Kommentar
10:10 Uhr, 14.09.2018

Die Türkei lenkt ein

Die türkische Notenbank hat einen mutigen Schritt gewagt. Sie hat den Leitzins auf 24% angehoben. Den Markt stabilisiert es, doch werden nun Köpfe rollen?

Die Politiker und ganz konkret das türkische Staatsoberhaupt haben deutlich gesagt, dass sie keine höheren Zinsen wollen. Die Notenbank hat immer betont, dass sie unabhängig sei. Angehoben hat sie die Zinsen deswegen trotzdem lange Zeit nicht. Das Zögern ist nun Geschichte.

Der Leitzins wurde gleich um 625 Basispunkte von 17,75 % auf 24 % angehoben. Nur Argentinien und Surinam haben noch höhere Zinsen. Der Leitzins ist in der Türkei nun so hoch wie seit Anfang 2004 nicht mehr. Die Währung konnte dadurch stabilisiert werden.

Nachdem die Lira zum Dollar kurzfristig auf ein Rekordtief von 7,00 erreichte, oszillierte sie einige Zeit um 6,50 herum. Jetzt ist die 6 wieder in greifbarer Nähe (Grafik 1). Der Weg dorthin war mühsam. Die Inflationsrate musste erst auf knapp 20 % steigen. Die Notenbank zögerte den Zinsschritt durch Tricks hinaus. Jetzt ging es nicht mehr anders.

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Bereits Ende Juli war klar, dass der Zins steigen muss. Den ausschlaggebenden Hinweis gab die Differenz der 1-jährigen Staatsanleiherendite zum Leitzins (Grafik 2). Ist die Rendite der Anleihen signifikant höher als der Leitzins, spricht dies für eine Abwertung der Währung.

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Der Leitzins war vor der jetzigen Anhebung 5,5 Prozentpunkte zu niedrig. Jetzt ist die Differenz mehr als geschlossen. Die Lira kann wieder aufwerten. Kurzfristig sollte das so bleiben. Die Anleiherendite blieb zuletzt unbewegt. Mit steigenden Zinsen stieg die Rendite nicht. Das spricht dafür, dass der jetzige Zinsschritt vorerst reicht und der Druck von der Währung genommen wurde.

Nun liegt es an der Türkei selbst, ob die Krise damit zumindest vorerst beendet ist. Die Notenbank hat bewiesen, dass sie doch noch unabhängig reagieren kann. Das gibt Vertrauen. Das Schlimmste, was nun geschehen kann: Die verantwortlichen Notenbanker werden entlassen.

Wird die Notenbank offiziell entmachtet, ist jegliches Vertrauen endgültig verspielt. Folgt ein solcher Schritt, kollabiert die Währung schnell und steht nicht bei 7, sondern vermutlich eher 9. Man kann nur hoffen, dass es am Ende ein abgekartetes Spiel war. Erdogan hat sich vor dem Zinsschritt beschwert. Er wusste also davon. Es war abgesprochen. Jetzt kann man die Schuld auf die Notenbank schieben, obwohl der Zinsschritt vermutlich abgesegnet war.

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2 Kommentare

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  • netzadler
    netzadler

    fakt ist, dass die türkei stand heute von ausländischem kapital beherrscht werden, das ganze natürlich nicht uneigennützig. die Diskussion dreht sich jetzt darum, wer daran schuld trägt, dass es soweit kommen konnte, gläubiger oder Schuldner.

    die Rechnung wird zu teilen sein.

    11:18 Uhr, 14.09. 2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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