Kommentar
09:30 Uhr, 06.09.2022

Die Schuldenbremse ist eine große Mogelpackung

Ab heute befasst sich der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf 2023. Angeblich wird die Schuldenbremse nach drei Krisenjahren ab dem kommenden Jahr wieder eingehalten. Doch die Regierung greift zu billigen Taschenspielertricks, um eine weiterhin astronomisch hohe Neuverschuldung des Bundes zu ermöglichen.

Seit der Corona-Pandemie sind die Staatsausgaben geradezu explodiert, und damit auch die Neuverschuldung des Bundes. Die Neuverschuldung ist die Summe, um die der Schuldenberg des Bundes jedes Jahr anwächst. Wurde in den Jahren 2014 bis 2019 tatsächlich eine "schwarze Null" im Bundeshaushalt erreicht, wuchs der Schuldenberg im Jahr 2020 um mehr als 130 Milliarden Euro und 2021 um mehr als 215 Milliarden Euro. Im aktuellen Jahr dürfte die Neuverschuldung bei knapp 139 Milliarden Euro liegen.

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Heute beginnen im Bundestag die Beratungen zum Haushalt 2023. Der Haushaltsentwurf sieht eine Neuverschuldung von "nur" noch 17,2 Milliarden Euro vor. Angeblich wird die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ab dem kommenden Jahr damit wieder eingehalten. Die seit dem Jahr 2011 geltende Schuldenbremse sieht vor, dass die konjunkturunabhängige und damit strukturelle Neuverschuldung des Bundes höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen darf, wobei Ausnahmen für Naturkatastrophen oder Wirtschaftskrisen vorgesehen sind.

Doch die Schuldenbremse wird im kommenden Jahr nur auf dem Papier wieder eingehalten. Verantwortlich dafür ist unter anderem, dass der Bund inzwischen mehrere Schattenhaushalte unterhält, deren Neuverschuldung im offiziellen Haushaltsentwurf nicht vorkommt. Offiziell werden die Schattenhaushalte "Sondervermögen" genannt, doch tatsächlich handelt es sich dabei nicht um Vermögen, sondern um Nebenhaushalte, mit denen der Bund sich im Namen aller Bürger verschulden kann, ohne dass die Schulden im offiziellen Bundeshaushalt auftauchen müssen.

Während der Haushaltsentwurf für 2023 nur eine offizielle Neuverschuldung in Höhe von 17,2 Milliarden Euro ausweist, ist sich tatsächlich laut Bundesrechnungshof mehr als viermal so hoch und beläuft sich auf ganze 78,2 Milliarden Euro. Darin enthalten sind 40,5 Milliarden Euro, die der Allgemeinen Rücklage des Bundes aus der Rücklage „Asylbewerber und Flüchtlinge“ zugeführt werden und die ebenfalls über Kredite finanziert werden. Außerdem nehmen der Klima- und Transformationsfonds des Bundes 9,3 Milliarden Euro an neuen Schulden, das Sondervermögen Bundeswehr 8,5 Milliarden Euro und das Sondervermögen Digitale Infrastruktur 2,7 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten auf.

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Relativ unverhohlen wirft der Bundesrechnungshof der Regierung vor, sowohl der Öffentlichkeit als auch dem Parlament ein falsches Bild von den Staatsfinanzen zu vermitteln. "Aus dem Haushaltsentwurf wird die wahre Lage der Bundesfinanzen nicht deutlich", heißt es in einem Bericht des Bundesrechnungshofes, der in der vergangenen Woche an den Haushaltsausschuss des Bundestags ging. "Die Verlagerung von Ausgaben und Schulden in Sondervermögen sowie Buchungspraktiken verstellen das Bild."

Dem Parlament müssten "bessere und klarere Informationen zur wahren Lage der Bundesfinanzen" gegeben werden, fordert der Bundesrechnungshof. So müsse unter anderem die wahre Höhe der Neuverschuldung (78,2 Milliarden Euro statt 17,2 Milliarden Euro) im Haushaltsentwurf ausgewiesen werden. Darüber hinaus fordert der Rechnungshof auch eine Rückkehr zu soliden Staatsfinanzen: "Die weitere erhebliche offene und verdeckte Verschuldung des Bundes muss beendet werden."

Fazit: Die Bundesregierung greift zu billigen Taschenspielertricks, um die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse ab dem kommenden Jahr wieder einzuhalten. Tatsächlich wird durch mehrere Schattenhaushalte eine verdeckte Staatsfinanzierung organisiert, die in weiten Teilen an der Öffentlichkeit und am Parlament vorbeigeht. Der Bundesrechnungshof legt als von der Regierung unabhängige Institution den Finger in die Wunde und wirft der Bundesregierung nicht zum ersten Mal vor, dem Parlament und der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck von den Staatsfinanzen zu vermitteln.


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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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