Kommentar
17:50 Uhr, 17.03.2006

Diesen Nebenwert sollten Sie kennen

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

aus juristischen Gründen möchte ich nicht das Wort Betrug in den Mund nehmen. Aber die letzten zwei Fälle kreativer Kursbeeinflussung an der deutschen Börse sind doch bemerkenswert (vielleicht sollte da die »Panorama«-Redaktion auch mal einen Bericht machen, nachdem man Neosino etwas unfein auseinander genommen hat).

Da ist zum einen die Cobracrest KGaA. Seit Wochen wird hier mit einem Übernahmeangebot aus den USA geworben, nachdem das Management schon zuvor mit absolut unseriösen Prognosen von sich reden machte. Alles nur mit dem einen Ziel: der Kurs muss hoch! Der Möchtegern-Lifestyle-Konzern, der die unbeschreibliche Innovation eines Energy-Drinks am Markt etablieren will, schafft es aber jetzt irgendwie nicht mehr, weitere – sagen wir es ganz offen – Idioten dazu zu gewinnen, die Aktie zu pushen. Der sagenhafte Übernahmepreis von 5,23 EUR/Aktie (der dem Konzern mit angeblich 4 Mio. EUR Umsatz einen Börsenwert von rund 530 Mio. EUR zubilligen würde) soll garantiert nach Ablauf einer Umtauschfrist bezahlt werden – die endet Ende Juni. Ich weiß nicht, was sich die Herren noch einfallen lassen, aber eines könnte ich mir leichter vorstellen: Eher macht die Data Design AG ein Übernahmeangebot für Microsoft, als dass dieser Preis gezahlt wird. Kurs übrigens aktuell bei 1,50 EUR – das sagt eigentlich alles –, und ist dennoch immer noch maßlos überteuert. Diese Aktie ist keine 10 Cent wert!

Fall zwei: Die Michael Zäh AG i.L. Altbekannte »Investoren« tummeln sich hier mal wieder, die angeblich in den insolventen Mantel eine südafrikanische Busch-Telefonboxen-Voice-Over-IP-etc.-Bude einbringen wollen. Die Inititatoren, die sich hinter einem bisher nicht in der Szene bekannten Vorstand verstecken, ziehen diese Nummer nicht zum ersten Mal durch. Es ist erstaunlich, dass man immer wieder mit derart offensichtlichen Abzockereien durchkommt, aber unsere liebe BaFin hat anscheinend entweder nicht das Personal oder die rechtliche Handhabe, das Treiben zu beenden. Da frag ich mich, wozu letztes Jahr das Anlegerschutzverbesserungsgesetz eingeführt wurde. Es ist alles beim Alten geblieben.

Trade&Value mit SuperzahlenOliver Dornisch, Vorstand der Trade&Value AG (TAV) ist sichtlich zufrieden: »Wenn ich am deutschen Aktienmarkt Werte mit unseren Kennziffern finde – so etwas würden wir sofort ins Portfolio nehmen.« Der Gewinn nach DVFA betrug im Jahr 2005 4,85 EUR – bei einem Kurs von aktuell 15,45 EUR! Gewiss, eine KGV-Betrachtung ist bei Beteiligungsunternehmen meist nicht sinnvoll. Aber eine Bewertung mit etwas über dem dreifachen 05er-Gewinn ist sicher nicht teuer. Zumal dies mehr als eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahresergebnis darstellt.

Trade&Value investiert in Nebenwerte, Sondersituationen, aber auch in Derivate – aktuell z.B. ins US-Erdgas mit einer Longposition. Dornisch ist bekannt für sein gutes Gespür, Trends und Trendwenden frühzeitig aufzuspüren. Beachtenswert daher, dass er momentan im Gesamtmarkt eher Positionen abbaut – und das freiwerdende Cash parkt. Allerdings nicht auf Tagesgeldkonten, sondern in risikoarmen – und weitgehend stimmungsunabhängigen – Squeeze-Out- und Abfindungskandidaten. Aus dieser Kategorie aktuell im Depot z.B. Abit, Lindner, Gerling und Sachsenmilch. Im Nebenwertebereich zählen zu den größten Positionen laut Vorstand u.a. Equitrust, Combots, Metis Capital und Pro DV.

Dabei setzt TAV nie alles auf eine Karte. Dornisch: »Unsere größte Investitition macht 7,5% des Gesamtportfolios aus«. Dieses wiederum beträgt rund 3,9 Mio. EUR, das Eigenkapital/Aktie 12,91 EUR.

Der Aufschlag, den sie auf das EK mit dem jetzigen Kurs leisten ist absolut berechtigt. Damit zahlen Sie einen geringen Preis für zwei Dekaden Trading- und Anlageerfahrung. Diese Aktie ist vor allem etwas für Investoren, die sich selber um nichts kümmern wollen – oder es sich nicht zutrauen –, und Wert auf eine solide Dividende legen. 1 EUR schüttet die TAV für 2005 aus, und das soll auch so bleiben, der Bilanzgewinn reicht für die nächsten drei Jahre. Dividendenrendite damit 6,5% – das ist besonders attraktiv, wenn Sie bedenken, dass dies ja nur einen Bruchteil des Gewinnes darstellt. Auf lange Sicht machen Sie mit diesem Wert nichts falsch.

Der obige Artikel ist ein aus dem Betafaktor 10/2006. Weitere interessante Analysen zu chancenreichen Nebenwerten erhalten Sie als Abonnent des Betafaktor-Börsenbriefs. Weitere Informationen erhalten Sie unter [Link "http://www.betafaktor.de/" auf www.betafaktor.de/... nicht mehr verfügbar]

Auszug aus dem Betafaktor 11/2006. Die komplette Analyse zu GCI Management erhalten Sie nur als Abonnent des Betafaktor Newsletters. Weitere Informationen unter [Link "http://www.betafaktor.de/" auf www.betafaktor.de/... nicht mehr verfügbar]

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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