Die Börse sollte wegen Corona nervöser sein
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Anleger blicken durch die Krise immer noch hindurch. Dafür gibt es durchaus gute Gründe. Im Gegensatz zum März 2020 ist die Herangehensweise heute eine andere. Zu Beginn der Pandemie wurde die Wirtschaft fast vollständig heruntergefahren. Das ist heute ganz anders. Die meisten Fließbänder in den Fabriken stehen nicht still. Es wird weiter produziert. Betroffen ist vor allem ein Teil des Dienstleistungssektors (Gastgewerbe, Fluglinien usw.). So tragisch das für die Betroffenen ist, es ist ein überschaubarer Teil der Gesamtwirtschaft. Außerhalb dieser besonders betroffenen Branchen ist die Wirtschaft überraschend robust. Es wird konsumiert und gearbeitet. Es entstehen sogar neue Arbeitsplätze. Zugleich gibt es weiterhin Kurzarbeitergeld und andere Unterstützungen.
Ein solcher Zustand, in dem nur ein kleiner Teil der Wirtschaft stillsteht, rechtfertigt keine großangelegte Korrektur an der Börse. Es gibt aber nicht nur die optimistische Sichtweise, bei der der Großteil der Wirtschaft unberührt ist und mit der Impfkampagne ab Sommer alles wieder beim Alten ist.
Die Impfkampagne läuft zäh an. Es mangelt vorne und hinten an Impfstoff. Das frustriert viele. Es hilft auch nicht, wenn Unternehmen und Politik öffentlich über Verträge streiten (EU und AstraZeneca). Es stärkt nicht das Vertrauen in die Kampagne, es stört es.
Keiner weiß, ob AstraZeneca wirklich Produktionsschwierigkeiten hat oder am Ende doch an den Höchstbietenden verkauft und diese bevorzugt. Vorstellbar ist es. Jetzt, da ein Mittel gegen die Krise gefunden ist, hört die Freundschaft auf. Jeder kämpft für sich. Das zeigt wie groß die Verzweiflung ist.
Die ursprünglichen Impfpläne sind nicht mehr einzuhalten. In den USA sollten bereits im Juni so viele Menschen geimpft sein, dass es für die Herdenimmunität reicht. Der Termin hat sich inzwischen in den September verschoben (Grafik 1). Besonders zu beachten ist die rote Linie in der Grafik. Sie zeigt wie viele Menschen auch die zweite Dosis erhalten haben. Gerundet sind das null.
In Deutschland hätte man ursprünglich im Spätsommer mit Herdenimmunität rechnen können. Inzwischen ist es November und auch das ist vermutlich zu optimistisch. Neuerdings gibt es neben der logistischen Herausforderung der Produktion und Verteilung auch noch eine ganz andere. Immer mehr Virusvarianten tauchen auf.
Es deutet alles darauf hin, dass die Impfstoffe zwar wirken, aber insgesamt weniger effektiv sind. So sind nicht mehr 95 % der Menschen nach der Impfung immun, sondern nur noch 80-85 %. Der neueste Impfstoff von Novavax, der eine Effektivität von 90 % hat, dürfte bei der südafrikanischen Variante nur noch 50-60 % effektiv sein.
Ein höherer Prozentsatz der Bevölkerung muss dann geimpft werden, um Herdenimmunität zu erreichen. Zudem steigt das Risiko, dass die nächste Variante einen komplett neuen Impfstoff benötigt. Mit neuer Technologie lässt sich ein solcher Impfstoff zwar schnell entwickeln, doch getestet und produziert werden muss er danach trotzdem erst noch. Das dauert Monate.
Das Ende der Krise verschiebt sich jeden Tag nach hinten und das Risiko steigt, dass eine Normalisierung vor Sommer 2022 nicht mehr erreichbar ist. Man fragt sich, ob Regierungen den Geldregen bis dahin wirklich durchhalten können. Wahrscheinlicher ist eine Entscheidung, bei der entweder der Kampf gegen die Ausbreitung aufgegeben wird (keine Lockdowns mehr) oder Lockdowns ohne das bisherige Ausmaß der finanziellen Abfederung. Letzteres ist wahrscheinlicher. Etwas Nervosität wäre da an der Börse schon angebracht.
Clemens Schmale
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Guter Artikel, aber die 14700/15000 sehen wir sicher noch...es sind genügend Skeptiker unterwegs und noch mehr Geld...
Hallo,
was meinen Sie mit Effektivität? Die Prozentzahl der Geimpften die nicht Erkranken? Offen sind allerdings auch Fragen über die Schwere des Verlaufs wenn ein Geimpfter erkranken sollte und die Übertragbarkeit durch Geimpfte.
VG