Die moralische Versuchung ...
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Aus der Versicherungswissenschaft bzw. aus der Principal-Agent-Theorie kennen Sie vielleicht den Begriff des "Moral Hazard" (moralische Versuchung). Bei einem Vertragsverhältnis zwischen einem Prinzipal (Auftragsgeber) und einem Agenten (Auftragsnehmer) liegt in der Regel eine asymmetrische Informationsverteilung vor.(Eine Versicherung weiss z.B. nicht, welche Krankheiten Sie früher mal hatten, während Sie selber über die Leistungen der Versicherung voll informiert sind).
Man unterscheidet beim Phänomen des Moral Hazard zwischen hidden characteristics, hidden action / hidden information, sowie hidden intention. Ohne ins Detail gehen zu wollen, geht es dabei grob um die Möglichkeiten des Agenten falsche Tatsachen vorzuspielen, um die Unfähigkeit des Prinzipals der Beobachtung oder Beurteilung von Handlungen oder Fakten die den Agenten betreffen, und resultierend die Gefahr des hold up (Ausbeutungsrisiko). Diese folgt daraus, dass der Agent die mangelhaften Kontroll-und Sanktionsmöglichkeiten des Prinzipals zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt. Somit kommt es oftmals zur sogenannten adversen Selektion, d.h. der Prinzipal wählt einen Agenten, den er bei vollkommener Information meiden würde.
Interessant, werden Sie jetzt sagen, aber was hat das mit Devisen zu tun?
Nun, die EU steht genau vor dieser Problematik, sowohl bei der Aufnahme neuer Mitglieder als auch bei der Integration in die Währungsunion, und das kann langfristig erheblichen Einfluss auf die Stabilität des Euro haben.
Betrachten Sie z.B. den Fall Griechenland: Seit 2000 hat das Land die EU hinsichtlich der Höhe ihres Defizits belogen, um offiziell die Kriterien des Stabilitätspaktes nicht zu verletzen.
Ähnliche Probleme drohen bei allen neuen Euro- und EU- Beitrittskandidaten. Denn die Sanktionsmöglichkeiten der Gemeinschaft sind relativ beschränkt: Die wichtigste denkbare Strafe, nämlich der Ausschluss aus der EU, ist nicht möglich. So wie jetzt die Türkei alles daran setzt, einen demokratischen Rechtsstaat zu präsentieren, werden die Euro-Aspiranten wenn nötig durch Manipulation die Stabilitäts-Kriterien im für sie entscheidenden Zeitraum einhalten, um sie danach wieder zu brechen - auf Kosten aller anderen.
Im Prinzip war das auch in der "alten" EU zu beobachten, die bisherigen Inflationsproblemstaaten sind auch die neuen (und Deutschland weist weiterhin die niedrigste Inflation aus). Die Tatsache, dass der EUR dennoch zu einem derartigen Höhenflug gegenüber dem US-$ ansetzen konnte ist der Schwäche des Greenback anzulasten und nicht einer hausgemachten Stärke der europäischen Einheitswährung. Die Versuchung - besonders kleinerer Staaten - Finanzpolitik zu Lasten der anderen zu betreiben ist riesig. Denn die schlimmste Keule in Form steigender Zinsen haben die Täter dank der einheitlichen Zinspolitik nicht zu befürchten. Die Leidtragenden sind die Stabilitätsbewahrer (und langfristig unser aller Währung EUR). Und dazu zähle ich ausdrücklich Deutschland entgegen dem verfälschenden, opportunistischen Trend in der Presse. Wenn Sie in der Defizitrechung einmal berücksichtigen, wieviel Deutschland (letztlich kreditfinanziert!) in den EU-Topf einzahlt, aus dem die anderen sich laben, dann sehen unsere Zahlen schon viel freundlicher aus.
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