Kommentar
20:09 Uhr, 21.01.2021

Die Inflation kommt - ganz überraschend!

Einen überraschend starken Inflationsanstieg haben die wenigsten auf dem Radar. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt jedoch fast täglich.

2021 wird die Inflation ansteigen. Daran gibt es keinen Zweifel. Allein schon wegen niedriger Vergleichswerte aus dem Vorjahr ist ein Anstieg vorprogrammiert. Im April 2020 lag der Ölpreis bei 20 Dollar. Geht man davon aus, dass der Ölpreis sein derzeitiges Niveau hält, liegt der Preisanstieg auf Jahressicht im April 2021 bei mehr als 100 %. Öl und Ölprodukte machen je nach Land 6-10 % des Warenkorbes aus, aus dem die Inflation berechnet wird. Nur durch den Ölpreisanstieg kann man mit einem Inflationsschub von 0,5 % bis 1 % rechnen. Durch diese kurzfristigen Änderungen blicken Notenbanken zu Recht hindurch. Es ist ein temporäres Phänomen. Für Notenbanken ist ein systematischer Inflationsanstieg relevant. Hier ist die Lage nicht eindeutig. Es könnte jedoch zu einigen Überraschungen kommen.

Inflation entsteht, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. In diesem Fall können die Anbieter die Preise erhöhen. Nun ist die wirtschaftliche Lage schwierig. Nach einem Nachfrageüberhang sieht es auf den ersten Blick nicht aus. Der Eindruck täuscht jedoch.

Gerade in den USA, die auf insgesamt fast 5 Billionen an zusätzlichen Ausgaben zusteuern, ist der Geldregen für die Wirtschaft gigantisch. Das Haushaltsdefizit im laufenden Fiskaljahr dürfte bei 15-20 % der Wirtschaftsleistung liegen. Das Geld liegt zum Teil auf den Konten der Konsumenten, die etwa die Direktzahlungen nicht in den Konsum gesteckt haben. Sobald die Pandemie unter Kontrolle ist, könnte es hier zu einem Konsumschub kommen.

Defizite und Inflation sind korreliert (Grafik 1). So hohe Defizite wie jetzt gab es bisher nur in Kriegszeiten. Der Grund für das Defizit ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass viel Geld ausgegeben wird.


Diese Ausgaben fließen in Güter und Dienstleistungen. Es ist einfach ein Nachfrageanstieg, der mit der Inflation natürlicherweise korreliert (Grafik 2). Nach der Finanzkrise gab es trotz eines höheren Defizits nur einen minimalen Anstieg der Inflation. Das lag unter anderem daran, dass der Staat die Konjunkturhilfen nur einmalig bemühte und die Ausgaben zu früh wieder senkte. Aktuell sieht es danach überhaupt nicht aus. Im Gegenteil, Staaten werfen mit den Milliarden nur so um sich.

Durch Kurzarbeit in Europa und höhere Arbeitslosengelder in den USA wird die Nachfrage geschützt. In beiden Regionen war 2020 eine Überraschung, da die Güternachfrage regelrecht explodierte. Der Konsum stieg trotz Wirtschaftskrise. In den USA wurde die Nachfrage durch höhere Importe bedient (Grafik 3).

Die USA selbst konnten die Nachfrage nicht bedienen, weil Lieferketten immer noch nicht optimal funktionieren. Trotz freier Kapazitäten in der Wirtschaft kann es zu einem Inflationsanstieg kommen. Freie Kapazitäten helfen nur, wenn sie auch genutzt werden können. Das ist derzeit nur begrenzt der Fall.

Ähnliches gilt für Dienstleistungen. In den USA haben über 100.000 Restaurants permanent geschlossen. Ist die Pandemie erst unter Kontrolle und trifft das ganze Geld auf begrenzte Kapazitäten im Dienstleistungsbereich, kann es zu einem überraschend deutlichen Anstieg der Inflation kommen. Dieser lässt sich nur verhindern, wenn die Staatsausgaben geringer wären. Gerade in den USA dürften die enormen Konjunkturhilfen zu einer unerwarteten Verwerfung in der Wirtschaft führen.

Clemens Schmale


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12 Kommentare

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  • mkronen
    mkronen

    (galoppierende) Inflation entsteht erst, wenn dem ausgegebenen Geld keine Sicherheiten mehr gegenüberstehen. Dann müssen diese abgeschrieben werden. Das vermehrte Geld steht dann weniger Gütern gegenüber und kann nicht mehr getilgt werden.

    18:23 Uhr, 23.01.2021
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Blue Angel
    Blue Angel

    Was bedeutet ein starker Anstieg der Inflation für den Aktienmarkt?

    09:48 Uhr, 22.01.2021
    2 Antworten anzeigen
  • Floyd Pepper
    Floyd Pepper

    Nicht nur Öl und Immobilien sind stark gestiegen, auch Weizen,Soja, Mais und Zucker. Zucker war über Jahre konstant und hat sich nicht bewegt. Ein weites Beispiel sind Karotten und Zwiebel, seit Sommer 2020 sind diese auch zw. 40-50 % gestiegen. Ein Ausnahme sind Kartoffel. Russland hat die Zölle auf Weizen angehoben. China kauft den Sojamarkt leer, ich denke die decken sich ein. Wenn diese Produkte alle zu teuer werden, kommt es zwangsläufig wieder zu Unruhen in den Entwicklungsländern und .... Ich bin ja Optimist aber irgendwie gefällt mir das gerade gar nicht.

    08:20 Uhr, 22.01.2021
    1 Antwort anzeigen
  • julisx1
    julisx1

    Es besteht außerdem ein hohes Defizit an Häusern. Wenn da erstmal Geld reinfließt, ergo Schulden entstehen, ergo Geldschöpfung, wird die Inflation rennen...

    20:37 Uhr, 21.01.2021
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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