Kommentar
16:15 Uhr, 28.01.2022

Die große Neujahrsüberraschung: Steigende Arbeitslosigkeit?

Kommende Woche wird der erste US-Arbeitsmarktbericht des Jahres veröffentlicht. Die Daten gelten als wegweisend, auch für die Notenbank.

Je nach Perspektive ist der US-Arbeitsmarkt entweder sehr schwach oder unglaublich angespannt (im positiven Sinne). Schwach ist er, weil die Beschäftigung nach wie vor unter Vorkrisenniveau liegt und in den vergangenen Monaten nur unterdurchschnittlich viele neue Jobs geschaffen wurden.

Angespannt ist die Lage, weil fast 10 Mio. Stellen unbesetzt sind und nur 6,3 Mio. Personen als arbeitslos gelten. Unternehmen finden keine Arbeitnehmer und müssen Anstellungsboni zahlen, damit sie Menschen in den Arbeitsmarkt locken können. Das Angebot an Arbeitsstellen ist weitaus höher als die Nachfrage.

Nun befinden sich die USA und der Rest der Welt in der Omikron-Welle. Bei der letzten Umfrage des US Census Bureaus, die in den ersten 10 Tagen des neuen Jahres stattfand, gaben auf die Bevölkerung hochgerechnet 107 Mio. Personen an, nicht zu arbeiten (Grafik 1). Das ist mehr als während der letzten Covidwelle im Sommer/Herbst aufgrund der Deltavariante.

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Es ist auch fast so viel wie im vergangenen Winter. Damals lag die Beschäftigung allerdings noch deutlich niedriger als heute. Wenn die Umfrage korrekt ist, arbeiteten Mitte Januar nicht mehr Menschen als vor einem Jahr. Die Omikron-Welle hat den Fortschritt eines Jahres zunichtegemacht.

Damit sind die Jobs nicht automatisch verloren. Viele Beschäftigte sind temporär nicht bei der Arbeit, weil sie erkrankt sind und in Quarantäne müssen. Seit Beginn der Datenerhebung waren noch nie so viele Amerikaner wegen einer Covid-Erkrankung vom Arbeitsmarkt abgeschnitten (Grafik 2). Das bisherige Hoch lag bei etwas über 6 Mio. Menschen. Aktuell sind es mehr als 8 Mio.

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Der nächste Arbeitsmarktbericht wird spannend, weil nicht klar ist, wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Lage selbst beurteilen. Vor allem bei der Haushaltsbefragung könnten sich viele als arbeitslos einstufen, weil sie ja nicht arbeiten. Dadurch könnte der Arbeitsmarktbericht überraschend schlechte Zahlen ausweisen.

Die Arbeitslosenrate wird auf Basis der Haushaltsbefragung ermittelt. Stufen sich alle Erkrankten als arbeitslos ein, könnte die Arbeitslosigkeit deutlich nach oben springen. Die Zahl der neu geschaffenen Stellen wird hingegen auf Basis einer anderen Befragung ermittelt. Hier ist ausschlaggebend, wie Unternehmen die Lage einschätzen.

Diese dürften den temporären Ausfall von Arbeitskräften anders beurteilen. Daher könnte es zu der ungewöhnlichen Situation kommen, dass die Arbeitslosenrate steigt und gleichzeitig die Beschäftigung ebenfalls steigt. Im Normalfall sollte man meinen, dass beides gleichzeitig nicht möglich ist.

Der Bericht wird interessant und zweifellos große Aufmerksamkeit erhalten. Die Zahlen sind jedoch mit großer Vorsicht zu genießen. Schlussfolgerung lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit keine ziehen. Wer als Anleger versucht ist, auf die Zahlen zu reagieren, sollte sich dies genau überlegen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist die Aussagekraft der Zahlen gering. Ein schlechter Arbeitsmarktbericht wird auch die geldpolitische Wende nicht beeinflussen.


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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