Die Ökonomen kapitulieren
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Wenn Anleger kapitulieren, gibt es die besten Kaufgelegenheiten. In zwei Fällen kann man von Kapitulation sprechen. Entweder wird panikartig verkauft und es kommt zum Crash oder ein Bärenmarkt dauert so lange und zermürbt, dass Anleger die Hoffnung auf steigende Kurse aufgeben. Kapitulation ist ein Kontraindikator. Es wird gekauft, wenn die Hoffnung aufgeben wurde.
Bei der Ausbildung von Hochs am Aktienmarkt spricht man nicht von Kapitulation. Stattdessen sind Anleger euphorisch. Auch dies ist ein Kontraindikator. Ist die Stimmung ausgelassen, sollte man verkaufen. Beides, besonders schlechte und gute Stimmung, entwickeln sich in einem Prozess. Hoffnungslosigkeit entsteht, wenn Rücksetzer gekauft werden, der Markt danach aber nur kurz steigt und seinen übergeordneten Abwärtstrend weiter fortsetzt. Werden Erwartungen wiederholt enttäuscht, kommt irgendwann Verzweiflung auf.
Im Aufwärtstrend ist es nicht anders. Anleger sind skeptisch. Nach jedem Rücksetzer steigen die Kurse aber. Der Trend wird mit der Zeit erkannt und irgendwann entsteht der Glaube, dass die Kurse gar nicht mehr fallen können. Wechseln Anleger ihre Überzeugung von Hoffnungslosigkeit (Kurse können nicht mehr steigen) zu Euphorie (Kurse können nicht mehr fallen), steht der Trend meist vor der Umkehr. Ist auch der letzte Anleger überzeugt, gibt es keine Verkäufer oder Käufer mehr. Der Trend kann drehen.
Dieses Prinzip gilt bei allem, was auf Erwartungen basiert, also auch Prognosen zum Wirtschaftswachstum. Seit 2022 wird für die USA eine Rezession erwartet. Ende 2022 wurde für die erste Jahreshälfte 2023 negatives Wachstum erwartet. Dieses kam nie. Die Rezession wurde mit jedem Quartal nach hinten verschoben. Anstatt Anfang 2023 zu beginnen, sollte es dann erst Mitte des Jahres und dann Ende des Jahres sein (Grafik 1). Inzwischen wird nur noch eine Verlangsamung erwartet, keine Rezession mehr. Kontinuierlich positives Wachstum hat Ökonomen zermürbt.
Wie an der Börse, kann dies ein Warnsignal sein. Derzeit ist es das noch nicht. Mit der Zeit werden die Wachstumsprognosen immer weiter nach oben korrigiert. Das tatsächliche Wachstum fällt am Ende noch höher aus als die revidierten Prognosen. Die Fortsetzung dieses Trends ist auch für das abgelaufene Quartal sehr wahrscheinlich (Grafik 2).
Erst, wenn das tatsächliche Wachstum niedriger ausfällt als erwartet, hat der Trend gedreht. Ökonomen sind dann äquivalent zu Anlegern euphorisch. Das ist noch nicht der Fall. Stattdessen zeigen sich die wirtschaftlichen Lagewerte weiterhin sehr robust. Negatives Wachstum ist fast ausgeschlossen (Grafiken 3 und 4). In Summe (Lage- minus Erwartungswerte) ergibt sich inzwischen sogar wieder eine Trendwende nach oben (Grafik 5). Die US-Wirtschaft dürfte weiterhin deutlich robuster sein, als es die meisten erwarten. Das ist auch für den Aktienmarkt mittelfristig positiv.
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