Kommentar
23:00 Uhr, 23.07.2007

Die Vernetzung von Aktien- und Devisenmarkt - Börsenhausse nährt Carry-Trades

In der Regel sind der Aktien- und Devisenmarkt nicht miteinander korreliert. Will heißen: Besonders in Crashsituation hat die Entwicklung an den Weltbörsen keinen Einfluss auf Währungen. Das ist statistisch und in der Praxis bewiesen. So fiel der DAX nach dem Mini-Börsencrash in Shanghai Ende Februar dieses Jahres um 3,0%. EUR/USD erlebte indes mit einem Plus von 0,3% einen sehr ruhigen Handelstag. Die Terroranschläge von New York rissen den deutschen Leitindex am 11. September 2001 um 8,9% in den Abgrund. EUR/USD verbuchte am selben Tag ein Plus von 0,9% – aber keine erhöhte Volatilität. Am schlimmsten erwischte es den DAX im vergangenen Jahrzehnt Mitte Oktober 1998, als die Russland- bzw. Asienkrise eskalierte. 13,7% verlor das Börsenbarometer binnen eines Handelstages, EUR/USD hingegen gewann 1,3% und koppelte sich damit erneut vom Geschehen ab.

Daher gehören Devisen in jedes gut diversifizierte Portfolio. Währungen senken die Volatilität und damit das Risiko insgesamt. Die Unkorreliertheit zu anderen Assetklassen sorgt für einen stetigeren und gesicherteren Ertragszuwachs. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, die sich in den letzten Jahren geradezu mustergültig bewiesen haben. So etablierte sich eine hohe Korrelation zwischen dem Yen und den Aktienmärkten. Auf einen einfachen Nenner gebracht lautet hier die Formel „Aktienmärkte rauf, Yen runter und umgekehrt“. Der Zusammenhang etablierte sich im September 2003, kurz zuvor hatte EUR/JPY mit 88,94 ein Allzeittief markiert. Danach ging es mit dem Yen gegenüber dem Euro kontinuierlich bergab (bedeutet einen steigenden EUR/JPY-Kurs). Über 47% hat die japanische Valuta seither gegenüber dem Euro abgewertet. Der Dow Jones notierte zu diesem Zeitpunkt wieder über 9.000 Zählern, der S&P 500 hatte die 1.000-Punkte-Marke übersprungen. Der DAX war ebenfalls vom März-Tief bei 2.189 Punkten nach dem Platzen der Hightech-Blase wieder deutlich gestiegen.

Die signifikant hohe Korrelation zwischen EUR/JPY und DAX & Co. lässt sich zum Teil auch mit den Kapitalabflüssen aus Japan erklären, welche die Börsenhausse rund um den Globus anfeuerte. Der Yen ist zudem eine so genannte „Low-Beta“-Währung. Das bedeutet so viel wie defensiv, ähnlich einer Pharmaaktie. Diese bleiben in Bullenmärkten häufig hinter den Wachstumsaktien zurück – umgekehrt verhält es sich in Bärenmarkten. Der Yen konnte zuletzt immer dann stark profitieren (bedeutet einen fallenden EUR/JPY-Kurs), wenn es zu Korrekturen an den Börsen kam. Diese können durch externe Schocks wie dem 11. September oder durch ein Volaerhöhung ausgelöst worden sein.

Die Schwankungsintensität ist ein wichtiger Punkt – vor allem für Low-Beta-Währungen. Geht die Volatilität zurück – im Zeitraum September 2003 bis heute fiel der Volatilitätsindex des Chicago Board of Trade (CBOE) von etwa 23 auf 10 –, sind defensive Währungen weniger stark, dafür aber umso mehr deren offensive Pendants wie der Austral- oder Neuseelanddollar (Hochzinswährungen) oder andere Emerging-Markets-Währungen gefragt. Die Entwicklung der vergangenen Jahre spiegelt dies überdeutlich wieder. Nun kommen die Carry-Trader ins Spiel: Da die Schwankungsbreite und damit das Risiko an den Märkten abgenommen hat, wurde der Yen als Verschuldungswährung für Anlagen in „Aussie“, „Kiwi“ etc. entdeckt. Aber auch Aktien-, Rohstoff- und Anleiheinvestments wurden und werden mit billigen Krediten aus Japan finanziert. Der letzte größere Rückschlag an diesen Märkten rührt aus der Auflösung von Carry-Trades im März dieses Jahres nach einem Anstieg der Volatilität.

Zurück zum Yen, der beliebtesten Verschuldungswährung der Welt. Die Aussichten bleiben nicht nur aufgrund der von der Bank of Japan (BoJ) zu erwartenden graduellen Zinserhöhungen eingetrübt. Denn so lange die Volatilität und damit das Risiko gering bleibt, sind Carry-Trades zwar spekulativ, aber auch äußerst lukrativ. Und so lange die Börsen eine Art Einbahnstraße bleiben, setzt sich das scheinbare „Perpetuum Mobile“ fort. Für Anleger bedeutet dies den Volatilitätsindex der CBOE im Auge zu behalten. Ein nachhaltiger Sprung über die 20er-Marke könnte zur Rückführung von Carry-Trades führen und den Yen deutlich aufwerten lassen. Laufen DAX & Co. jedoch weiter – der Dow Jones überrannte nur drei Monate nachdem er die 13.000er-Marke geknackt hat die 14.000 Zähler – sollte der Yen verlieren. EUR/JPY könnte in den nächsten Monaten auf 172,00 oder mehr steigen.

Der Franken teilt übrigens das gleiche Schicksal wie der Yen. Die eidgenössische Valuta gehört ebenso zu den Low-Beta-Währungen. Vom Bewegungstief bei 1,4386 im September 2001 ausgehend legte EUR/CHF bis dato rund 13% zu. EUR/CHF dürfte bei einer anhaltenden Börsenhausse weiter zulegen können, zumal der Zinsabstand zwischen Euroland und der Schweiz mindestens stabil bei 150 Basispunkten bleiben sollte. Das Währungspaar ist mit Dow Jones, S&P 500 und DAX hochgradig positiv korreliert, d.h. steigen die Börsen fällt der Franken und umgekehrt. Der Korrelationskoeffizient von Dow Jones und EUR/JPY liegt bei 0,94, von Dow Jones und EUR/CHF bei 0,91. Bei DAX und EUR/JPY liegt der Wert bei 0,95, für DAX und EUR/CHF bei 0,91. Auch das Bestimmtheitsheiß (r²) für alle vier Kombinationen beträgt deutlich über 80%. Trotz seiner Bedeutung für die Währungswelt weist der Volatilitätsindex mit Yen oder Franken hingegen keinen signifikanten Zusammenhang auf.

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Christian Pohl - Head of Research der FX Direkt Bank

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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