Kommentar
18:58 Uhr, 02.07.2012

Die Krise dauert noch Jahre

Es ist eine Bilanz des Schreckens: Die Arbeitslosigkeit in der Eurozone ist im Mai auf das höchste Niveau seit Einführung der Gemeinschaftswährung geklettert. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote erhöhte sich auf 11,1 Prozent, nach 11,0 Prozent im April. Die hohe Arbeitslosigkeit ist eine Folge versäumter Strukturreformen und einer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit in zahlreichen europäischen Staaten.

Sieht man sich die Entwicklung der Arbeitslosenquote an, wird klar, dass ein Ende der Krise überhaupt nicht in Sicht ist. Ganz im Gegenteil hat sich die Arbeitslosigkeit im vergangenen halben Jahr so stark erhöht wie seit 2009 nicht mehr. Besonders erschreckend ist die Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit. Inzwischen sind 22,6 Prozent der unter 25-Jährigen arbeitslos. In Spanien liegt die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei schockierenden 52,1 Prozent.

(Grafik: Eurostat)

Es wäre sehr kurzsichtig, die Schuld für diese Entwicklung ausschließlich auf die derzeitige konjunkturelle Entwicklung zu schieben. Die Sparprogramme in Südeuropa verschlimmern die Situation zwar, sind aber keinesfalls der Auslöser für die Misere. Das Problem liegt woanders: Während zahlreiche Länder in Osteuropa und Asien immer wettbewerbsfähiger wurden, konzentrierte man sich in Südeuropa auf billigen Konsum. Da nach der Euro-Einführung das Währungsrisiko (scheinbar!) wegfiel, konnten sich viele Euroländer hemmungslos verschulden. Billige Kredite flossen wie Milch und Honig, wodurch zum Beispiel der Immobilienboom in Spanien überhaupt erst ermöglicht wurde. Die "guten Zeiten" führten zu steigenden Arbeitskosten und einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit.

Vor der Euro-Einführung stand den Staaten in Südeuropa mit periodischen Währungsabwertungen ein geeignetes Mittel zur Verfügung, um die Wettbewerbsfähigkeit auch kurzfristig zu verbessern. Jetzt existiert dieses Mittel nicht mehr. Für die Länder an der Euro-Peripherie ist der Euro kein Garant für Wohlstand, wie viele glauben, sondern das genaue Gegenteil.

Die derzeitige Strategie zur Lösung der Krise besteht in immer größeren Hilfspaketen, mit denen der Bankrott von Staaten und Banken verhindert werden soll. Im Zuge der Hilfspakete werden Strukturreformen zwar verlangt, vielfach werden sie aber eher zögerlich und langsam umgesetzt. Dabei ist eines klar: Egal wie groß die Finanzhilfen für die Krisenländer noch werden – eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit können sie nicht ausgleichen. Die Hilfskredite bekämpfen die Symptome, ändern aber nichts an den Ursachen. Der einzige Ausweg besteht in Strukturreformen, mit denen beispielsweise die Arbeitskosten radikal gesenkt werden. Bei Strukturreformen kann es aber Jahre dauern, bis sich erste positive Auswirkungen zeigen. Ob Europa so viel Zeit noch hat, ist ungewiss. Wir sind jedenfalls meilenweit davon entfernt, die gegenwärtige Krise zu lösen.

Oliver Baron
Redakteur BoerseGo.de

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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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