Kommentar
17:30 Uhr, 21.08.2007

Die Strömung der Märkte - Gegen oder mit dem Strom schwimmen?

Stellen Sie sich vor, wie Sie gerade einen Fluss hinabtreiben, nur wissen Sie gar nicht, dass Sie das gerade tun. Das einzige was Ihnen auffällt ist, dass wenn Sie sich in die eine Richtung bewegen, nämlich in jene, in die der Fluss fließt, die Bewegungen sehr schnell werden. Wenn Sie sich jedoch in die andere Richtung bewegen wollen, und zwar gegen die Fließrichtung, dann bewegen Sie sich nur sehr langsam oder gar nicht. Tatsächlich bemerken Sie sogar, dass Sie sich ganz schön anstrengen müssen, nur um ihre Position zu halten. Ihr Leben wird zur Qual. Es macht den Anschein als würde es Sie in eine gewisse Richtung drängen wollen. Sie fühlen sich darauf hin natürlich sehr schlecht und kämpfen dagegen an. Es hat jedoch keinen Sinn. Es hat weiterhin den Anschein als würden Sie sich lediglich in eine Richtung bewegen – und zwar in die Fließrichtung des Flusses.

Die meisten Menschen ziehen es vor gegen den Fluss anzukämpfen. Sie tun alles erdenkliche, nur um stromaufwärts zu kommen. Alle Lösungen dieser Art – und zwar gegen die Strömung anzukämpfen – haben dasselbe Resultat: Frustration. Wenn Sie sich in diesem Fluss befinden würden, was könnten Sie dann tun um Ihr Leben angenehmer und einfacher zu gestalten? Eine Lösung wäre es den Fluss ganz einfach zu verlassen. Das wäre jedoch mit Aufgeben gleichzusetzen. Es gibt nur eine einfache Lösung – und zwar zu akzeptieren bzw. sich einzugestehen, dass das Problem nichts mit dem Fluss zu tun hat. Der Fluss ist ganz einfach da. Und das Wasser wird immer flussabwärts fließen, das können Sie nicht ändern. Wenn Sie realisieren, dass das Problem von Ihnen selbst herrührt, dann wird die Lösung ganz offensichtlich – beginnen sie sich zu entspannen und bewegen Sie sich mit der Strömung.

Hoch kaufen, niedrig verkaufen?

Eines der ältesten Sprichwörter der Marktpsychologie lautet „Haben Sie keine Angst davor hoch zu kaufen und niedrig zu verkaufen“. Untersuchen wir diese Worte nun einmal auf ihre Bedeutung. Wenn der Marktpreis gerade hoch ist, dann bewegt sich der Markt nach oben. Jene, die Angst haben zu kaufen, weil der Markt bereits zu weit gestiegen ist, kämpfen gegen die Strömung des Flusses. Es ist möglich, dass der Fluss seine Fließrichtung ändert, man kann jedoch nicht vorhersagen ob dies auch bestimmt wie lange der Fluss gerade in eine bestimmte Richtung geflossen ist. Es kann sein, dass die Fließrichtung für unbestimmte Zeit beibehalten wird. Und wenn der Marktpreis dann gefallen ist, dann erkennt man erneut die Fließrichtung des Flusses. Jene, die nun Angst davor haben zu verkaufen, kämpfen wie bereits zuvor, gegen die Strömung.

Ob Sie sich nun mit der Strömung der Märkte treiben lassen oder gegen sie ankämpfen, der Markt wird immer weiter fließen. Und er wird sie auf diesem Wege in jede Richtung mitnehmen.

Warum widerstehen Trader der Strömung der Märkte? Sie tun das, weil sie psychologische Spiele mit dem Markt spielen. Das am weitesten verbreitete Spiel ist das „Nichtaufgebenwollen“, was Sie als Kontrolle bzw. das Bedürfnis des Rechthabens wahrnehmen, obwohl Sie gar keine Kontrolle über die Marktströmung haben.

Wenn Sie beginnen sich mit dem Markt anzulegen, dann wird diese Auseinandersetzung Sie völlig vereinnahmen. Sie merken gar nicht, dass Sie sich gerade mit dem Markt anlegen. Stattdessen ertappen Sie sich immer wieder dabei wie Sie nach einer Lösung dieser Auseinandersetzung suchen. Die Auseinandersetzung verbirgt jedoch die offensichtliche Lösung, nämlich loszulassen.

Nehmen wir beispielsweise an, dass Sie ein völlig überzeugter Bär sind, was die Märkte betrifft, und immer davon ausgehen, dass der Markt nach unten geht. Für Sie ist jede kleine Korrektur Beweis dafür, dass es zu einer endgültigen Trendumkehr gekommen ist. Daher gehen sie jedes Mal short, wenn sich eine passende Situation findet, werden jedoch immer wieder dafür bestraft. Sie wiederholen diesen Prozess immer und immer wieder, bis es tatsächlich zum erwarteten Bärenmarkt kommt. Mit jeder getätigten Transaktion wird der Kampf gegen die Strömung des Marktes für Sie immer intensiver.

Noch schlimmer verhält es sich jedoch mit Tradern, die die Unumgänglichkeit eines späteren Verlustes nicht akzeptieren wollen. Der Markt bewegt sich gegen jede Position, die der Trader eingeht, er weigert sich jedoch mit der Strömung zu schwimmen, und weigert sich überdies Verluste zu akzeptieren, so klein diese auch sein mögen. Der Trader fasst das als Affront gegen sein Ego auf. Daraus resultiert die fehlende Akzeptanz des Traders für den Verlust, und dieser wird immer größer und größer. Der größere Verlust ist jedoch noch viel schwieriger zu akzeptieren, und daher weigert sich der Trader weiterhin diesen zu hinzunehmen. Der Kampf geht so lange weiter, bis der Verlust ein dermaßen großes Maß annimmt, dass dem Trader nichts anderes übrig bleibt als den Verlust hinzunehmen.

Die Lösung des Problems, das den Widerstand gegen die Marktströmung betrifft, liegt darin zu begreifen, dass das Problem nichts mit dem Markt zu tun hat. Das Problem rührt von Ihnen selbst her, dem Trader. Der Markt bewegt sich nicht persönlich gegen Sie. Der Markt bewegt sich ganz einfach. Ob Sie nun mit dem Strom des Marktes schwimmen, oder gegen ihn ankämpfen, der Markt wird seine Strömung fortsetzen, und wird Sie auf diese Weise mitnehmen, ob Sie das nun wollen oder nicht. Die Marktströmung ist stärker als jeder individuelle Trader. Die Frage liegt darin ob sie begreifen, auf welche Weise Sie gegen den Markt kämpfen. Wenn Sie gegen den Markt drücken, dann hat es den Anschein als würde der Markt zurückdrücken. Der Markt ist jedoch nicht das Problem.

TJ-Fazit:

Beim Trading verhält es sich wie beim Schwimmen. Wer gegen den Strom schwimmt, dem geht langfristig die Puste aus.

Probleme beim Trading werden nicht durch den Markt verursacht. Es ist der Trader, der das Problem darstellt.

Wenn man den Markt erst einmal so akzeptiert wie er ist, dann kann man auch Erfolge verbuchen.

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Autor: Van K. Tharp, Ph.D. Dieser Fachartikel wird am Mittwoch im Tradersjournal veröffentlicht.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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