigkeit wiedererlangen, auch beim Thema Investitionen, forderte Wansleben. "Nur, wenn die Wettbewerbsfähigkeit wieder steigt, können die Unternehmen auch wieder hierzulande investieren." Die schlechten Rahmenbedingungen und der Frust der Unternehmen drückten auch die Investitionspläne im Inland nach unten. 33 Prozent der Betriebe planten, ihre Investitionen in Deutschland zu verringern, und nur noch 24 Prozent planten eine Erhöhung. Damit setze sich nach einer kurzen Erholung im Sommer 2023 der Negativtrend bei den Investitionsabsichten fort.

Die Ausrüstungsinvestitionen in Deutschland lägen sogar immer noch unter dem Niveau von 2019. "Um die großen Herausforderungen wie Klima, Struktur, Demografie und Digitalisierung zu meistern, brauchen wir endlich wieder mehr private Investitionen in Deutschland", mahnte er. Mit einem "kräftigen Aufbruchssignal" und langfristig verlässlichen, wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen könne und müsse die Politik bei den Unternehmen wieder mehr Vertrauen aufbauen sowie Zuversicht für eine gelingende Transformation schaffen.

Die DIHK rate dringend auf europäischer wie nationaler Ebene zu einer grundlegenden Überarbeitung der jeweiligen Lieferkettengesetze hin zu weniger Bürokratie und mehr Rechtssicherheit, erklärte Wansleben. "Außerdem brauchen wir in Deutschland dringend niedrigere Energiekosten und ein Wachstumschancengesetz, das diesen Namen auch verdient", hob der DIHK-Hauptgeschäftsführer hervor.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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