Kommentar
15:25 Uhr, 12.01.2021

Die nächste geldpolitische Lockerung ist eine Reduktion von QE

Der Titel dieses Artikels klingt zugegebenermaßen paradox. Wie kann eine Reduktion von QE zu einer geldpolitischen Lockerung werden?

Man hört es immer wieder: Wir leben in ungewöhnlichen Zeiten. Das liegt nicht nur an der Pandemie, sondern auch an der Geldpolitik. Nach 2008 dachte niemand, dass so viel frisches Geld keinen Inflationsanstieg provoziert. Es hätte auch niemand gedacht, dass die Zinsen für viele Regierungen in Europa stark negativ sein würden. Selbst die Rendite für 5-jährige griechische Anleihen waren kurzfristig im Dezember im negativen Bereich. Viel lockerer als jetzt kann die Geldpolitik kaum noch werden. Die EZB hat in dieser Krise QE aufgestockt, aber nicht die Zinsen gesenkt. Mit -0,5 % ist der Einlagensatz wohl am unteren Ende des Möglichen angekommen. Wollen Notenbanken die Geldpolitik noch lockerer gestalten, bleiben nur zwei Möglichkeiten. Sie können QE entweder ausweiten oder sie können – so paradox es wirkt – QE reduzieren. QE kann nicht für immer und ewig ausgeweitet werden. Die Notenbank braucht Anleihen, die sie kaufen kann. Trotz Rekordverschuldung schrumpft der frei verfügbare Anteil an Staatsanleihen. Notenbanken halten noch lange nicht 100 % der Anleihen. Insofern könnte man gelassen sein, doch der Finanzmarkt braucht Staatsanleihen.

Staatsanleihen sind für viele Institutionen Geldersatz. Banken brauchen Anleihen, um sie als Sicherheiten für Geld bei der Zentralbank zu hinterlegen. Versicherungen und Pensionsfonds haben Billionen an Assets und Verbindlichkeiten, die sie in Einklang bringen müssen. Ein Finanzmarkt ohne Staatsanleihen funktioniert nicht.

Er funktioniert auch nicht, wenn der Anteil frei handelbarer Anleihen zu gering ist. Liquidität ist wichtig. Illiquide Assets sind wenig wert. Das hat auch die Bank of Japan bemerkt. Sie hat daher ein neues Instrument eingeführt: die Zinskurvenkontrolle. Es werden Anleihen dann gekauft, wenn der Zins zu steigen droht. Das hat seit der Einführung vor wenigen Jahren (2016) dazu geführt, dass immer weniger Anleihen gekauft werden mussten. Selbst 2020, dem Jahr der Pandemie, wurden die Käufe kaum ausgeweitet.


In den USA führte der Sieg der Demokraten bei den Wahlen im November und im Januar zu einer gewissen Euphorie. Anleger gehen von neuen Konjunkturhilfen aus. Die Zinsen sprangen vor Freude nach oben. 30-jährige Anleihen rentierten bei fast 1,9 %. Das waren 0,25 % mehr als vor wenigen Tagen. Es ist der höchste Wert seit Pandemiebeginn. Das gilt auch für die 10-jährigen Anleihen.

Nun kauft die Fed den Markt bereits leer. Der nächste Schritt, um die Zinsen nicht ansteigen zu lassen, ist daher eine Zinskurvenkontrolle. Wie hoch der Zins steigen muss, bevor die Fed dieses Instrument anwendet, ist unbekannt. Klar ist jedoch, dass bei rekordhoher Arbeitslosigkeit höhere Zinsen kaum geduldet werden dürften. Gut möglich, dass die Zinskurvenkontrolle von der Fed in diesem Jahr bemüht wird. Die Zinsen bleiben dann niedrig, dafür werden weniger Anleihen gekauft.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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