Kommentar
08:00 Uhr, 03.07.2009

"Die Schaufenster sind geschmückt"

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Das zweite Quartal ist vorbei und Investoren können zufrieden sein, sowohl mit dem Verlauf der Monate April bis Juni als auch mit dem Halbjahr insgesamt. Unter dem Strich war, auch wenn es zu Jahresbeginn mal überhaupt nicht danach aussah, mit Aktien wieder Geld zu verdienen ganz im Gegensatz zum „Katastrophenjahr“ 2008.

Stichtage wie der 1. Juli oder noch viel mehr der 1. Januar sind gute Momente, um kurz über die Schulter zu schauen und ein Fazit zu ziehen. Hier wird noch mal inne gehalten, das Geschehene gewürdigt, die Positionen im Depot kritisch hinterfragt und aus allem ein Rückschluss gezogen, wie es weiter geht. Doch nicht nur das eigene Handeln kann kritisch überprüft werden, sondern auch das eines beauftragten Investors, beispielsweise ein Vermögensverwalter oder Fondsmanager. Und weil diese zu den Stichtagen am Halbjahr und am Jahreswechsel besonders unter Beobachtung stehen, ist die Versuchung groß, die erbrachte Leistung in einem möglichst positiven Licht scheinen zu lassen. Die Rede ist vom viel zitierten „Window Dressing“, einem Begriff, der wörtlich übersetzt „Schaufenstergestaltung“ heißt, aber gerne für das Aufhübschen von Depots und sogar mitunter für Bilanzfälschung verwendet wird.

Konzentrieren wir uns auf den Aspekt des „Schmückens“ von Fonds, die (stichtagsbedingt) ins Auge rücken wie ein Schaufenster eines Spielzeuggeschäfts in der Vorweihnachtszeit. Hier hat der Asset Manager zwei Stellschrauben, um beim Investor zu punkten: Das eine ist die Performance insgesamt, die mit einem Schlussspurt noch wenn irgend möglich verbessert werden muss, das andere ist die Auswahl von Einzeltiteln.

Die Verbesserung der Performance ist zweifelsohne schwierig, weil es eines zusätzlichen Kapitals bedarf, die gehaltenen Positionen noch mal hinzuzukaufen, um hier steigende Preise zu erreichen. Zudem widerspricht es dem grundsätzlichen Ansatz eines Anlegers, möglichst günstig zu kaufen, wenn bewusst teuer gekauft wird, um Kurse „anzuschieben“. Dennoch ist dieses Phänomen immer wieder anzutreffen, wird in seiner Auswirkung aber tendenziell überschätzt.

Etwas deutlicher anzutreffen ist eine etwas konsequentere Einzelwertauswahl. Besonders Papiere, die von der breiten Außenwelt negativ assoziiert werden, wie momentan beispielsweise Arcandor, werden oft schnell noch mal „ausgemistet“. Nachvollziehbar und durchaus auch immer wieder wirksam bei der Wertentwicklung einzelner Titel. Doch auch hier mitunter fragwürdig vom tatsächlichen Nutzen für den Handelnden. Denn besonders beim Jahresultimo sorgt die drastische Abgabewut bei den Werten, die bereits das ganze Jahr stark verloren haben in Kombination mit geringer Liquidität für deutliche Verwerfungen oftmals in allerletzter Minute.

Der Gegeneffekt ist dann zumeist am 2. Januar, wenn die Börsen wieder eröffnen, zu sehen. Die „Fallen Angels“ steigen mitunter deutlich an. Hier liegen Chancen für Arbitrageure, wie immer auf dem Parkett, wenn das ruhige Kalkül zurückgestellt wird, um einen optischen Effekt zu erreichen.

*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der "Platow Börse" und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm 'Finde die richtige Aktie - ein Profi zeigt seine Methoden' im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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