Kommentar
19:55 Uhr, 14.03.2018

Die Wahrheit über Zölle

Wenn etwas im globalen Handel kompliziert ist, dann sind es Zölle. Zeit, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Der globale Aufschrei über Zölle auf Stahl und Aluminium war groß. Die Börse hat das Thema inzwischen schon wieder abgehakt. Nicht zuletzt die Bereitschaft für Ausnahmen hat dazu beigetragen. Auf politischer Ebene wird uns das Thema jedoch noch lange begleiten.

Die Ankündigung neuer Zölle hat erst einmal viele aufgeschreckt. Das verwundert auf den ersten Blick ein wenig, denn es ist ja nicht so, als gäbe es heute keine Zölle. Die USA haben eine Zollliste mit über 12.000 Gütern. Auf viele Güter werden je nach Herkunftsland unterschiedliche Zölle erhoben. Dass Zölle erhoben werden, ist jedenfalls nicht neu. Zölle sind so alt wie der Handel selbst.

In den letzten Jahrzehnten gab es eine relativ eindeutige Entwicklung. Die Grafik zeigt die Entwicklung der gewichteten Durchschnittszölle, die Länder oder Ländergruppen erheben. In den USA liegt der Wert nach Daten der Weltbank bei 1,61 %. In der EU ist der Wert mit 1,6 % sogar noch ein klein wenig tiefer.

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Die Nachbarländer der USA unterscheiden sich stark. Kanada erhebt im Durchschnitt lediglich 0,85 % und damit nur gut die Hälfte dessen, was die USA erheben. Die Empörung aus Kanada ist also durchaus nachvollziehbar. Mexiko sollte sich mit einem Wert von 4,36 % wahrscheinlich weniger aufregen.

Es lässt sich festhalten, dass überall auf der Welt Zölle erhoben werden. Der Trend zeigt jedoch nach unten. Ein Bruch mit diesem Trend kommt nicht gut an. Global besteht bzw. bestand ein Konsens darüber, dass Zölle reduziert werden sollen, um den Handel zu fördern. Manche Regionen halten sich daran mehr als andere. In China hat sich z.B. seit 2009 nichts mehr getan und dabei sind die erhobenen Zölle relativ hoch.

Zölle zu erheben kann Sinn machen und ist nicht immer schlecht. Will ein Land eine Industrie aufbauen, muss diese Industrie erst einmal geschützt werden. Andernfalls wird das nie gelingen. Dieses Instrument ist vor allem für so manches Entwicklungsland zentral, wenn es jemals aus der Armut herauskommen will.

Ein anderer, sinnvoller Anwendungsfall ist der Ausgleich von Subventionen. Verkauft China seinen Stahl unter den Produktionskosten in der Welt, hat das nichts mehr mit freiem Wettbewerb zu tun. Anti-Dumping Zölle sind ein Ausweg für ein solches Verhalten. Es wurde etwa bei Solarzellenexporten aus China angewendet. Der Aufschrei hielt sich in Grenzen.

Die internationale Gemeinschaft differenziert durchaus zwischen Zöllen, die gerechtfertigt sind und solchen, die einfach nur protektionistisch sind. Geht es um Stahl und Aluminium, mögen Zölle gegen Dumpingpreise mancher Länder gerechtfertigt sein. Alle über einen Kamm zu scheren bringt jedoch wenig.

Zölle sind auch nur eine Seite der Medaille. Der freie Handel lässt sich noch ganz anders unterwandern. Staaten tendieren immer mehr dazu den Handel über Regulation zu steuern. Will man bestimmte Importe nicht, kann man einfach neue Normen erlassen, die es Exporteuren aus anderen Ländern sehr schwer machen.

Das Vorgehen der USA ist aktuell undifferenziert und im Einzelfall nicht unbedingt gerechtfertigt. Daher kommt der Aufschrei. Die USA haben aber Recht, wenn sie sagen, dass sie teilweise benachteiligt werden. Will man global für gerechteren Handel sorgen, sollten Zölle angeglichen oder abgeschafft werden. Viel wichtiger ist aber die Regulation.

China und die USA können ihre Zölle zwar angleichen. Deswegen muss der Handel aber nicht fairer sein, wenn US-Unternehmen wegen Administration und Regulation in China selbst benachteiligt werden.

Ein Vorgehen wie es die USA derzeit andeuten, wird nicht erfolgreich sein. Das wird der Komplexität nicht gerecht und könnte am Ende mehr schaden als nützen. Trotzdem wäre es Zeit, dass Zölle angeglichen werden, selbst wenn Regulation den Wettbewerb immer noch verzerrt. Und wenn es so ist, wie alle behaupten (keine Bereicherung an den USA), dann sollte einer Zollangleichung, z.B. zwischen den USA, EU und China, ja nichts im Wege stehen.

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1 Kommentar

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  • Stresstest 87
    Stresstest 87

    Ein ebenfalls sinnvoller Anwendungsfall ist die Staatsfinanzierung von unterentwickelten Ländern, denen der administrative Apparat zur effektiven Erhebung von Einkommens- oder Verbrauchssteuern einfach nicht zur Verfügung steht. Die erheben sogar Zölle auf Exporte, es hat also wirklich nichts mit Protektionismus zu tun, die brauchen einfach Einnahmen.

    Ich hab das in Nicaragua kennengelernt, beim Kaffee-Export.

    23:18 Uhr, 14.03.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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