Kommentar
09:00 Uhr, 17.12.2020

Die Geldmenge allein macht keine höheren Aktienkurse

Viele sind felsenfest davon überzeugt, dass die beispiellose Geldschwemme und hohe Zugewinne an der Börse kein Zufall sind. Sie müssen miteinander in Zusammenhang stehen.

Das tun sie sicherlich. Irgendwie. Auf den ersten Blick ist der Zusammenhang allerdings gar nicht so offensichtlich. Das Geldmengenwachstum in den USA bzw. in den drei großen Währungsräumen Dollar, Euro und Yen korreliert eher zufällig mit dem Aktienmarkt. Über weite Strecken erkennt man sogar eine negative Korrelation (Grafik 1).


Als Notenbanken 2008 den Markt mit Geld fluteten, fielen die Kurse erst munter weiter. Als das Geldmengenwachstum fiel, stieg der Markt. Das gleiche wiederholte sich 2011 und 2016. Man kann also nicht behaupten, dass Aktienkurse automatisch steigen, wenn die Geldmenge schneller wächst.

Ob beim Dax oder S&P 500 (Grafik 2), die Systematik ist ähnlich. Mehr Geld bedeutet nicht automatisch höhere Kurse. Die negative Korrelation, die sich in Grafik 1 und 2 erkennen lässt, ist natürlich auch irreführend. Notenbanken fluten den Markt, wenn es Probleme gibt. Erst drücken diese Probleme die Aktienkurse. Erst dann greift die Notenbank ein.


Würden Notenbanken nicht eingreifen, ginge es mit den Kursen vermutlich weiter nach unten. Beobachten lässt sich das nicht. Man kann daher nicht sagen um wie viel weniger die Kurse gefallen sind, weil es eine Geldschwemme gab.

Mit etwas Fantasie kann man allerdings einen anderen Zusammenhang erkennen. Sinkt das Geldmengenwachstum wie etwa 2016 bis 2018, sinken auch die Zugewinne an der Börse (Grafik 3). Es gehört aber eben etwas Fantasie dazu.


Die Korrelation zwischen Geldmengwachstum und Aktienkursen ist weniger stark ausgeprägt als viele denken. Trotzdem hält sich der Glaube, dass mehr Geld immer höhere Kurse bedeutet, ja sogar zwangsweise dazu führen muss. Überbordende Liquidität schadet sicherlich nicht, man darf aber nicht vergessen, was Quantitative Easing eigentlich ist.

Bei QE kauft die Notenbank Wertpapiere. Die EZB kauft neben Staatsanleihen auch Unternehmensanleihen und besicherte Wertpapiere. Diese machen jedoch nur einen kleinen Teil aus. Der Einfachheit halber kann man sich auf die Staatsanleihekäufe konzentrieren.

Seit Beginn von QE im Frühjahr 2015 haben sich die Eurostaaten weiter verschuldet. Die Schulden sind um 2,6 Billionen Euro angestiegen, also von 9,4 Billionen auf ungefähr 12 Billionen. Von diesen Schulden hat die EZB bisher 3,15 Billionen gekauft. Das ist mehr als neue Schulden aufgenommen wurden.

Dieses Geld fließt nun aber nicht zu Anlegern, sondern zu Banken. Die EZB bzw. nationalen Notenbanken kaufen den Geschäftsbanken die Anleihen ab. Dadurch haben Banken nun weniger Anleihen und mehr Zentralbankgeld. Dieses Geld landet wieder bei der EZB als Überschussreserve der Banken. Die Überschussreserven sind seit QE Beginn um 2,55 Billionen angestiegen (Grafik 4).


Effektiv haben die Wertpapierkäufe also „nur“ 600 Mrd. freigesetzt. Lediglich 600 Mrd. der 3,15 Billionen an Anleihekäufen sind nicht wieder als Überschussreserve auf der Notenbankbilanz gelandet.

Die Rechnung ist natürlich vereinfacht. Die EZB hat noch andere Maßnahmen ergriffen. Etwas mehr Geld ist durchaus frei geworden. Man darf sich aber nicht vorstellen, dass Anleihekäufe eins zu eins frei werdende Liquidität sind, die dann in den Aktienmarkt fließt. Der überwiegende Teil landet als Überschussreserven der Banken wieder bei der Notenbank. Das erklärt auch, weshalb Geldmengenwachstum nicht unbedingt extrem hoch mit den Aktienkursen korreliert ist.

Clemens Schmale


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1 Kommentar

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  • advocatus diaboli
    advocatus diaboli

    Herr Schmale,

    Ihre Argumetation ist vollkommen daneben.

    Hätten die Notenbanken weltweit die Geldschleusen nicht soweit geöffnet wie nie zuvor in der Finanzgeschichte, würden die Aktienindizes noch weit unter Ihren Tiefstkursen vom Februar diesen Jahres stehen. Den Beweis kenn man leider nicht antreten, da sie es ja nicht getan haben. So einfach ist das.

    Dass Sie diesen fundamentalen Zusammenhang so verdrehen gibt mir wirklich zu denken.

    11:11 Uhr, 20.12.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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