Kommentar
10:22 Uhr, 10.07.2020

Die Krise ist noch lange nicht vorbei

Ein neuer Echtzeitindikator der Bundesbank zeigt, wie es um die deutsche Wirtschaft wirklich steht...

Wie entwickelt sich die deutsche Wirtschaft? Um diese Frage beantworten zu können, waren Ökonomen in der Vergangenheit oft auf Daten angewiesen, die erst mit großer zeitlicher Verzögerung veröffentlicht werden. Doch der Corona-Schock hat den Bedarf nach Quasi-Echtzeitdaten enorm erhöht.

Angesichts der Digitalisierung stehen eine Vielzahl von Daten, die mit der wirtschaftlichen Aktivität korrelieren, praktisch in Echtzeit zur Verfügung. So wird etwa die Lkw-Maut in Deutschland über ein satellitengestütztes System ermittelt. Digital verfügbar sind außerdem Daten zum Stromverbrauch oder zu Google-Suchanfragen.

Aus diesen und weiteren Daten hat die Bundesbank einen neuen Indikator für die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland entwickelt, der wöchentlich aktuelle Werte liefert und damit praktisch eine Echtzeit-Analyse der wirtschaftlichen Situation erlaubt.

Zur Berechnung des Indikators werden sieben wirtschaftliche Datenquellen verwendet, die in täglicher oder wöchentlicher Frequenz zur Verfügung stehen. Im Einzelnen sind dies:

  • Stromverbrauch (ohne Industrienetze und Eigenverbrauch der Produzenten)
  • Lkw-Maut-Fahrleistungsindex
  • Google-Suchanfragen für den Begriff "Arbeitslosigkeit"
  • Google-Suchanfragen für den Begriff "Kurzarbeit"
  • (weltweite) Anzahl an Passagier- und Frachtflügen
  • Stickstoffdioxid-Konzentration in der Luft
  • Bargeldabhebungen

Mit Hilfe eines komplexen mathematischen Modells wird aus diesen Daten der sogenannte wöchentlicher Aktivitätsindex (WAI) für die deutsche Wirtschaft berechnet, der näherungsweise die Wachstumsrate der deutschen Wirtschaft gegenüber dem Vorquartal in der jeweiligen Woche zeigt. Liegt der Index etwa ein gesamtes Quartal bei einem Wert von 1, so würde dies ein Wachstum der deutschen Wirtschaft um ein Prozent gegenüber dem Vorquartal entsprechen.

Der Indikator wurde von der Bundesbank zum ersten Mal im Mai 2020 veröffentlicht, allerdings wurden die Daten auch für zurückliegende Jahre berechnet, so dass auch jetzt schon ein Vergleich etwa mit früheren Krisen möglich ist.

Die folgende Grafik zeigt die aus dem WAI abgeleitete Quartalswachstumsrate für das vergangene Jahr. Der Corona-Crash führte demnach zu einem dramatischen Einbruch der wirtschaftlichen Aktivität. Zugleich zeigt sich in den Daten aber eine V-förmige Erholung, die allerdings noch einen relativ weiten Weg vor sich hat, um wieder positive Wachstumsraten zu erreichen.

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Eine längerfristige Analyse des WAI erlaubt einen Vergleich der aktuellen Krise mit der Finanzkrise ab dem Jahr 2008. Der WAI zeigt eindrucksvoll, dass der wirtschaftliche Einbruch (bezogen auf die Quartalswachstumsrate) während der Finanzkrise nur ungefähr halb so stark war wie aktuell. Allerdings nahm der Einbruch damals eine längere Zeit in Anspruch.

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Die Daten des WAI zeigen, dass die deutsche Wirtschaft noch einen relativ weiten Weg vor sich hat, um im Quartalsvergleich wieder in die Wachstumsphase vorzudringen. Zugleich zeichnet sich bisher aber deutlich eine V-Förmige Erholung ab, so dass die Hoffnung eines relativ schnellen Krisenendes nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. Bis das Vorkrisenniveau in der wirtschaftlichen Aktivität wieder erreicht ist, dürfte es allerdings noch ein relativ weiter Weg sein.


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5 Kommentare

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  • Strizi
    Strizi

    Geht immer so weiter wie bisher. Geld ist genug da man muss es nur den richtigen wegnehmen ...kein Mensch braucht mehr als 100000 oder mehr die nutzlos herumliegen...werde mir das Geschehen demnächst von oben anschauen vielleicht auch von unten...

    20:29 Uhr, 11.07. 2020
  • mkronen
    mkronen

    Endzeitindikator gelesen ... soviel dazu

    15:21 Uhr, 10.07. 2020
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Die V-förmige Erholung, die sich aktuell zeigt, ist trügerisch: Sollte im Herbst die Krisenlage wegen deutlich steigender Firmeninsolvenzen und massenhaft ausfallender Kredite auf den europäischen Bankensektor überspringen, dürfte die nächste deutliche Abwärtsbewegung des Indikators anstehen…

    11:26 Uhr, 10.07. 2020
    1 Antwort anzeigen

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Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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