Kommentar
15:48 Uhr, 23.06.2006

Die Rendite der privaten Geldvermögen

Die jährlich von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Geldvermögensrechnung verschafft einen Überblick über das Finanzvermögen der privaten Haushalte. Sie enthält nicht nur Informationen über den gesamten Vermögensbestand, sondern gibt unter anderem auch an, wie viel jedes Jahr gespart wurde und welche Vermögenswerte in den Portfolios der Deutschen vertreten sind. Als wichtigste Positionen werden Bargeld und Sichteinlagen, Lebensversicherungen, Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Fondsbeteiligungen und Ansprüche aus Pensionsrückstellungen erfasst.

Die Geldvermögensrechnung gibt somit Auskunft über die Mittelherkunft und -verwendung und kann als repräsentatives Finanzportfolio der Deutschen interpretiert und auch entsprechend analysiert werden. Vor dem Hintergrund der absehbaren Versorgungslücken in der gesetzlichen Rentenversicherung erhält eine solche Analyse zusätzliche Brisanz. Denn der langfristige Vermögensaufbau zur Absicherung eines angemessenen Lebensstandards im Alter dürfte neben dem Vorsichtsmotiv und dem Ansparen für Konsumgüter zum wesentlichen Sparmotiv werden. Das private Vermögens- Portfolio wird in Zukunft noch viel stärker als heute über die Qualität der finanziellen Absicherung im Alter entscheiden. Da es zur Erreichung eines angestrebten Sparziels nicht nur auf eine ausreichend hohe Sparquote ankommt, sondern ebenso einer angemessenen Allokation der verfügbaren Mittel bedarf, gewinnen langfristig ausgerichtete Anlagestrategien an Bedeutung.

Der Aufbau des Geldvermögens- Portfolios

Das Geldvermögen hat Ende des Jahres 2004 insgesamt 4.068 Mrd. EUR erreicht und konnte sich damit seit Anfang der neunziger Jahre ungefähr verdoppeln1. Allerdings vollzog sich der Anstieg der Geldvermögen in den vergangenen 14 Jahren mit einem jährlichen nominalen Wachstum von ungefähr 5,5 % vergleichsweise langsam. In den vorausgegangenen Jahrzehnten waren zum Teil deutlich höhere Zuwachsraten zu verzeichnen . Zwischen 1960 und 1970 legte das Geldvermögen um 12 % jährlich zu und auch in den siebziger Jahren war der Anstieg mit 11 % jährlich ähnlich dynamisch. In den achtziger Jahren war noch eine Erhöhung von über 7 % per annum zu registrieren .

Die Zuwachsraten sind also kontinuierlich zurückgegangen. Dieser Effekt zeigt sich auch bei der realen Betrachtung. Die realen Wachstumsraten verringerten sich von gut 9 % in den sechziger über 6 % in den siebziger Jahren und knapp 5 % in den Achtzigern auf 3,5% in den vergangenen 14 Jahren.

Dieser Anstieg ist ganz überwiegend auf das Sparen zurückzuführen. Von 1960 bis 1990 erklärt der Zufluss neuer Mittel annähend 100 % des Anstiegs der Geldvermögen. Kursgewinne spielten zu der Zeit praktisch keine Rolle. Erst in den neunziger Jahren gewinnen diese einen gewissen Einfluss. Während Sparen vier Fünftel zum Anstieg der Vermögen beiträgt, resultiert jetzt immerhin ein Fünftel aus Kursgewinnen. Über ein Zeitfenster von vierzehn Jahren, das die jüngsten Einbrüche am Aktienmarkt berücksichtigt, fällt die Bedeutung der Kursgewinne allerdings wieder ab. Sie tragen bei dieser Betrachtung noch ein Siebtel zum gesamten Zuwachs von 5,5 % bei.

Obwohl sich die Geldvermögensbildung in Prozent des BIP über die vergangenen 45 Jahre in einem relativ engen Band bewegt hat und mit 6,7 % im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahren annähernd so hoch war wie in den sechziger Jahren, hat ihr Beitrag zum Geldvermögenszuwachs massiv abgenommen. Trug das Sparen Anfang der sechziger Jahre noch zu annähernd 12 % des Geldvermögens bei, sind es heute nur noch etwas über 3 %. Da das Geldvermögen sehr viel stärker angestiegen ist als das BIP, wird bei einer gleichbleibenden Sparquote der Beitrag zum Wachstum der Geldvermögen immer geringer. Anders ausgedrückt: Um Geldvermögenszuwächse in der Größenordnung der sechziger Jahren zu erreichen, ohne dabei auf Wertzuwächse zu setzen, müsste sich die Sparquote am aktuellen Rand fast vervierfachen und auf den für reife Volkswirtschaften völlig unrealistischen Wert von ungefähr 40 % des BIP ansteigen.

Damit ist klar, dass ein Anstieg der Sparquote zwar helfen würde , das Wachstum der Geldvermögen zu beschleunigen, dass aber gleichzeitig der Spielraum begrenzt ist. Gleichzeitig gewinnt bei einem höheren Vermögensbestand die auf das Kapital erzielte Rendite, also die Summe aus Kapitalgewinnen und Kapitalerträgen entsprechend an Bedeutung.

Die Rendite des Geldvermögens-Portfolios

Um die Gesamtrendite einer Kapitalanlage zu berechnen werden neben den Kursgewinnen auch die laufenden Erträge benötigt. Aus der Geldvermögensrechnung der Deutschen Bundesbank lassen sich allerdings direkt nur die Kursgewinne ablesen. Die Kapitalerträge dagegen, also zum Beispiel Zinsen und Dividenden, stellen Einkommen der privaten Haushalte dar und sind nicht separat erfasst2 . Zur Berechnung der Gesamtrendite müssen die Erträge folglich abgeschätzt werden. Dabei sind wir wie folgt vorgegangen: Für alle Positionen wurde ein Jahresdurchschnittsbestand gebildet. Auf diesen Durchschnittsbestand wurde die im laufenden Jahr erzielbare Ausschüttung berechnet. Für Geldmarktprodukte war dies der Geldmarktzins, für Aktien die heimische Dividendenrendite, für festverzinsliche Papiere die Umlaufrendite. Für Wertpapierfonds, die im Wesentlichen aus Aktien und aus Rentenpapieren bestehen, wurde eine aus Umlaufrendite und Dividendenrendite gewichtete Ausschüttung bestimmt. Bei den Versicherungsanlagen kann die Höhe der Ausschüttungen direkt aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechung des Statistischen Bundesamtes ermittelt werden. Somit lässt sich eine Gesamtrendite des Geldvermögens-Portfolios der Deutschen berechnen. Im Durchschnitt der letzten Dekaden lag die Nominalrendite relativ konstant zwischen 4 % und 5 %. Allerdings ergeben sich aufgrund der großen Schwankungen im Inflationsverlauf erhebliche Unterschiede in der Realrendite. In den sechziger und achtziger Jahren lag diese bei ungefähr 2 %. In den siebziger Jahren war sie wegen der hohen Inflation dagegen negativ. Von 1991 bis 2004 notierte die Realrendite erneut bei 2,1 %.

Ein Vergleich mit den USA

Sehr viel stärker als in Deutschland basiert das Wachstum des Geldvermögens in den USA auf Kapitalgewinnen. In den siebziger Jahren wuchs das Geldvermögen mit nominal 10 % pro Jahr in etwa so stark wie in Deutschland3. Dieser Zuwachs war allerdings ungefähr gleich verteilt zwischen Sparen und Kapitalgewinnen. Die Wachstumsrate in den achtziger Jahren betrug 8,3 %, Kapitalgewinne trugen dazu 3,5 Prozentpunkte bei. In den letzten vierzehn Jahren schließlich wurde ein Zuwachs von knapp 7 % erzielt, der zu zwei Drittel durch den Wertzuwachs der Vermögen erklärt werden kann. Aufgrund der im Vergleich zu Deutschland höheren Inflationsraten, vor allem in den siebziger Jahren, fallen die realen Wachstumsraten allerdings bescheidener aus. In den siebziger Jahren betrug der reale Zuwachs etwas über 2 %, in den achtziger Jahren waren es knapp 4 % und in den vergangenen vierzehn Jahren etwas mehr als 4 %. In realer Betrachtung sind die USamerikanischen Geldvermögen somit vor allem in den siebziger und achtziger Jahren etwas langsamer gewachsen als in Deutschland. Ohne den sehr starken Beitrag der Kursgewinne in den Vereinigten Staaten wäre dieser Abstand noch viel deutlicher ausgefallen.

Eine Renditeanalyse seit 1991 – auf ähnliche Weise durchgeführt wie im Fall des deutschen Portfolios - bestätigt den Renditevorsprung der US-Anlagen. Die Nominalrendite lag bei 6 %, was einer Realrendite von 3,6 % entspricht. Dies ist gegenüber Deutschland immerhin ein Renditevorsprung von 1,5 % pro Jahr.

Ein wesentlicher Grund für die bessere Rendite in den USA ist der sehr viel niedrigere Anteil von Spar- bzw. Geldmarktanlagen. Gut 12 % halten beide Länder in Fonds und etwa ein Drittel ist in Altersvorsorgeprodukten wie Versicherungen und Pensionskassen angelegt. Ein geringerer Unterschied ergibt sich bei festverzinslichen Wertpapieren. Der Anteil liegt in den USA bei 8,5 %, während die Deutschen gut 12 % in Rentenwerten investiert haben. Der reine Aktienanteil unterscheidet sich demgegenüber deutlich in beiden Ländern: in den USA liegt er bei 22 %, in Deutschland aber nur bei 6,5 %. Dagegen sind in Deutschland fast 40 % der Mittel in Sparanlagen angelegt, in den USA nur knapp 20 %. Die durchschnittliche Nominalrendite dieser Produkte lag in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren bei ungefähr 2 %. Damit wurde nur ein geringer realer Zuwachs erzielt. Am deutschen Aktienmarkt fiel eine Dividendenrendite in ähnlicher Größenordnung an, gleichzeitig erzielte der DAX aber seit 1994 auch noch Kursgewinne von über 5 % jährlich.

Effekte einer Portfolioumschichtung

Damit lässt sich auch abschätzen, welchen quantitativen Einfluss eine Portfolioumschichtung von Sparprodukten auf Aktien auf das Geldvermögenswachstum der Deutschen haben könnte. Natürlich ist es nicht ungefährlich, einen in den vergangenen 14 Jahren erzielten Renditevorsprung einfach in die Zukunft fortzuschreiben. Nachgewiesen wird der in diesem Zeitraum bestehende Renditevorsprung aber auch durch längerfristige Studien. Diese bestätigen eine Risikoprämie von Aktien im Vergleich zu langlaufenden Staatsanleihen in der Größenordnung von 4 Prozentpunkten. Über einen Zeitraum von 100 Jahren lag die reale Rendite eines globalen Aktienportfolios bei ungefähr 5 %, die Rendite eines globalen Bond-Portfolios dagegen nur bei 1 Prozent4. Der im folgenden unterstellte Renditevorsprung von 4 % von Aktien gegenüber Sparanlagen ist somit auch in der längeren historischen Betrachtung gerechtfertigt.

Würden nur 10 % der Mittel zum Aktienmarkt umgeschichtet, so ließe sich bei einer unterstellten langfristigen Renditedifferenz von 4 % die Gesamtportfoliorendite um 0,4 % steigern. Eine Angleichung der Aktienquote an amerikanische Verhältnisse würde gar zu einem Anstieg der Gesamtportfoliorendite um 0,6 % führen6. Die direkte Aktienquote in Deutschland läge damit bei 20% . Unter Hinzurechnung der Aktienfonds ergäbe sich eine gesamte Aktienquote von ungefähr 25%. Dies würde auch die Volatilität des gesamten Portfolios erhöhen, allerdings scheint eine solche Quote angesichts des langen Anlagehorizontes beim Altersvorsorgesparen auch aus Risikogesichtspunkten nicht zu hoch zu sein7.

Bei einem Geldvermögen von 4 Billionen EUR entspricht die langfristig zu erwartende Renditeverbesserung aufgrund einer 10- prozentigen Umschichtung in den Aktienmarkt immerhin einem jährlichen Vermögenszuwachs von 16 Milliarden EUR. Bei einer 15-prozentigen Umschichtung sind es sogar 24 Milliarden EUR. Im Vergleich dazu belief sich die gesamte Geldvermögensbildung im Jahr 2004 auf 131 Milliarden EUR. Das „Ersparnisäquivalent“ einer solchen Portfolioumschichtung liegt also durchaus in einer signifikanten Größenordnung.

Summa Oeconomica

- Ein Aufbau der Geldvermögen ist in Deutschland dringend geboten.

- Teilweise kann dies sicherlich auch durch einen Anstieg der Sparquoten erreicht werden. Allerdings sind hier nicht nur durch den verhaltenen Anstieg der verfügbaren Einkommen natürliche Grenzen gesetzt. Das inzwischen erreichte hohe Niveau der Geldvermögen macht es auch zunehmend schwieriger, Wachstum allein durch Sparen zu generieren.

- Erfolgversprechender erscheint es daher, ungenutzte Reserven zu mobilisieren und die Rendite des Gesamtportfolios zu optimieren. Insbesondere eine Umschichtung des in Deutschland deutlich überdimensionierten Anteils von niedrig verzinsten Bankeinlagen zu Gunsten von Aktienanlagen, entweder als Direktanlagen oder als Fonds, dürfte zu einer im Durchschnitt deutlich verbesserten Rendite bei nach wie vor akzeptablem Gesamtrisiko führen.

Quelle: dit

Der dit (Deutscher Investment Trust) verfügt über fast 50 Jahre Fondsmanagement-Erfahrung in Deutschland und ist Teil einer der größten Vermögensverwalter der Welt – der Allianz Dresdner Asset Management. In über 100 Fonds verwaltet der dit mehr als 58 Mrd. Euro (Stand: Mitte Februar 2005).

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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