Kommentar
16:25 Uhr, 02.02.2009

Die OPEC hat sich "selbstmörderisch" verhalten

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  • WTI Öl
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Paris (BoerseGo.de) – Ein bekannter Analyst hat die OPEC für den Zusammenbruch der Ölpreise verantwortlich gemacht. Das Ölkartell habe es nicht geschafft, seine Förderquotensenkungen rechtzeitig bei seinen Mitgliedsländern durchzusetzen und hat so widersprüchliche Signale an einen bereits skeptischen Markt ausgesendet.

Nicholas Sarkis, Generaldirektor des in Paris ansässigen Arab Petroleum Research Centre (APRC), welches die Organisation arabischer Erdölexportländer Oapec berät, hat das Verhalten der OPEC beim Umgang mit dem fallenden Ölpreis als „selbstmörderisch“ bezeichnet.

„Das dritte Mal in Folge hat das Treffen der OPEC am 17. Dezember nicht den erhofften Aufschwung der Ölpreise sondern eine Beschleunigung des Zusammenbruchs der Preise ausgelöst, so sehr dass der Monatsdurchschnittspreis des OPEC-Öl-Korbs von 112,40 US-Dollar im August auf 49,70 US-Dollar im November und 34,90 US-Dollar nach dem Dezembertreffen gefallen ist“, so Sarkis. „Auf den ersten Blick ist dieses unglückliche Ereignis insofern besonders deswegen überraschend, als dass die Organisation entschieden hat, ihre Förderquoten ab dem 1. Januar und zuvor kräftig zu senken.“

Sarkis ist der Meinung, dass das hohe Niveau von Lagerbeständen, das sich in den Verbraucherländern und auch in Tankschiffen angesammelt habe, schwerer wiege als irgendwelche Entscheidungen der Öl exportierenden Länder. Diese seien ohnehin „größtenteils theoretisch.“

Um auf ein normales Vorratsniveau zurückzukehren müsste die OPEC dem Markt 240 Millionen Barrels entziehen, was dem Weltverbrauch von fünf Tagen entspreche. Die OPEC müsste hierfür eine Fördermengensenkung von 4,2 Millionen Barrel/Tag für einen Zeitraum von fast zwei Monaten strikt durchsetzen, vorausgesetzt allerdings, dass die Nachfrage bis dahin nicht weiter nachlässt, so der Analyst. Dies sei besonders im Frühjahr zu erwarten, wenn die Heizungen ausgeschaltet werden. Dann werde die weltweite Nachfrage im Vergleich zum ersten Quartal um weitere 0,9-1 Million Barrels/Tag fallen.

„Ein dritter aber nicht letzter Grund besteht aus den widersprüchlichen Aussagen und Haltungen der verschiedenen OPEC-Mitglieder und aus der Abwesenheit und Ungenauigkeit ihrer Signale, die sie an den Markt aussenden bezüglich ihrer Absicht, den Abwärtstrend des Ölpreises zu stoppen.“

Laut Sarkis hab es in den letzten Monaten in den Communiqués der OPEC kein klares Ziel für den Ölpreis noch einen klaren Fahrplan zur Erreichung dieses Ziels gegeben. Es wäre sicherlich einfacher gewesen wieder zu dem System zurückzukehren, das vor dem Irakkrieg im März 2003 festgehalten wurde. Dieses bestand aus einer Preisober- und einer Preisuntergrenze und klaren Anweisungen, was bei Über- oder Unterschreiten dieser Grenzen unternommen werden sollte.

Zahlreiche Projekte wurden durch den niedrigen Ölpreis bereits abgebrochen und würden nicht weiter verfolgt, mit dem Resultat, dass die gesamte Fördermengenkapazität bis 2011-2012 um fünf bis acht Prozent gesenkt wird. Die Sparmaßnahmen betreffen vor allem die teuersten Projekte, wie jene die in Kanada für Ölsand bei Kosten von 90 bis 100 US-Dollar pro Barrel geplant wurden. Diese Preise würden als Mindestmaß angesehen, um die Produktion aufrechterhalten zu können.

„Zusätzlich zum Zusammenbruch der Preise würden die Investitionen im Sektor durch die hohe Schwankungsanfälligkeit der Preise, die schlechte Verfügbarkeit von Krediten sowie die schlechte Planungsfähigkeit negativ beeinflusst.“ Bei vielen Projekten seien die Kosten nicht im gleichen Ausmaß zurückgegangen, wie der Ölpreis selbst. Diese Situation, so der Analyst weiter, wird noch so lange anhalten, bis ein Ende der Kreditkrise in Sicht ist.

Sarkis fordert die Schließung von kleinen und mittelgroßen Förderanlagen, insbesondere von jenen in Nordamerika.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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