Kommentar
09:27 Uhr, 14.12.2009

Die Narben der Finanzkrise erhöhen die Volatilität

In der vergangenen Woche musste der Markt eine Reihe von Neuigkeiten verarbeiten. Die Auswirkungen der Schuldenkrise in Dubai ließen nach. Gleichzeitig erinnerte die Herabstufung des Ratings griechischer Staatsanleihen jedoch daran, dass die Finanzkrise tiefe Narben hinterlassen hat. Trotz unerwartet guter US-Arbeitsmarktzahlen stellte die Fed keine Zinserhöhungen in Aussicht.

Der US-Arbeitsmarktbericht fiel gut aus: im November wurden lediglich 11.000 Stellen abgebaut. Gleichzeitig stellte sich heraus, dass in den vergangenen zwei Monaten 159.000 Stellen weniger gestrichen wurden als ursprünglich angenommen. Arbeitsmarktkennzahlen wie die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit, Überstunden und Zeitarbeit entwickelten sich positiv und die Arbeitslosenquote fiel von 10,2% im Oktober auf 10,0% im November. Trotz dieser Verbesserung ist der Arbeitsmarkt noch lange nicht in der Lage, ausreichend Stellen für eine wachsende Bevölkerung zu schaffen.

Kleine Unternehmen gaben sich weiterhin pessimistisch. Da es in einer Phase der wirtschaftlichen Erholung häufig genau diese Unternehmen sind, die neue Arbeitsplätze schaffen, gibt diese Feststellung Anlass zu Besorgnis. Verbraucherkredite gingen im Oktober nun schon zum neunten Mal hintereinander zurück. Die Entschuldung der Haushalte verlangsamte sich jedoch und wurde für September nach unten revidiert. Die Verbraucher fühlen sich inzwischen weniger gedrängt, ihre Schulden abzubauen, was positiv interpretiert werden könnte. Doch das Verschuldungsniveau der Haushalte ist weiterhin hoch und je früher dieses Problem behoben wird, desto besser.

Aus den BIP-Daten der Eurozone ging hervor, dass der Großteil des Wachstums im dritten Quartal auf den nachlassenden Abbau der Lagerbestände zurückzuführen war. Unserer Ansicht nach wird die wirtschaftliche Erholung nicht ausreichend sein, um die Arbeitslosenzahlen deutlich zu verringern. Der Druck auf Löhne und Gehälter wird weiterbestehen, so dass die Verbraucher Mühe haben werden, die Konjunktur zu stützen. In Deutschland lagen die Industrieproduktion und die Industrieaufträge unter den Erwartungen, was Zweifel an der vom Exportgeschäft getragenen wirtschaftlichen Erholung weckte. Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass diese Zahlen auf einige wachstumsstarke Monate folgten. Die Produktion wird im vierten Quartal weniger zum Wachstum beitragen als im zweiten oder dritten, aber es ist heute noch zu früh, um von einem Ende der Erholung der deutschen Wirtschaft zu sprechen.

In Japan gingen Investitionsausgaben wesentlich stärker zurück als erwartet. Das BIP-Wachstum wurde nach unten revidiert und lag gegenüber dem Vorquartal auf das Jahr hochgerechnet bei 1,3 statt geschätzter 4,8%, wodurch die Erholung weniger eindrucksvoll war als erwartet. Hoffnung auf eine Verbesserung der Wirtschaftslage macht jedoch die Tatsache, dass Aufträge für Werkzeugmaschinen weiterhin stark zunahmen. Das neue Konjunkturpaket der Regierung in Höhe von 1,5% des BIP ist natürlich positiv. Die Finanzierung eines weiteren Konjunkturpakets wird sich in Anbetracht der Überschuldung und des klaffenden Haushaltsdefizits der japanischen Regierung jedoch als schwierig erweisen.

In der vergangenen Woche stieg die Volatilität an den Rentenmärkten. Nach dem sich herausgestellt hatte, dass die Auswirkungen der Schuldenkrise in Dubai verhältnismäßig gering sein würden, beruhigten sich die Anleger wieder. Die Renditen zogen aufgrund der ermutigenden Zahlen des US-Arbeitsmarktberichts an. Fed-Chef Ben Bernanke betonte jedoch, dass in nächster Zeit keine Anhebung der Leitzinsen geplant sei, da die wirtschaftliche Erholung weiterhin gestützt werden müsse und die Inflationrate weiter sinken könne. Die Renditen fielen daraufhin wieder auf das Niveau vor dem Arbeitsmarktbericht.

Die EZB beginnt ihren Ausstieg aus lang laufenden Refinanzierungsgeschäften. Sie wird den Banken jetzt noch einmal Gelegenheit geben, sich Geld für ein Jahr zu besorgen, während ihr Angebot für sechsmonatige Finanzierungen im April nächsten Jahres endet. Dies bedeutet jedoch keinen Einstieg in eine restriktivere Geldpolitik. Die Prognosen der EZB für Wachstum und Inflation liegen noch unter dem Konsens. Da es außerdem nicht an Hinweisen darauf mangelt, dass die Konjunktur der Eurozone stützungsbedürftig ist, kann davon ausgegangen werden, dass die EZB ihre Leitzinsen noch für einige Monate beibehält.

„Griechische Tragödie“, Akt II: Fitch stufte das Rating griechischer Staatsanleihen von A- auf BBB+ herunter. Am Tag zuvor hatte auch S&P vor einer möglichen Abwertung seines A- Rating gewarnt. Häufig wird das Rating einer Anleihe nach einer solchen Warnung tatsächlich herabgestuft. Wenn griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheiten für Bankkredite bei der EZB akzeptiert würden, könnte das griechische Banken vor große Schwierigkeiten stellen, da sie in großem Ausmaß auf EZB-Finanzierungen angewiesen sind. Zur Zeit werden Anleihen mit einem Mindest-Rating von BBBvon der EZB noch akzeptiert, und wir rechnen nicht damit, dass sie ihre diesbezüglichen Standards anhebt. Die griechische Regierung steht unter hohem Druck. Sie muss drakonische Maßnahmen ergreifen, um ihr Haushaltsdefizit zu reduzieren und die Staatsverschuldung auf einem tragbaren Niveau zu halten. Die EU kann sie dabei unterstützen, aber auch Sanktionen verhängen. Finanzierung oder Bürgschaften seitens des IWF wären wahrscheinlich an Steuererhöhungen und ein Sparprogramm geknüpft.

Obwohl Griechenland nur 2,5% des BIP der Eurozone erwirtschaftet, werden die Probleme Griechenlands auch Auswirkungen auf andere Länder haben. Irland und Spanien haben mit einer härteren Rezession zu kämpfen. Irlands Haushaltsdefizit ist mit dem von Griechenland vergleichbar. Wenn Griechenland sich selbst überlassen wird, könnte die Krise dort schnell auf andere Länder übergreifen. Wir erwarten, dass eine Lösung gefunden wird, um zu vermeiden, dass die griechische Wirtschaft in Chaos versinkt und dadurch die Europäische Währungsunion gefährdet.

Quelle: Fortis Investments

Fortis Investments ist die unabhängige internationale Asset-Management-Tochter der Fortis-Gruppe. Mit über 40 Investmentzentren, 500 Investmentspezialisten und über 2.000 Mitarbeitern ist Fortis in mehr als 30 Ländern vertreten. Das weltweit verwaltete Vermögen beträgt 170 Milliarden Euro (Stand: 31. Dezember 2008).

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