Die Nerven liegen blank
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Die letzte Woche erwies sich für die US-Aktienmärkte als schwierig, denn die Angst vor rückläufigen Unternehmensgewinnen und enttäuschenden Konjunkturdaten löste kräftige Verluste an den Märkten aus. Verschiedene IT-Riesen, allen voran IBM, berichteten über unerwartet schwache Gewinnzahlen zum ersten Quartal und/oder gaben schwächere Gewinnprognosen heraus. Die enttäuschenden Quartalszahlen von IBM, dem größten Computerhersteller der Welt, versetzten dem Vertrauen der Anleger in der IT-Branche weltweit einen spürbaren Dämpfer. Verstärkt wurde die schlechte Stimmung noch durch die im Wochenverlauf veröffentlichten enttäuschenden Konjunkturzahlen. So hat das US-Handelsdefizit im Februar einen neuen Rekord erklommen, während die US-Einzelhandelszahlen und die Lagerbestandszahlen schwächer als erwartet ausfielen. Hieraus schlossen die Anleger, dass mit einer Abkühlung der US-Konjunktur zu rechnen ist.
Auch die japanischen Aktienmärkte gaben im Wochenverlauf wegen einer möglichen Abschwächung der US-Nachfrage – insbesondere im IT-Bereich – nach. Aber auch die anhaltenden Spannungen mit China trugen zur Zurückhaltung der Anleger bei. Schließlich ist China der größte Handelspartner Japans, und Anleger befürchten nun, dass die jüngsten antijapanischen Proteste in China, ausgelöst durch eine angebliche Geschichtsverzerrung in japanischen Schulbüchern, in einen Boykott japanischer Produkte münden könnten.
Bedenken über die weitere Entwicklung der US-Wirtschaft waren auch der Grund für den Rückgang an den europäischen Aktienmärkten. Der DAX musste 2% und der CAC-40 2,2% abgeben.
In Großbritannien verlor der FTSE 100 1,8% seines Werts. Die Angst vor einer rückläufigen Metallnachfrage aus China brachte britischen Minengesellschaften Kursverluste ein, während britische Wohnungsbaugesellschaften wegen der von Anlegern befürchteten rückläufigen Hausverkäufe Federn lassen mussten.
Kursverluste gab es auch an den asiatisch-pazifischen Märkten. So verzeichneten die technologielastigen Börsenbarometer in Taiwan und Korea einen deutlichen Einbruch von 2,3% bzw. 4,5%. Für eine weitere Eintrübung der Stimmung sorgte das größte Technologieunternehmen in der Region, Samsung Electronics aus Korea, dessen Gewinnzahlen zum ersten Quartal nicht mit den Erwartungen Schritt halten konnten. Wegen niedrigerer Preise und dem bestehenden Überangebot ging der Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um die Hälfte zurück.
In der letzten Woche ging es für die Emerging Markets ebenfalls abwärts, denn die miese Stimmung der Anleger ging auch an ihnen nicht spurlos vorüber. Erneut traf es die lateinamerikanischen Märkte besonders hart: Der argentinische Merval-Index sackte um 9,8% und die brasilianischen und mexikanischen Börsenbarometer um jeweils 4,7% ab.
Von der Schwäche an den Aktienmärkten profitierten hingegen die Staatsanleihemärkte, denn Anleger machten sich wegen der Schwankungen bei Aktien auf die Suche nach einem sicheren Hafen an den Rentenmärkten. Aus den Protokollen zur letzten Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (Fed) ging derweil hervor, dass die Bedenken der Währungshüter in Sachen Inflation gegenüber dem Vormonat nicht zugenommen haben. Das Protokoll und die schwachen US-Konjunkturdaten überzeugten Anleger schließlich, dass in nächster Zeit nicht mit aggressiveren Zinserhöhungen durch die Fed zu rechnen ist. US-Treasuries erzielten in der Folge eine Rallye.
An den Devisenmärkten trat der US-Dollar in der letzten Woche im Wesentlichen auf der Stelle. Er konnte sich damit trotz des Rekordhandelsdefizits und der Andeutungen von Seiten der Fed behaupten, dass sich die gemäßigten Zinsschritte fortsetzen werden.
An den Rohstoffmärkten verbilligte sich Öl spürbar. Dem waren Berichte über eine erneute Ausweitung der US-Rohölreserven sowie erste Hinweise auf eine mögliche Abschwächung der Nachfrage in China vorausgegangen. Und weil der US-Dollar seine Stellung verteidigte, gab der Goldpreis leicht nach.
Nerven liegen blank
In der laufenden Woche wird die Berichtssaison in den USA ihren Höhepunkt erreichen, wenn insgesamt 24 hochkarätige Unternehmen ihre Zahlen zum ersten Quartal vorlegen. Und die dürften bis ins Detail auf Anzeichen dafür durchleuchtet werden, ob die US-Wirtschaft in einer guten oder schlechten Verfassung ist. Die jetzt anstehenden Zahlen werden wohl insgesamt solide ausfallen, nervöse Anleger müssen aber zudem überzeugt werden, dass auch bei den Zahlen der kommenden Monate mit keinem Einbruch zu rechnen ist. Seit den enttäuschenden Beschäftigungszahlen liegen die Nerven blank und das angeschlagene Verbrauchervertrauen ließ den Dow Jones kräftig ins Minus rutschen. Und mischt man dieser Mixtur noch den am Mittwoch anstehenden US-Inflationsbericht bei, der einen besseren Hinweis auf die künftige Richtung der US-Zinsen geben dürfte, dann könnte uns eine turbulente Woche bevorstehen. Aber trotz des allgemeinen Zähneklapperns sollten zwei Dinge nicht vergessen werden: Erstens war 2005 für die US-Wirtschaft und die Gewinne eine Abschwächung prognostiziert worden, die Unternehmen aber erwirtschaften weiter riesige Mengen an Cashflow. Der Vergleich gegenüber dem Vorjahr dürfte also gar nicht so schlecht ausfallen. Zweitens hält sich die Verbraucherpreisinflation abgesehen von Öl und Rohstoffen in Grenzen, denn die Preiserhöhungen werden vielfach nicht an die Endverbraucher weitergegeben. Ein bisschen Nervenflattern ist während der Berichtssaison und in Zeiten der Konsolidierung in der Wirtschaft ganz normal. Wir sollten aber darauf achten, dass es nicht in Panik umschlägt.
Quelle: MLIM
Merrill Lynch Investment Managers (MLIM) wurde 1976 gegründet und ist mittlerweile eine der größten Investmentfirmen der Welt. Das verwaltete Vermögen beträgt rund 500 Mrd. US-Dollar (per 31. Dezember 2003). Als das Tochterunternehmen für Vermögensverwaltung von Merrill Lynch verfügt MLIM über eine breite Auswahl an prämierten Anlagefonds und umfassenden Einblick in die Märkte.
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