Die etwas andere Ölkrise
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Deutschland hat seinen Widerstand gegen Ölsanktionen aufgegeben und die Präsidentschaftswahlen in Frankreich sind vorüber. Damit sind zwei Faktoren, die Ölsanktionen bisher unwahrscheinlich machten, verschwunden. Sanktionen sind nur eine Frage der Zeit. Die größere Ölkrise findet jedoch an einer anderen Stelle statt. Bisher wurde viel über russische Energierohstoffe und Weizenexporte berichtet. Weniger im Fokus standen pflanzliche Öle...
Die Ukraine hat einen Weltmarktanteil von fast 50 % bei Sonnenblumenöl. Entsprechend ist der Preis von Sonnenblumenöl in die Höhe geschossen.
Sonnenblumenöl ist nicht das einzige pflanzliche Öl, welches neue Rekordpreise erreicht (Grafik 1). Sonnenblumenöl muss aufgrund eines Mangels ersetzt werden. Besonders gern wird aufgrund seiner Eigenschaften auf Palmöl ausgewichen. Das wird immer schwieriger. Indonesien, der größte Produzent, stoppte den Export aufgrund hoher Nahrungsmittelpreise im Land.
Nahrungsmittelpreise sind überall auf der Welt gestiegen, nicht zuletzt aufgrund des hohen Weltmarktanteils der Ukraine und Russlands bei Weizen und Mais. Wer kann, versucht nun Nahrungsmittelexporte zu reduzieren oder zu stoppen, um die eigene Bevölkerung vor weiteren Preisanstiegen zu schützen. Das ist in Indonesien geschehen.
Auch Argentinien stoppte kurzfristig Sojaexporte. Die Exporte wurden wieder aufgenommen, allerdings mit höheren Exportsteuern. Im Normalfall würde ein Gut durch ein anderes ersetzt. Bei pflanzlichem Öl ist dies momentan schwierig, da Indonesien dem Weltmarkt eine Alternative entzieht. Dies ist insbesondere für andere Entwicklungsländer problematisch. Pflanzliche Öle sind eine wichtige Energiequelle. Indien, welches stark von indonesischem Palmöl abhängig ist, war über den Exportstopp entsprechend entrüstet.
Was bei Ölen aktuell nicht funktioniert (Substitution), ist nicht allein die Schuld eines einzelnen Landes wie Indonesien. Vielmehr haben Dürren in Südamerika, aber auch Kanada, zu schlechten Erträgen geführt. Sojabohnen- und Rapsöl sind daher ebenfalls Mangelware.
Viele Agrarrohstoffe werden nicht nur für menschliche Nahrung, sondern auch Tiernahrung eingesetzt. Aus diesem Grund steigen auch die Preise für Fleisch. Damit Nahrung, ob für Mensch oder Tier, nicht knapp wird, muss ein reduzierter Gebrauch von Biotreibstoffen angedacht werden. Die Beimischung von z.B. Biodiesel zu Diesel muss reduziert werden.
Am Ende bedeutet dies einen höheren Verbrauch an Rohöl und weniger Klimaschutz. Bei drohender Nahrungsmittelknappheit, vor allem in Entwicklungsländern, ist das noch das geringste Problem. Auch die kommende Ernte dürfte je nach Land unterdurchschnittlich ausfallen. In den USA ist der Fortschritt beim Maisanbau alarmierend (Grafik 2).
Auch der Weizenanbau kommt langsamer vorn (Grafik 3). Es ist daher unwahrscheinlich, dass die USA oder andere Produzenten in diesem Jahr die entstehenden Lücken schließen können. Am Anfang standen geringere Exporte von Weizen und Sonnenblumenöl aus der Ukraine und Russland. Die Folgen betreffen die ganze Nahrungsmittelindustrie auf vielfältige Weise. Zudem waren die Ernten in vielen Ländern schlecht und auch dieses Jahr sieht nicht vielversprechend aus. Die Nahrungsmittel- und Kalorienkrise, die sich durch den Ukrainekonflikt global entwickelt, muss man sehr ernst nehmen.
Clemens Schmale
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