Kommentar
08:46 Uhr, 21.12.2016

Die Trump-Rally: wie lange hält sie noch?

Die US-Börsen sind derzeit unverwüstlich und räumen ein neues Allzeithoch nach dem nächsten ab. Doch wie lange trägt die Begeisterung über den neuen Präsidenten noch?

Persönlich bin ich skeptisch, ob die nächste Administration halten kann, was sie verspricht. Diese Skepsis ist allerdings irrelevant. Was wirklich zählt ist die Meinung der Mehrheit der Anleger und die sind gerade positiv gestimmt. Es werden Aktien gekauft als gäbe es bald keine mehr.

Saisonal ist das Jahresende für gewöhnlich ohnehin stark, unabhängig davon, ob ein neuer Präsident gewählt wurde oder nicht. In diesem Jahr kann man aber nicht umhin, die Jahresendrally dem neuen Präsidenten zuzuschreiben. Noch bevor die Notenbank im Dezember die Zinsen anhob und den Ausblick anpasste (mehr Zinserhöhungen im kommenden Jahr), begann vor allem Bankaktien eine sensationelle Rally.

Auch Industriewerte konnten teils kräftig zulegen. Einzelne Sektoren wie etwa die Pharma- und Biotechnologiebranche haben es schwer. Wie Hillary Clinton sagt auch Trump den hohen Preisen den Kampf an. Von diesen Ausnahmen abgesehen steigt derzeit so gut wie alles. Das liegt auch daran, dass die Aussicht auf niedrigere Unternehmenssteuern den Wert von Unternehmen steigen lässt.

Unternehmen werden letztlich an Messgrößen wie dem KGV bewertet. Bleiben zukünftig einfach 10 % mehr vom Gewinn übrig, dann rechtfertigt das eine entsprechende Aufwertung der Unternehmen. Doch irgendwann sind all diese Faktoren auch einmal eingepreist. Ab wann muss man damit rechnen?

Grafik 1 zeigt die Performance von US Aktien zwischen der Wahl und Angelobung eines Präsidenten, die Performance im Monat 1 nach der Angelobung und die Performance in den zwei Monaten nach der Angelobung.

Das Bild ist dabei recht ernüchternd. Auf den ersten Blick lässt sich keine Systematik erkennen, die darauf hindeutet, dass die Wahl eines neuen Präsidenten einen positiven Effekt auf die Börse hat. Die Postwahlrally (zwischen Wahl und Angelobung) gibt es in vielen Fällen nicht einmal. Nach der Wahl steigen die Kurse in 64 % der Fälle. Das ist etwas besser als ein Münzwurf und weniger als die Wahrscheinlichkeit, dass die Kurse generell zu Jahresende steigen. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei 71 %.

Man kann grundsätzlich festhalten: so etwas wie eine Nachwahlrally gibt es gar nicht. Das bedeutet natürlich nicht, dass Trump nicht etwas mit der aktuell guten Performance zu tun hat. Es bedeutet lediglich, dass im Normalfall die Tatsache, dass ein neuer Präsident ins Amt kommt, keinen starken Einfluss auf die Kurse hat.

Die Wahl ist gelaufen und die Jahresendrally ist in vollem Schwung. Das ist kein Moment zu früh, um sich über das kommende Jahr Gedanken zu machen. Im Normalfall kann die positive Performance mit ins neue Jahr genommen werden, auch wenn die Dynamik nach der Jahresendrally im neuen Jahr deutlich abnimmt.

Derzeit werden Fakten geschaffen, indem man ganz klar von einer Jahresendrally sprechen kann. Wie es dann nach der Angelobung des neuen Präsidenten weitergeht, zeigt Grafik 2. Ist die Performance zwischen Wahl und Angelobung positiv, dann liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der darauffolgende Handelsmonat ebenfalls positiv ist bei 57 %.

Noch wissen wir nicht, ob der Markt bis zur Angelobung am 20. Januar durchhält und positiv bleibt. Geht man jedoch davon aus, dann stehen die Chancen für eine Fortsetzung der Rally nur noch knapp höher als die Wahrscheinlichkeit eines Münzwurfs. Dreht die Performance noch ins Negative, dann wäre die Chance einer Fortsetzung der negativen Performance mit 75 % ziemlich hoch.

Man kann also sagen: die Autokorrelation ist bei negativer Performance deutlich höher. Ist die Nachwahlrallye eine Nachwahlkorrektur, setzt sie sich für gewöhnlich auch nach der Angelobung fort.

Vorausgesetzt die Rally hält bis zum 20. Januar, kann man nicht automatisch davon ausgehen, dass die Performance weiterhin positiv bleibt. Es wird zunehmend schwieriger für die Börse, die Dynamik beizubehalten.

Clemens Schmale

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  • GeBa96
    GeBa96

    Für mich bleibt es positiv bis ca. 15, Januar. Dies ist meistens in den letzten Jahren so gewesen. Ich würde jetzt nichts mehr Neues kaufen und habe meine entsprechenden Limits gesetzt. Wir werden sehen. Ich würde dann erst wieder im IV. Quartal 2017 einsteigen.

    Vielleicht gibt es auch zwischendurch noch Möglichkeiten.

    12:56 Uhr, 21.12.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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