Kommentar
08:27 Uhr, 25.05.2016

Die große Chance für deutsche Aktien?

Deutschland boomt, wenn man den Aussagen der internationalen Presse Glauben schenken will. Bei den Aktien kommt das jedoch nicht an.

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Im Wall Street Journal wurde unlängst diskutiert, ob nun die große Stunde deutscher Aktien gekommen sei. Dabei ging es nicht so sehr um deutsche Aktien im Allgemeinen, sondern Aktien von Unternehmen, die sich auf den Heimatmarkt spezialisieren.

Der deutsche Aktienmarkt ist stark von Exportwerten geprägt. Man muss sich nur die Liste der Dax-Werte ansehen. Selbst Unternehmen wie die Deutsche Post und die Versorger E.ON und RWE sind stark im Ausland aktiv. Letztere sind nicht so sehr Exportunternehmen, doch sie haben viele Zweigniederlassungen mit signifikanten Umsätzen im Ausland.

Auch in den anderen deutschen Indizes sieht es ähnlich aus. Der SDax hat prozentual mehr Unternehmen, die auf das Inland fokussiert sind, doch die Marktkapitalisierung wird auch hier von Unternehmen bestimmt, die viel Geschäft im Ausland haben.

Einen Index, der nur Unternehmen beinhaltet, die einen Großteil ihrer Geschäfte im Inland machen gibt es nicht. Es gibt jedoch Sektorindizes, die eine klarere Abgrenzung zulassen. Wer von der starken heimischen Konjunktur profitieren will, dürfte vor allem den Dax Consumer Index und Dax Retail Index (Einzelhandel) im Auge haben.

Genau darauf wurde im Wall Street Journal spekuliert. Das Wirtschaftswachstum ist seit Jahren robust und zeigt auch keine absehbare Schwäche. Wichtiger als das Wachstum sind jedoch die Konsumenten, die sich seit Jahren in Spendierlaune zeigen. Die Konsumentenstimmung notiert seit Monaten auf hohem Niveau. Die Deutschen waren seit der Wiedervereinigung nicht mehr so spendierfreudig.

Ein Ende der hohen Konsumneigung ist nicht abzusehen. Die Erwartungen der Konsumenten sind nicht nur positiv, sie werden auch durch harte Fakten untermauert. Die Löhne, vor allem die Reallöhne, steigen so schnell wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Die Grafik zeigt diese Entwicklung.

Derzeit steigen die Reallöhne vor allem deswegen so stark an, weil die Inflation niedrig ist. Das nominale und reale Lohnwachstum ist praktisch identisch. Steigt die Inflation in den kommenden Jahren wieder an, dann relativiert sich auch das Reallohnwachstum. Nichtsdestotrotz sind die Reallöhne in Deutschland nach vielen Jahren nun wieder im Aufwärtstrend.

Nachdem Deutschland in den Jahren 2000 bis 2005 in einer schweren Krise steckte, wurde die Wettbewerbsfähigkeit über Reallohnkürzungen wiederhergestellt. Auch nach Ende der Krise konnte die Industrie die Lohndisziplin eine Zeit lang fortsetzen. Seit Ende der Finanzkrise ist das anders. Die Löhne steigen in Deutschland so stark wie lange nicht und so deutlich wie kaum in einem anderen Euroland.

Unter diesen Voraussetzungen sollte es vollkommen klar sein, dass deutsche Konsumwerte an der Börse eine außerordentliche Performance abliefern. Dem ist nicht so. Der Chart zeigt den Dax Export Strategy Index sowie den Consumer und Retail Index. Der Consumer Index läuft in etwa so gut wie der Exportindex. Das liegt daran, dass der Consumer Index auch viele Exportunternehmen enthält. Dazu gehören Adidas, Beiersdorf, Henkel, Hugo Boss und Villeroy & Boch.

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Beim Retail Index ist das anders. Hier ist der Name Programm. Der Index enthält Einzelhandelsunternehmen. Diese laufen – aller Konsumlaune zum Trotz – schlecht. Die Deutschen mögen zwar mehr konsumieren und die Lohnsteigerungen ausgeben, doch den Unternehmen nutzt das wenig. Sie kämpfen gegen niedrige Margen und sind im harten Konkurrenzkampf mit online Händlern und ausländischen Ketten. Eine Trendwende ist nicht abzusehen. Die Lohnentwicklung und Konsumfreude geht an dem Sektor, der davon besonders profitieren sollte, spurlos vorüber. Hier findet sich nicht die große Chance für deutsche Aktien.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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